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Ming Poh . . .

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Vorwort allgemein _ Es ist an der Zeit, meinen Nachlaß zu ordnen. Aus den verschiedensten Gründen standen meine Geschichten auf unterschiedlichen Seiten mit wechselnden Pseudonymen. Nun möchte ich die Arbeit von Jahren bündeln. Eine Nachbearbeitung findet nur rudimentär statt.

Alle Personen in dieser Geschichte sind über 18 Jahre alt

© 2008

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Manfred Müller war ein Mann mit festen Gewohnheiten.

Von Montag bis Freitag verließ er Punkt acht Uhr dreißig das schmucke Einfamilienhäuschen, gab seiner Frau in der Tür einen Abschiedskuß, schloß das Gartentürchen hinter sich und winkte Hildegard ein letztes Mal zu. Die fünfhundert Meter zur Bushaltestelle legte er zu Fuß zurück. Fünfzehn Minuten später stieg er im Zentrum aus, ging ein Stück die Schloßallee hinunter, bog dann in die Maximilianstraße ein, bis er vor einem modernen Bürohochhaus anhielt und geduldig wartete, bis ihm der Pförtner die Tür entriegelte.

Pünktlich um achtzehn Uhr verließ er das Gebäude wieder und kaum hatte er sein Gründstück betreten, wurde ihm erneut die Tür geöffnet. Hildegard winkelte neckisch ein Knie, streckte sich und spitzte die Lippen zum Kuß.

Die Wochenenden verbrachte Manfred fast ausschließlich im Kreis seiner Familie. Sein Sohn und die beiden Töchter studierten außerhalb, kamen aber am Wochenende nach Hause. Während Hildegard sich um die Wäsche der Kinder kümmerte, zogen diese dem Vater Kost- und Taschengeld für die nächste Woche aus der Tasche.

Manchmal gab es deswegen zwischen Manfred und Hildegard einen kleinen Streit, aber Manfreds Anwaltskanzlei florierte und er sponserte seine Kinder gerne. Nach einem gemeinsamen Sonntagsfrühstück verließen die Kinder, mit vollen Geldbörsen und einem Korb frisch gewaschener Wäsche im Kofferraum das Elternhaus. Den Rest des Tages verbrachten Manfred und Hildegard gemeinsam. Manchmal besuchten sie Freunde, bei schönem Wetter fuhren sie raus zum See, wo sie spazieren gingen und die Schwäne fütterten. Sie waren regelmäßige Kinogänger und bevorzugten ruhige Filme, in denen die Welt noch in Ordnung war.

Oft aßen sie am Abend auswärts, wobei sie Restaurants mit mindestens einem Stern bevorzugten.

*

Wolfgang Richters müdes Gesicht spiegelte sich im Glas des Monitors, als Natalie das Büro betrat. Die Wanduhr verkündete mit einem lauten Klacken den Beginn eines neuen Tages. Wolfgang stöhnte leise auf, lehnte sich zurück und streckte beide Arme in die Luft. Dann klopfte er mit der flachen Hand einladend auf die letzte, noch nicht mit Akten bedeckte Ecke seines Schreibtisches und grinste Natalie an.

Sich eine Falte aus dem Rock streichend, sah die Mittdreißigerin auf dem Monitor den Bildschirmschoner mit dem Logo des Polizeipräsidiums anspringen.

Wolfgang stierte auf den feinbestrumpften Teil von Natalies Beinen, der vom Rock nicht bedeckt wurde. Als er den Blick seiner Kollegin spürte, räusperte er sich und kratzte sich verlegen am Kinn. Nach Wolfgangs Scheidung waren die beiden einige Male nach der Arbeit durch die Bars und Kneipen gezogen und hatten sich gegenseitig ihren privaten Kummer erzählt.

Es war ein Samstag, als Wolfgang in höchst depressiver Stimmung Natalie beichtete, am liebsten würde er sich seine Dienstpistole in den Mund stecken und einfach abdrücken. Was folgte war ein alkoholbedingter Absturz der übelsten Sorte. Als Wolfgang am nächsten Morgen aufwachte, befand er sich in einem ihm fremden Schlafzimmer. Die Bettwäsche duftete nach Rosen, Natalies Haare kitzelten seine Nase und erschrocken stellte er fest, daß sich seine Männlichkeit fest in der Hand seiner Kollegin befand.

