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Sakura auf Altar4

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Vorwort allgemein _ Es ist an der Zeit, meinen Nachlaß zu ordnen. Aus den verschiedensten Gründen standen meine Geschichten auf unterschiedlichen Seiten mit wechselnden Pseudonymen. Nun möchte ich die Arbeit von Jahren bündeln. Eine Nachbearbeitung findet nur rudimentär statt. Viele Geschichten entstanden vor der „18-Jahre-Regel“. Dies werde ich natürlich ändern. Sollte trotzdem ein falsches Alter auftauchen, bitte eine Meldung an mich. Ich ziehe diese Story dann sofort zurück.

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Vorwort speziell _ Was ich so alles finde.

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Ich vermute, aus diesem Schätzchen sollte mal etwas Längeres werden. Aber aus irgendeinem Grund bin ich über die Einleitung nie hinausgekommen.

Also: Dies ist nur eine Vorgeschichte. Eine wirkliche Handlung oder gar massenhaft Sexszenen sucht man vergebens. Da es mir aber Spaß gemacht hat, den Text noch einmal zu lesen, stelle ich ihn hier ein.

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Prolog

Im Westen Nordamerikas befindet sich eine der unwirtlichsten Gegenden der Erde.

Die Mojave-Wüste. Sie bedeckt eine Fläche von 70. 000 Quadratkilometern und erstreckt sich über die Bundesstaaten Kalifornien, Utah, Nevada und Arizona. Mit Temperaturen deutlich jenseits 40 Grad Celsius und einer Niederschlagsmenge unter 100 Millimeter im Jahr ein wahrlich ungastlicher Ort.

*

Man schrieb das Jahr 1880, als der Prospektor William Fineman mit drei Helfern von Kalifornien aus startend, die Mojave-Wüste erkundete. Er war im Auftrag der American Mining Corporation unterwegs, die sich in dem geologisch interessanten Gebiet ergiebige Rohstofflagerstätten erhoffte.

Fineman arbeitete schon seit über 15 Jahren für American Mining und in dieser Zeit hatte er ein Gespür für die Stellen entwickelt, an denen Probebohrungen lohnenswert sein könnten. Seit Tagen marschierte er über kaum verwitterte Bruchkanten und nervte die Helfer durch seinen nicht nachvollziehbaren Zick-Zack-Kurs. Die vier befanden sich inmitten der Ausläufer der San-Andreas-Spalte. Einer Verwerfungslinie, die sich in letzter Zeit durch erhöhte Aktivität bemerkbar gemacht hatte. Und Fineman wurde fündig. Neugierig geworden durch einen reflektierten Sonnenstrahl kletterte er einige Meter an der steil aufragenden Wand empor, bevor er mit seinem Pickel mehrere Stücke aus dem Fels brach.

Es war nicht der von ihm erhoffte Goldfund, aber was er da in den Händen hielt war Silbererz von hoher Konzentration. Fineman betrachtete sich den Fels genauer und jetzt sah er die feinen Adern, die wie Blutbahnen den Stein durchzogen. Er schlug noch an anderen Stellen Proben ab und verstaute sie in seinem Lederbeutel. Ein Jahr später, im Frühjahr 1881, gründete American Mining die Stadt Calico. In der Blütezeit des Silberbooms lebten hier annähernd 2000 Menschen, die ihre Zeit mit Stollen graben, Schürfen und dem Mahlen des Gesteins verbrachten.

Wer die lebensgefährliche Arbeit in den Minen überlebte und den Umgang mit dem höchst giftigen Cyanid überstand, mit dem das gemahlene Erz behandelt wurde, der hatte die Gelegenheit seine Dollars in einem der zahlreichen Saloons wieder auszugeben. Viel zu junger Whisky und in die Jahre gekommene Huren gaben nicht wenigen Raufbolden den Rest. Die Blütezeit der Silberstadt hielt ungefähr 15 Jahre an, dann wurde das Verfahren unrentabel und Calico verkam zur Geisterstadt.

*

Fast 150 Jahre später, am 13.