Beide verloren über diesen Vorfall nie ein Wort, aber das Vorgefallene wurde der Kitt für eine großartige Freundschaft. Sie verzichteten nicht auf ihre gemeinsamen Kneipenbesuche, achteten aber nun peinlich darauf, nicht noch einmal über den Durst zu trinken.

Für Wolfgang begann mit diesem Ausrutscher eine neue Zeitrechnung. Wenn er, der die Fünfzig schon locker überschritten hatte, eine zwanzig Jahre jüngere Frau aufreißen konnte, was für Möglichkeiten boten sich ihm dann noch? Wolfgang nahm über zehn Kilogramm ab, ließ alte Sportleidenschaften wieder aufleben und tauschte den kompletten Inhalt seines Kleiderschrankes aus.

Seine Liebschaften wurden ein ums andere Mal jünger und jünger. Der Hauptkommissar hatte den Reiz des One-Night-Stands für sich entdeckt. Wolf, früher als Abkürzung seines Namens gebräuchlich, wurde für ihn nun zum Programm.

„Was macht denn dein Fall?“

„Ich kann es drehen und wenden wie ich will. Immer wieder lande ich bei unserem Anwalt. Manfred Müller. Erinnerst du dich?“ Als er Natalies Nicken sah, fuhr Wolfgang fort.

„Auf der einen Seite habe ich Don Emilio. Einen Unterweltboß, der in allem seine Finger hat, was du dir nur vorstellen kannst. Nach Außen hin betreibt er ein paar Pizzaläden, aber im Verborgenen mischt er bei jeder Sauerei mit, die du dir nur vorstellen kannst. Auf der anderen Seite habe ich einen Anwalt, dessen einziger Klient Don Emilio ist. Das stinkt doch zum Himmel. Oder was meinst du?“

„Such das schwächst Glied in der Kette und knack es“, antwortete Natalie und schaute demonstrativ auf die Uhr.

Dann hopste sie von der Schreibtischkante und für einen Sekundenbruchteil sah Wolfgang, daß Natalie eine Strumpfhose trug. „Ich mach dann mal Schluß für heute. Hast du noch Lust auf einen Absacker?“

„Ich muß noch ein paar Akten durchgehen“, schlug Wolfgang nach kurzer Bedenkzeit das verlockende Angebot aus. „Ein anderes Mal gerne. „

*

Einen Anwalt zu beschatten kann nicht vorhersehbare Folgen nach sich ziehen.

Aus diesem Grund übernahm Wolfgang Richter den Job erst einmal alleine und ohne seine Vorgesetzten davon zu unterrichten. Innerhalb des Präsidiums genoß Hauptkommissar Richter einen Sonderstatus, denn seine Aufklärungsquote war einfach phänomenal. Wolfgang nutzte diesen Spielraum denn auch weidlich aus.

Nach zwei Wochen keimte in Wolfgang dann die Erkenntnis, daß Manfred Müller eines der langweiligsten Leben führte, das ihm je untergekommen war. Kein Anhaltspunkt für krumme Geschichten, keine Liebschaften, kein gar nichts.

Frustriert ging Wolfgang hinter dem Lenkrad seines Wagens in Deckung, als Manfred Richter seinen schweren Mercedes auf dem Seeparkplatz abstellte, eine Papiertüte mit Brotresten aus dem Kofferraum nahm und sich Hildegard bei ihrem Mann einhakte.

Kopfschüttelnd über soviel Harmonie lenkte Wolfgang seinen Wagen in die Tiefgarage des Präsidiums, die an diesem Sonntagnachmittag noch leerer war als an anderen Sonntagen. Der Bericht war schnell getippt. Wolfgang spielte mit dem Gedanken nach Hause zu fahren, sich mit einem Video und ein paar Flaschen Bier einen netten Abend zu machen, als das Telefon klingelte.

Ein Kollege, der ein paar Büros weiter saß, meinte, er hätte etwas Interessantes im Fall Don Emilio erfahren und wolle diese Informationen nun weitergeben. Wolfgang ging den Flur entlang. Im Vorbeigehen entlockte er dem Automaten noch schnell einen lauwarmen Kaffee. Dann hörte er sich über eine Stunde an, was der Kollege zu berichten wußte.

*

Seit seiner Scheidung lebte Wolfgang Richter in einem Zwei Zimmer Appartement mitten in der City.

Hier hatte er alles was er brauchte ganz in der Nähe und bis zu seiner Dienststelle waren es gerade mal fünf Gehminuten. Hoch über der Stadt, im siebzehnten Stock eines schon in die Jahre gekommenen Hochhauses, stand er auf seinem kleinen Balkon, eine Flasche Bier in der einen, eine Zigarette in der anderen Hand.

Er dachte über das nach, was er wenige Stunden zuvor von seinem Kollegen erfahren hatte. Der Informant, den man mit viel Mühe und unter größter Diskretion in eine von Don Emilios Pizzerias eingeschleust hatte, war unauffindbar.

Kein Anruf, kein Lebenszeichen, nichts. Der Wagen des Informanten stand in der Tiefgarage des Hauses, in dem er zur Miete wohnte. Seine Wohnung war aufgeräumt und sah so aus, als ob der Mieter jeden Moment zurückkommen würde. Nichts deutete auf ein Verbrechen hin. Wolfgang aber wußte diese Indizien zu lesen. Kalt lief es ihm den Rücken hinunter, denn wie Don Emilio mit Verrätern umging war aktenkundig.

Wolfgang blickte hinunter in das Lichtermeer aus Neonreklamen, Straßenlaternen und einem nicht enden wollenden Strom von Autoscheinwerfern.

Er trank den letzten Schluck Bier aus der Flasche. Sein Verstand sagte ihm, daß er etwas Stärkeres brauchte, wollte er diese Nacht noch ein paar Stunden schlafen.

*

Bis zum Barrakuda brauchte Wolfgang knapp zehn Minuten. Der wenig gelungene Mix aus Kneipe, Diskothek, Szenelokal und Nachtbar war zu Wolfgangs Revier geworden. Hier fühlte er sich wohl, hier trank und aß er, hier ging er auf die Jagd, wenn er was fürs Bett suchte.

Im Barrakuda trafen all die Menschen aufeinander, die jede Großstadt gebiert. Polizisten genehmigten sich zum Dienstschluß einen Drink, die Halb- und Unterwelt war ebenso vertreten, wie die billigen Bordsteinschwalben, sowie die an ihrem teuren Outfit zu erkennenden Edelnutten. Potentielle Kunden standen an der Bar und warteten darauf angesprochen zu werden. Wenn sie nicht selbst aktiv wurden und eine der Damen in knappen Hotpants oder dem kleinen Schwarzen ansprachen. Großspurig tönende Studenten wurden in den Hinterzimmern von ausgebufften Spielern um ihr Bafög gebracht.

Rosenverkäufer schröpften verschüchtert dreinblickende Familienväter, die ihrem Betthäschen imponieren wollten. Wenn angetrunkene Studentinnen den Tänzerinnen an der Stange versuchten Konkurrenz zu machen, kochte die Stimmung hoch. Böse Zungen behaupteten außerdem, daß hier zwischen Polizei und Unterwelt manch Deal besprochen wurde, der für beide Seiten von Vorteil war.

Irina hatte sich weit über den Tresen gebeugt und rechnete Wolfgangs Deckel ab. Wolfgangs Blick verlor sich in dem üppigen Dekollete der jungen Russin.

„Das gehört alles dir, Süßer“, hauchte Irina mit ihrem harten russischen Akzent, den Wolfgang schon so oft gehört hatte, wenn sie auf seinem Schoß saß und ihn zu neuen Höchstleistungen anspornte. „In einer Stunde habe ich Feierabend. „

„Laß mal gut sein, Irina. Heute Abend bin ich zu alt für dich“, grinste Wolfgang müde. Er zog mehrere Geldscheine aus seinem Portmonee und legte für die Vierundzwanzigjährige noch einen Schein obendrauf.

„Aber ich komme auf dein Angebot zurück. Versprochen!“

Wolfgang wählte für den Heimweg eine Abkürzung, die ihn durch enge Straßen und dunkle Gassen führte. Vor den überquellenden Abfallcontainern, die die Rückseite eines Chinaimbisses zierten, blieb er einen Moment stehen und ließ sein Feuerzeug aufschnappen. Im gleichen Moment hörte er ein Geräusch, das in ihm sofort alle Alarmglocken klingeln ließ. Zwar wurden die dunklen Nischen gerne von den Mädchen genutzt, die in der Nahrungskette ganz unten standen, aber das gerade hörte sich völlig anders an.