August 2027 saß Ben auf der überdachten Terrasse und schaute den Staubteufeln zu, die der Wind über den Sand jagte. Ben, 31 Jahre alt, hatte seinen Van mit allem bepackt was ihm wichtig war: Einem Jahresvorrat besten Marihuanas aus eigener Zucht, seiner Freundin Sally, Lebensmittel und Wasser in unzähligen Kanistern. Es war ihr zweiter Aufenthalt in Calico und sie wußten auf was sie zu achten hatten. Diesmal wollten sie ein ganzes Jahr ausharren, die Stille genießen, zu sich selbst finden.

Aussteigen halt. Die beiden hatten sich in dem am besten erhaltenen Haus einquartiert. Die extreme Trockenheit verhinderte jedes Verwittern und die zerbrochenen Fensterscheiben reparierten sie mit Plastikfolie.

Mit stoischer Ruhe versuchte sich Ben an seinem zu groß geratenen Joint. Etwas wehmütig blickte er auf die mächtige Beule die in seinen Bermudashorts immer noch zu wachsen schien. Während ein weiterer Staubteufel quer zum Haus fegte, dachte Ben an Sally, die völlig stoned im Haus auf ihrem Schlafsack lag.

Ben wog den Spaß den er haben könnte gegen die Mühe des Aufstehens ab. Er nahm noch einen tiefen Lungenzug und Sally verschwand aus seinen Gedanken.

Nach ein paar Stunden schlug Ben die Augen wieder auf. Der Himmel war inzwischen pechschwarz, die Sterne funkelten wie Lampions. Das schwache Licht der Mondsichel hatte sich einem silbrig schimmernden Schleier gleich über die Geisterstadt gelegt. Keine fünf Meter vor Ben tanzte Sally zu Klängen, die nur für ihr Ohr bestimmt zu sein schienen.

Ihre schweren, nur von einem dünnen Schweißfilm bedeckten Brüste wiegten sich im Takt der Noten. Ben nahm den kleinen Kanister vom Boden auf, trank einen Schluck, bevor er das Plastikgefäß wieder sorgfältig verschloß. Langsam öffnete er die Knöpfe seiner Shorts. Sallys Tanzschritte führten sie bis auf die Terrasse, wo sie zwischen Bens Schenkel auf die Knie ging. Als sich Bens pralle Eichel in Sallys Rachen zwängte, flimmerte am Ende der Geisterstadt die Luft und ein bläuliches Licht erhellte für einen kurzen Moment den Horizont.

‚Geil‘, durchzucke es Bens vernebeltes Gehirn. Seine Hoden tanzten aufgeregt als er sich in Sallys Rachen ergoß. Wieder bei Bewußtsein setzte Ben die Spitze eines neuen Joints in Brand. Hand in Hand gingen die Beiden die ehemalige Hauptstraße hinunter. Dem immer noch schwachen Licht entgegen. Bens Schwanz hing schlaff aus dem offen stehenden Hosenschlitz und Sally kicherte überdreht. Sie gab Ben den Joint zurück und hockte sie sich vor dem ehemaligen Büro des Sheriffs in den Sand.

„Kannst doch nich‘ mitten auf’er Hauptstraße pullern“, entrüstete sich Ben stotternd.

„Kann pullern wo ‚ch will!“

Nach zehn Minuten Fußmarsch hatten die beiden die Stadtgrenze erreicht. Die Straße, wenn man sie denn noch so nennen wollte, wurde schmaler und noch steiniger als sie sowieso schon war. Wie mit dem Lineal gezogen führte sie über einen kleinen Hügel, verschwand in einem lang gezogenen Tal, stieg auf der gegenüberliegenden Seite wieder an, bevor sie sich hinter dem nächsten Hügel jedem weiteren neugierigen Blick entzog.

Ben und Sally waren auf einen der mächtigen Findlinge geklettert und betrachteten aufmerksam das komische Ding, das am tiefsten Punkt des Tales irgendwie schief im Sand steckte. Das blaue Licht kam eindeutig von dem havarierten Etwas und Ben meinte außerdem ein schwaches Summen zu hören.

„Hörst’e dat auch? Mädchen?“

Sally zuckte mit den Schultern, nahm einen Zug und verdrehte entzückt die Augen.

„Geiler Stoff“, schwärmte sie.

„Un‘ so schön blau. „

„Jenau. Sach ich doch. „

*

Im südlichen Nevada unterhält die United States Air Force das Luftwaffenübungsgelände Nellis. Innerhalb des zirka 200 Quadratkilometer großen Geländes befindet sich, größtenteils unterirdisch, ein Forschungskomplex, der unter dem Namen Area 51 wohl jedem bekannt sein dürfte. Gerade aber weil die Existenz dieser Anlage so beharrlich totgeschwiegen wird, ranken sich die wildesten Verschwörungstheorien um sie.

Von Außerirdischen und ihren gestrandeten Raumschiffen ist die Rede. Sogar von regelmäßigen Treffen mit außerirdischen Lebensformen zum Zwecke diverser Kompensationsgeschäfte: Technologie im Austausch gegen seltene Rohstoffe, nur um ein Beispiel zu nennen. Blanker Unsinn! Bis zu jenem 13. August 2027.

Drei Minuten nach dem ersten Alarm stieg ein Verband bestehend aus sechs AX-6C Harrier III+ Kampfjets vom Stützpunkt Nellis auf und riegelte den Luftraum über Calico großräumig ab. Kurze Zeit später erreichten die ersten Transporthubschrauber das Gebiet und setzten in einer ersten Welle 100 Soldaten einer Spezialeinheit ab.

Während ein Großteil das Gelände durchkämmte und sicherte, machte sich eine kleine Handvoll daran, das Objekt in Augenschein zu nehmen. Sehr zur Freude der, die Soldaten begleitenden, Wissenschaftler war die Besatzung des Fluggerätes noch am Leben. Mehr schlecht als recht, aber immerhin. Funksprüche mit geheimnisvollem Inhalt wurden mit der Basis ausgetauscht. ‚Der Besuch ist da‘, und: ‚Das Nest ist nicht zerstört‘, und ‚Der Doc soll sich bereithalten. Hier haben alle einen Schnupfen. ‚

Innerhalb von Area 51 spielt Groom Lake eine besondere Rolle.

Allein der Bau der unterirdischen Forschungseinrichtung dauerte über fünf Jahre. Ein Meisterwerk der Ingenieurskunst ist der Lastenaufzug, der von Höhe Null bis hinunter in den tiefsten Hangar fahren kann. Die Plattform hat eine Kantenlänge von einhundert mal einhundert Metern und braucht für die fünf Kilometer abwärts knapp einen Tag. Nach oben sind sämtliche Zugänge zu Groom Lake mit einem auf Stelzen stehenden Dach vor neugierigen Blicken geschützt. Ein elektronischer Schutzschirm sorgt zusätzlich dafür, daß das ganze Gebiet auf Bildern, die von Satteliten aufgenommen werden, leicht verschwommen erscheint.

Während sich Ärzte um die Besucher und Wissenschaftler jeder denkbaren Fachrichtung über das UFO hermachten, saßen Ben und Sally in einem kleinen fensterlosen Raum und wußten nicht wie ihnen geschah. Der sie verhörende Soldat schien ein echt cooler Typ zu sein. Auf Sallys Frage nach einem Schluck Wasser stellte er eine Flasche Whisky auf den Tisch. Ben, von seinem Trip noch nicht ganz herunter, bot dem Soldaten einen von seinen Joints an.

Der lehnte dankend ab, bot seinerseits aber etwas von seinem Stoff an. Ben, Fachmann in Sachen Gras, nahm einen ersten vorsichtigen Lungenzug, nickte anerkennend und reichte den Glimmstengel an Sally weiter. Mit einer Zeitverzögerung von wenigen Sekunden explodierte dann Bens Kopf. Seine Neurotransmitter wurden durcheinander gewirbelt, ein mentholhaltiger Wind kühlte Bens Gehirn. Mit glasigem Blick schaute er den ihm gegenübersitzenden Soldaten an.

„Voll der Hammer, Alter! Echt ’n Spitzenstoff!“

Sally nickte „Un‘ so schön blau.

Der Uniformierte lächelte still in sich hinein und zog an seinem aus nikotinfreiem Tabak bestehenden ‚Joint‘.