Wolfgang warf die eben erst angerauchte Zigarette auf den Boden und trat die Glut mit der Schuhspitze aus. Langsam ging er in die Richtung, aus der er meinte das Geräusch gehört zu haben.

Der Mann war mittelgroß, bullig und offensichtlich völlig außer Kontrolle. Gegen die Hauswand gedrückt stand eine Frau mit blonden Haaren, völlig verängstigt und die Hände leise wimmernd vor den Bauch haltend. Sie war schlank und überragte ihren Angreifer um Kopfeslänge.

Trotzdem hatte sie keine Chance gegen den Kerl, der unter wüsten Beschimpfungen zum nächsten Schlag ausholte. Wolfgang sprang nach vorne, fing den Schlag ab, nutzte die Energie, die in dem Schwinger lag für sich und drehte mit einer kreiselnden Bewegung den Arm des Mannes auf den Rücken. Mit der rechten Hand zwischen den Schulterblättern drückte Wolfgang den überraschten Mann gegen die Hauswand. Ein kurzer Blick zur Seite und Wolfgang sah die Frau an der Wand hinunterrutschen, bis sie in der Hocke verharrte.

„Alles in Ordnung, Lady?“

Die Blonde nickte. „Lassen Sie ihn laufen. Ich will keine Scherereien. “ Ihr Blick nahm flehende Züge an. „Bitte!“

Auch so etwas kam vor.

Wolfgang hatte da schon viel groteskere Situationen erlebt. „Sind Sie sicher?“, fragte er vorsichtshalber nach.

Als er ihr Nicken sah, lockerte er vorsichtig seinen Fesselgriff und drehte den Kerl um, der inzwischen seine Wut anscheinend wieder im Griff hatte.

Vorsichtig, dabei in die Augen des Mannes schauend, schob Wolfgang eine Seite seines Jackett zur Seite, bis die Pistole im Holster gut sichtbar war.

Als Wolfgang die Panik in den Augen des Fremden aufsteigen sah, sagte Wolfgang betont ruhig: „Wenn ich dich noch einmal sehe, dann hilft dir niemand mehr. Hast du das verstanden?“ Der Mann nickte wortlos und Wolfgang trat einen Schritt zurück. „Hau schon ab!“

Dann wand sich Wolfgang der Frau zu, reichte ihr beide Hände und half ihr aufzustehen.

„Geht’s wieder?“

Die Blonde nickte und erst jetzt sah Wolfgang, wie schön sie wirklich war. Eine Asiatin, die ihn mit ihren Stiletto Plateau Pumps um einige Zentimeter überragte. Tränen hatten ihr Make-up verschmiert und ihre Hilflosigkeit ließ Wolfgang augenblicklich schmelzen.

„Ich bringe Sie jetzt erst mal ins Krankenhaus“, sagte Wolfgang und berührte zaghaft ihren Arm.

„Nein. Das ist nicht nötig.

Wirklich nicht. „

„Sind Sie sicher? Der Kerl ist nicht gerade zimperlich mit Ihnen umgegangen. „

„Es geht schon. Ehrlich. “ Sie versuchte einen Schritt und Wolfgang sah wie sie schwankte. „Vielleicht können Sie mich noch nach Hause bringen?“, fragte die Frau leise. Gleichzeitig griff sie nach Wolfgangs Arm und hielt sich daran fest.

Wolfgang überschlug die Biere, die er getrunken hatte. Das sollte kein Problem sein, dachte er und nickte.

„Ich wohne fünf Minuten von hier. Schaffen Sie das?“

Die Blonde nickte und klammerte sich fest an seinen Arm. Aus den fünf wurden fünfzehn Minuten, bis sie den Eingang des Wohnhauses erreichten. Auf den wenigen Stufen zur Haustür machte die Fremde endgültig schlapp. Ohne Vorwarnung sackte sie in sich zusammen und hätte sie Wolfgang nicht geistesgegenwärtig aufgefangen, wäre sie mit Sicherheit auf dem Boden aufgeschlagen.

„Ich bringe Sie erst mal in meine Wohnung“, sagte Wolfgang, der sich über das Leichtgewicht wunderte, das er mit beiden Armen vor sich her trug.

Ein Blick in ihre Augen ließ ihn vermuten, daß die Schöne überhaupt nichts von dem Gesagten mitbekommen hatte. In seiner Wohnung legte er sie kurzerhand auf sein Bett, zog ihr noch die Schuhe aus, bevor er eine Decke über sie ausbreitete. In der Küche ließ Wolfgang das Wasser so lange laufen, bis es ausreichend kalt war. Er füllte ein Glas und benetzte einen sauberen Lappen, mit der er ihre Stirn kühlen konnte.