Das Verhör, oder vielleicht besser: Die Gehirnwäsche dauerte 48 Stunden. Dann wurden die beiden am Rand der Geisterstadt Calico abgesetzt.

Ein paar Wochen später kauften Ben und Sally in einem verschlafenen Dorf neue Vorräte. Sie kamen mit dem Verkäufer ins Gespräch und beiläufig erzählten sie von der merkwürdigen Beobachtung, die sie vor einiger Zeit gemacht hatten.

Der Bruder des Verkäufers war in der nächsten größeren Stadt bei einer Lokalzeitung angestellt und nahm die Fährte der beiden Aussteiger auf. In Calico traf er das seltsame Pärchen und verbrachte einen Tag und eine Nacht mit ihnen. Kurz darauf brachte seine Zeitung einen Artikel, der sofort die Neugier der ‚Gläubigen‘ weckte. Zwei Wochen lagen sich die Pro’s und Kontra’s in den Haaren, bis Ben und Sally in einer Fernsehshow auftraten. Natürlich ruinierte das durchgeknallte Pärchen seine Glaubwürdigkeit schon beim ersten öffentlich gesprochenen Satz.

Weiter zwei Wochen später war Bens und Sallys Geschichte keinen Cent mehr wert.

*

Im Jahr 2036 kursierte in diversen Internetforen das Gerücht, die Air Force verfüge über einen neuen Kampfjet, der für den Gegner unsichtbar wäre. Nicht nur schlecht zu sehen, nein: Unsichtbar! In anderen Foren tauschten sich die so genannten Waffenexperten über ein weiteres Gerücht aus. Angeblich würden Spezialeinheiten mit einem neuartigen, voll funktionsfähigen Lasergewehr ausgerüstet.

Beschäftigten diese Neuigkeiten eher eine interessierte Minderheit, sorgte eine andere Ankündigung schon eher für Aufsehen. Digital Electronics, eine Firma spezialisiert auf Speichermedien, bewarb ihre neue Speichermediengeneration mit dem Slogan: Terrabyte war gestern — Petabyte ist heute! Einher mit der Vertausendfachung der Leistung ging ein Preisrutsch von gut und gerne fünfzig Prozent. Lizenzen wurden keine vergeben. Und die Chinesen, sonst Weltmeister was das Abkupfern betraf, standen auf einmal ohne Hosen da. Der Grad an Miniaturisierung der neuen Speichermedien war so extrem hoch, das selbst die Werkzeuge fehlten um an einen Versuch des Nachbaus zu denken.

Die weltweite Produktion von Speicherelementen kam fast zum Erliegen (bei der Konkurrenz natürlich).

Mitte der vierziger Jahre war es die amerikanische Firma AndroGen, die mit ihrem neuen Androiden X1001 Geschichte schrieb. Dem staunenden Publikum wurden Androiden vorgestellt, die die besten Tennisspieler vom Platz fegten und auf Anhieb sämtliche Rekorde aller denkbaren Sportarten über- oder unterboten. Sie fuhren Autos, flogen Flugzeuge, entschärften Sprengbomben und Minen. Sie wickelten Babys und trugen alte und gebrechliche Menschen Treppen hoch und wieder runter.

Mitte der fünfziger Jahre war jegliches menschliche Personal aus den Operationssälen der Krankenhäuser verschwunden. X1005-A transplantierte Herzen, X1005-B assistierte. Nach der OP wurde der Patient von X1004-M auf sein Zimmer zurückgebracht, wo er von Schwestern des Typs X1004-F gepflegt und überwacht wurde. Und die Chinesen, sonst Weltmeister was das Abkupfern betraf, standen wieder ohne Hosen da. Der geringste Versuch dem Androiden zu Leibe zu rücken führte zu einer Art Kernschmelze in der zentralen Steuereinheit, die in der Brust des Roboters saß.

Übrig blieb ein Haufen Schrott mit geringem Materialwert.

Ende 2060 meldete das Massachusetts Institute of Technology in Cambridge (Massachusetts) einen Durchbruch in der Antriebstechnik. Interstellare Flüge wurden schon für die nächsten zehn Jahre angekündigt.

Im Jahr 2066 stellte AndroGen den neuen X2000 vor. Ein Allrounder, angetrieben von einer Brennstoffzelle mit einer Lebensdauer von zehn Jahren (rund um die Uhr Betrieb versteht sich). Das Exportverbot wurde dahingehend gelockert, daß befreundete Staaten ab sofort beliefert werden durften (natürlich mit einer leicht modifizierten Software).

Mitte der siebziger Jahre stieg die Arbeitslosenquote in der zivilisierten Welt auf über sechzig Prozent. Unruhen breiteten sich wie ein Lauffeuer aus. Die althergebrachten Gesellschafts-Strukturen kollabierten. Ende der Siebziger entschied man sich für einen radikalen Umbau der Gesellschaft. Jeder, ob nun in Arbeit oder nicht, bekam vom Staat eine Grundversorgung, mit der es sich halbwegs gut leben ließ. Jeder hatte Wohnraum, Geld für Lebensmittel, Anspruch auf ein kostenloses Gesundheitswesen. Urlaub.

Fernsehgeräte wurden kostenlos abgegeben und es begann die Zeit von ‚Brot und Spiele‘. Interaktive Gameshows lockten die Älteren vor den Schirm und in den Zimmern von Kids und Teens liefen Computerspiele von beängstigender Realitätsnähe über die metergroßen Schirme, die sich wie eine Tapete an der Wand anbringen ließen.

2096 wurde der erste für Menschen geeignete Planet außerhalb unseres Sonnensystems entdeckt. Mit der Bekanntgabe wartete man allerdings bis zum Sylvesterabend des Jahres 2099.

*

Joki Huyen Watanabe hatte wie üblich ihren Dienst pünktlich um 18 Uhr angetreten. Die zierliche Asiatin saß im Personalzimmer der medizinischen Abteilung von EathDoor7 und brachte mit einer Diamantfeile ihre Fingernägel in Form. Sie tat dies mit äußerster Sorgfalt. Und sie ließ sich Zeit, denn irgendwie mußte sie ja die drei Stunden füllen, bis ihr Dienst zu Ende war und eine Kollegin sie ablösen würde. EarthDoor7 fungierte als Quarantänestation für aus dem Einsatz kommende Soldaten.

Von der Erde kommend hatte die Raumstation den Beinamen: ‚Tor zur Hölle‘. Kam man dagegen aus den Tiefen des Raumes war sie die ‚Tür zum Paradies‘.

Frau Watanabes Arbeitsplatz war im Grunde ein Anachronismus. Die X2000 erledigten alle Routineaufgaben und das in einer Perfektion, wie sie menschliches Personal so nie hätte erbringen können. Aber wie das so ist: Eines Tages fühlte sich eine Dame von dem sie untersuchenden X2000 unsittlich berührt.

Man hatte die Androiden zwar mit voller Absicht geschlechtsneutral erschaffen, aber dem Vorwurf mußte natürlich nachgegangen werden. Und da es sich bei der Beschwerde führenden Person um eine Ministerin des Hohen Rates handelte — und sich bei Bekannt werden ihrer Beschwerde sofort andere Frauen meldeten, denen Gleiches widerfahren war — wurde eilends Frau Watanabes Arbeitsplatz ins Leben gerufen. Frau Watanabe war zwar nicht in der Lage die Untersuchungen zu machen, aber sie war mit im Untersuchungszimmer, wenn die weiblichen Ankömmlinge es wünschten.

Männer nahmen Olgas seelischen Beistand übrigens nie in Anspruch.

Jokis Blick schweifte von ihren Nägeln ab und jenseits der großen Panoramascheibe sah sie die blaue Erdkugel inmitten des tiefschwarzen Himmels leuchten. Sie seufzte einmal, dann griff sie zu dem kleinen Fläschchen, das vor ihr auf dem Tisch stand. Gewissenhaft trug sie einen Lack auf, der ihre Nägel in wenigen Minuten in metallharte Krallen verwandeln würde. Da sie ihre Nägel nach vorne spitz zulaufend gefeilt hatte, entstanden so zehn äußerst gefährliche messerscharfe Spitzen.