Als er sich neben sie auf die Bettkante setzte und sie die Augen aufschlug, reichte er ihr das Wasser.

Vorsichtig trank sie und es tat ihr sichtlich gut. Wortlos lächelte sie ihren Retter an. Dann griff sie nach seiner Hand: „Nur ein paar Minuten ausruhen. Geht das?“

Bevor Wolfgang etwas sagen konnte, klingelte das Telefon.

„Entschuldigung. Einen Moment nur“, sagte er und streichelte für einen kurzen Moment die Hand der Blonden.

Im Display erkannte er die Nummer seiner Kollegin. „Hallo Natalie. Was ist?“

„Ich bin hier am Fluß. Direkt unter der Schloßbrücke. Du solltest herkommen und es dir selber anschauen. „

„Habt ihr etwa unseren Informanten gefunden?“

„Wenn überhaupt, dann nur ein Stück von ihm. Sieht nicht gut aus, glaube es mir. „

„In Ordnung. Gib mir ein paar Minuten.

„Der läuft uns nicht mehr weg“, antwortete Natalie lapidar.

Als Wolfgang ins Schlafzimmer kam, war die Fremde eingeschlafen. Vorsichtig fühlte er ihren Puls, hob eines der mit künstlichen Wimpern behafteten Lider an und legte seine Hand sachte auf ihre Stirn. Sie schien in Ordnung, soweit man das in dieser Situation sagen konnte. Wolfgang setzte sich an den Küchentisch, nahm einen Block aus der Schublade und schrieb eine kurze Nachricht für sie.

Bevor er das Blatt abriß, notierte er noch seine Handynummer am unteren Rand. Er faltete das Stück Papier zusammen und steckte es in einen ihrer Schuhe, die er so neben das Bett stellte, daß die Fremde sie sofort sah wenn sie aufwachte. Noch einmal schaute er auf die Blonde, die mit jedem Blick, den er riskierte, schöner wurde.

*

Die Kollegen der Schutzpolizei hatten ein paar Scheinwerfer aufgestellt, die den Fundort und die unmittelbare Umgebung in ein unwirkliches kaltes Licht tauchten.

Auf dem Boden war eine schwarze Kunststoffplane ausgebreitet. Der Gerichtsmediziner räumte seine Sachen zusammen.

„Da bist du ja. Mußtest wohl erst deine Hosen suchen, wie?“, stichelte Natalie und legte ihre Hand gleichzeitig besänftigend auf Wolfgangs Arm.

„Die hatte ich noch immer an“, meinte Wolfgang nachsichtig, während er sein Feuerzeug aufschnappen ließ. Dann erzählte er mit knappen Sätzen, was passiert war.

„Mannomann!“, stöhnte Natalie.

„Ich möchte ja fast behaupten, dich hat es voll erwischt. So wie du von der Kleinen schwärmst. „

„Red kein dummes Zeug“, ereiferte sich Wolfgang. „Ich habe nur einer jungen Frau geholfen. Das hätte jeder andere auch getan. “ Er sah in Natalies zweifelnde Augen. „Jetzt glaube mir doch. Da ist nichts!“ Und mit einem Schlag wurde Wolfgang bewußt, was für einen Quatsch er da von sich gab. Unwirsch wechselte er das Thema.

„Was haben wir hier eigentlich?“

„Einen Arm“, antwortete ihm Natalie, die Wolfgang kein Wort von dem glaubte, was er ihr so überaus enthusiastisch einzureden versuchte.

„Ein bißchen wenig, meinst du nicht auch? Warum glaubst du, daß der von unserem Informanten ist?“

„Wie würdest du Lorenzo mit einem Satz beschreiben?“, fragte Natalie und verzog dabei angewidert die Lippen.

„Tätowiert! Tutto Completti!“, antwortete Wolfgang grinsend.

„Wie unser Arm!“ Natalie nahm Wolfgang die gerade angerauchte Zigarette aus dem Mund. Steil streckte sie die Nase in den Himmel.

*

Die Fremde saß in Wolfgangs Lieblingssessel und hatte eine Decke eng um sich geschlungen. Eine kleine Lampe in der Küchenzeile hüllte den Raum in schwaches Licht. Wolfgang wollte das Deckenlicht einschalten, aber ihre Stimme kam ihm zuvor: „Bitte nicht noch mehr Licht.