Ihre metallisch glänzenden Nägel im Licht der Deckenbeleuchtung prüfend lächelte Joki. Sie dachte an Gregorius, den sie nach Dienstende treffen würde. Als Chef des internen Sicherheitsdienstes hatte er zu jedem Raum der Station Zugang und bei jedem Treffen überraschte er sie mit einer neuen Örtlichkeit. Gregorius hatte eine ganz besondere sexuelle Vorliebe: Er stand auf Kratzen. Oder besser: Auf das gekratzt werden.

Mit einem kaum wahrnehmbaren Ton zeigte die Uhr an der Wand den Beginn eines neuen Tages.

Joki saß auf Gregorius‘ Schoß. Sein Glied war steif wie schon lange nicht mehr, seine Brust von Dutzenden haarfeinen, blutroten Linien überzogen. Als sie seine Brustwarzen ritzte, spürte sie seinen Samen in sich fließen. Zärtlich strich sie mit der flachen Hand seine Wange.

„Was ist los mit dir?“, stöhnte Gregorius. „Du strahlst ja förmlich. „

„Du hast mir gerade eine Tochter geschenkt. „

„Woher weißt du das?“, wunderte sich der starke Mann und legte seine Pranken auf Jokis Oberschenkel.

„Ich weiß es einfach. „

„Und wie soll sie heißen?“ Gregorius zweifelte natürlich an Jokis Worten, aber er wußte, daß sie Nettigkeiten viel abgewinnen konnte.

„Sakura. Oder in deiner Sprache: Kirschblüte. „

„Ein wirklich schöner Name“, nickte Gregorius und griff neben sich nach der Sprühflasche mit dem blutstillenden Spray.

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Sakura Watanabe erblickte am 19.

Mai 2130 das Licht der Welt. Als Joki über den zarten Pflaum von Sakuras Kopf strich liefen dicke Tränend der Freude über ihr Gesicht. Sie dachte an Gregorius, der sicherlich vor lauter Freude die ganze Station zusammengebrüllt hätte. Aber der Vater ihres Kindes war einige Monate zuvor bei einem tragischen Unfall ums Leben gekommen. Noch einmal küßte Joki die weiche Haut ihres Schatzes, bevor der X2000 das Baby nahm und in ein Bettchen legte.

Aber da war Joki schon eingeschlafen.

Mit sechs Jahren verließ Sakura die Station. Der Stationskommandant, ein alter Freund und Weggefährte des verstorbenen Gregorius, hatte all seine Beziehungen spielen lassen, bis er für Sakura einen Internatsplatz auf der Erde gefunden hatte. Ein Privileg, für das sich Joki dann auch erkenntlich zeigte.

Sakura entwickelte sich zu einem äußerst interessanten Teenager. Sportlich war sie Gleichaltrigen weit überlegen und egal was sie hörte oder sah, sie speicherte es in ihrem Kopf ab wie es die Androiden nicht hätten besser machen können.

Und irgend etwas in ihrem Gehirn funktionierte nicht so, wie es hätte funktionieren sollen. Ihre Kombinationsgabe lag weit über Durchschnitt und ihre Reaktionsgeschwindigkeit beim Lösen kniffliger Aufgaben war einfach phänomenal. Mit 16 Jahren belegte sie beim Onlinegame DarkPlanet den ersten Platz. Bei den vielen Millionen Mitspielern ein Ereignis, welches den globalen Nachrichten immerhin eine Meldung wert war. Mit 17 machte Sakura ihren Abschluß und trat der Akademie ‚Junger Soldaten‘ bei.
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Um die Weltbevölkerung bei Laune zu halten brachte die Unterhaltungsindustrie immer neue Spiele auf den Markt.

Das perverseste von allen war wohl die Simulation einer Arbeitswelt, wie sie früher zum ganz realen Alltag der Menschen gehörte. Der Spieler stand früh am Morgen auf, setzte sich vor den inzwischen wandgroßen Bildschirm und aktivierte seinen Avatar. Am virtuellen Arbeitsplatz angekommen hielt man ein Schwätzchen mit den Kollegen und trank eine virtuelle Tasse Kaffee miteinander. Dann ging man in sein Büro und machte sich an die Arbeit. Es gab Beförderungen, Anschisse vom Vorgesetzten, ja sogar Entlassungen waren nicht unmöglich.

Nach der Arbeit traf man sich in Cafes oder Bars, ging zusammen ins Kino, wo dann der Film tatsächlich auf dem Bildschirm zu sehen war. Singles weiblichen und männlichen Geschlechts gingen in Hotels und vergnügten sich beim Cybersex.

Die Jugend schüttelte über soviel Realismus den Kopf und wand sich einem anderen Spiel zu, das gerade auf den Markt gekommen war und für Furore sorgte. Zuerst erschuf man seinen Stellvertreter (Avatar) um dann eine fremdartige Welt zu betreten, wie sie realistischer noch nie erschaffen wurde.

Im Grunde ging es wie bei den meisten Spielen dieses Genres ums nackte Überleben. Allerdings gab es bei diesem Spiel etwas, was es in dieser Art noch nie gegeben hatte. Beim Einloggen wurden die biometrischen Daten des Spielers mit den hinterlegten verglichen. Starb man nun in der virtuellen Welt, so war der Zugang auf ewig verwehrt. Auf diesen Kick hatten die Teenager und jungen Erwachsenen nur gewartet und auch Sakura erlag dieser Faszination.

Schon bald gab es erste Gerüchte, die Spielwelt wäre das Abbild einer real existierenden Welt.

Sakura war von dieser Vorstellung so fasziniert, das sie mit eigenen Recherchen begann. Und anscheinend hatte sie an den richtigen Stellen gekratzt. Aus heiterem Himmel erhielt sie eine Videonachricht. Sie stellte den Kontakt her und nach viel Drumherumgerede lud man sie auf ein Gespräch ein. Sakura nahm sich ein paar Tage frei und flog zur Marsstation Gamma3.

Der Mann dem Sakura gegenübersaß war schätzungsweise 80 Jahre alt. Sein weißes Haar fiel bis auf die Schultern und seine Körperhaltung ließ auf einen durchtrainierten Körper schließen.

Er trug eine weiße Hose und eine dünne Jacke mit schmalem Stehkragen. Sein Blick war wach und neugierig.

Nach einer Stunde Frage und Antwort rückte Friedrich, so hatte sich der Mann vorgestellt, dann endlich mit der Wahrheit heraus. Ja, es gab diese Welt tatsächlich. Ein noch kaum erforschter Planet einige Lichttage von der Erde entfernt. Seine Gesellschaft hatte den Planeten gekauft, nachdem der Hohe Rat seine Zustimmung gegeben hatte. Man wollte ein reales Pendant zum Spiel erschaffen, die Vorbereitungen liefen auf Hochtouren.

Sakura signalisierte ihr Interesse dabei zu sein und der Weißhaarige nickte mit einem Lächeln auf den Lippen.

„Wie ich sehe, wirst du in drei Wochen 18 Jahre alt. „

„Das ist richtig“, nickte Sakura.

„Dann komm in drei Wochen wieder. „

*

Vier Wochen nach ihrem Gespräch auf Gamma3 saß Sakura auf dem Bett ihrer kleinen Kabine und überflog die Seiten auf ihrem elektronischen Lesepad.

Die Informationen waren spärlich, aber einiges erfuhr Sakura dann doch. Der Transport der sie zum Ziel brachte war der erste von zehn. Bei jedem Flug wurden 100 Spieler transportiert. Für die Dauer der Reise waren sie in ihren Kabinen eingesperrt, damit sie sich untereinander nicht kennen lernen konnten. Am Ziel würden sie einzeln abgesetzt. Alle Spieler bekamen die gleiche Ausrüstung mit, aber es wurde angedeutet, daß sich weiteres Material am Bestimmungsort befinden würde. Dies galt es zu finden.

Die Probephase war auf ein Jahr beschränkt und das alleinige Ziel welches es zu erreichen galt war zu überleben. Nicht mehr, nicht weniger! Auf der letzten Seite stand dann auch noch der Name des Planeten: Altar4.

[Abbruch].

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