Ich sehe bestimmt fürchterlich aus. „

Wolfgang legte sein Jackett über die Stuhllehne und streifte den Holster ab, in dem seine Heckler & Koch steckte. Die Waffe und das Reservemagazin legte er in die einzige Schublade der Wohnung, die ein Schloß besaß. „Wie geht es Ihnen?“

„Ich habe mich selbst bedient. Ich hoffe, ich durfte das?“

Wolfgang sah, wie sie die Flasche Sekt hochhielt, die er für Notfälle immer im Kühlschrank bereithielt.

Am Tonfall ihrer Stimme erkannte er, daß es ihr deutlich besser ging. Mit einem Bier in der Hand ließ er sich ihr gegenüber auf der dreisitzigen Couch nieder. „Mein Name ist Wolfgang Richter. Ich bin Hauptkommissar. “ Er lauschte dem Klang seiner Worte und ärgerte sich maßlos. So eine blöde Anmache hatte er noch nie vom Stapel gelassen.

„Ich weiß, daß du Polizist bist“, sagte die Fremde, die sich als Ming Poh vorstellte.

Sie hob eine der zahlreich auf dem Tisch verstreuten Mappen hoch, auf denen allesamt das Logo der Polizei prangte. „Ich habe ein wenig geschnüffelt. “ Mit einem verlegenen Kichern fügte sie hinzu: „Du wirst mich deswegen doch hoffentlich nicht verhaften?“

„Das muß ich mir erst noch überlegen“, antwortete Wolfgang. Mit seinen Gedanken aber war er ganz woanders. Noch nie hatte er eine Frau mit solch einer erotischen Stimme getroffen. Der Begriff Schlafzimmerstimme traf es noch nicht einmal ansatzweise.

Rauchig, mit einem süßen, kaum wahrnehmbaren Akzent, machte sie an Wolfgangs Ohren nicht Halt. Sie kroch in seinen Körper hinein, verbreitete dort angenehme Gefühle und weckte wilde Assoziationen. Er spürte ihre Stimme in seinem Schoß. Schon bevor Wolfgang ihren Namen kannte, hatte er gewußt, daß er eine Asiatin gerettet hatte. Eine Vietnamesin? Eine Thailänderin? Wolfgang war ehrlich genug zuzugeben, daß er von dieser Ecke der Welt keine Ahnung hatte. Allerdings war diese Frage für ihn in diesem Moment auch eher zweitrangig.

„Oh! Sorry! Was sagtest du gerade?“
„Ich hatte dich gefragt, ob du mir etwas über deine Arbeit erzählen kannst. Es ist sicherlich alles sehr gefährlich. Nicht?“

Wolfgang überlegte kurz, trank den letzten Schluck aus der Flasche und griff nach der Zigarettenpackung. Dann erzählte er, ohne dabei ins Detail zu gehen, von dem Fall, der ihm momentan so viel Kopfzerbrechen bereitete.

*

Das Klingeln seines Telefons riß Wolfgang aus einem Traum, in dem Ming Poh die Hauptrolle spielte.

Ein schmutziger und im wahrsten Wortsinn feuchter Traum. Geblendet vom grellen Sonnenlicht schloß Wolfgang die Augen sofort wieder. Langsam tröpfelte die Wirklichkeit in seine Gedanken, bis er mit einem Ruck von der Couch auffuhr. Ein kurzer Rundblick durch die Wohnung sagte ihm, daß Ming Poh gegangen war. Eine Nachricht von ihr fand er nicht. Das Telefon setzte zum zweiten Versuch an. Diesmal nahm er ab.

„Nein, ich bin alleine!“ … „Natürlich weiß ich wie viel Uhr es ist!“ … „Ja Mama!“ Wolfgang warf den Hörer aufs Bett.

Manchmal konnte Natalie echt nervig sein.

*

Kaum war Wolfgang in seinem Büro, kam Natalie und wedelte mit einem Papierhefter. „Der Arm gehört definitiv Lorenzo. Die Blutgruppe stimmt überein, der DNA-Abgleich dauert noch. Aber wir haben die Tattoos vom Arm mit Bildern von Lorenzo verglichen, die wir in den Akten haben. Es gibt keinen Zweifel. Es ist, äh, war Lorenzo. “ Sie schaute Wolfgang an, der ein Bild des Grauens abgab.

„Ach noch was. „

„Ja?“

„Der Arm wurde nicht einfach nur abgetrennt. Der Pathologe sagte, er sei förmlich abgerissen worden. „

„Teuflisch“, murmelte Wolfgang. „Einfach teuflisch. “ Für einen kurzen Moment vergaß er Ming Poh und dachte an Don Emilio, den er schon lange für den Teufel auf Erden hielt.

*

Seit drei Tagen verbreitete Wolfgang schlechte Laune.

Er schnauzte jeden an dem er begegnete. Mischte sämtliche Abteilungen auf, die ihm zuarbeiteten sollten. Inzwischen nahmen die Kolleginnen und Kollegen schon Reißaus, wenn sie ihn nur von weitem sahen. Bis Natalie der Kragen platzte und sie hinter ihm herlief.

„Was ist eigentlich mit dir los? Kannst du mir das mal verraten? Warum redest du nicht mit mir darüber?“

„Weißt du eigentlich, wo du bist?“, blaffte Wolfgang zurück.

„Ist mir echt scheißegal, was die Kerle da machen“, fuchtelte Natalie heftig mit dem Arm. Die beiden Kollegen, die vor den Urinalen standen, suchten so schnell und diskret wie möglich das Weite. „Ich will dir doch nur helfen! Verstehst du das denn nicht?“ Wolfgang stieß mit Wucht eine Kabinentür auf und setzte sich auf den Toilettendeckel. Seine Hände vors Gesicht schlagend, sackte er wie ein leerer Kartoffelsack in sich zusammen.

Natalie kniete sich vor ihn und stützte sich auf seinen Knien ab. „Rede endlich mit mir!“

Wolfgang kämpfte sichtlich gegen die Tränen, als er in Natalis Augen blickte. „Nicht hier. Vielleicht können wir uns heute Abend treffen?“

„Ich hole dich ab. OK? Und dann gehen wir irgendwohin, wo wir in Ruhe reden können. „

Wolfgang nickte schwach. „Und jetzt raus mit dir. Das hier kann ich nämlich schon alleine.

Mama. „

Natalie tippte sich mit dem Finger gegen die Stirn und grinste. „Blödmann!“ Als sie schwungvoll die Tür der Herrentoilette aufriß und auf den Flur trat, stockte die Unterhaltung der beiden Männer, die zufällig vor der Tür standen. „Was?“, fauchte Natalie die beiden an. Sie stampfte davon. „Männer! Pah!“

*

Ming Poh, Managerin und Miteigentümerin der Travestiebühne Opposite, hatte sich eine Auszeit gegönnt und seit drei Tagen ihr Bett nicht mehr verlassen.

Die rein physischen Schmerzen, welche die Schläge verursacht hatten, waren inzwischen größtenteils abgeklungen. Nur mehrere handtellergroße Hämatome würden sie noch einige Zeit begleiten. Trotzdem weinte die 28jährige viel. Zum einen, weil sie den Übergriff mental noch nicht verarbeitete hatte, zum anderen wegen Wolfgang, den sie schlicht und ergreifend vermißte. Anzurufen traute sie sich aber auch nicht, obwohl sie seine Nummer behalten hatte. Als sich die Tür öffnete und Doreen mit einem Tablett das Zimmer betrat, zog Ming Poh das Bettuch bis zum Hals hoch.

„So schüchtern, Liebes?“

Ming Poh lächelte die zweite Eigentümerin des Opposite liebevoll an. Mit Doreen teilte sie sich nicht nur seit Jahren die luxuriöse Wohnung, sondern auch gelegentlich das Bett. Vorsichtig legte sie ihre Hände um die Tasse dampfenden Tees, den Doreen ihr reichte.

„Du denkst viel an den Kommissar. Habe ich Recht?“ Ming Poh nickte und schlürfte geräuschvoll von dem heißen Tee.

„Warum rufst du ihn dann nicht an? Hast du Angst, daß dir so was wie mit Hubert noch einmal passiert?“

„Wolfgang würde mich nie schlagen“, antwortete Ming Poh leise. „Aber ich glaube auch nicht, daß er es akzeptieren würde. Er ist sehr konservativ. „

„Das weißt du nach den zwei Stunden, die du mit ihm verbracht hast, schon so genau?“

„Natürlich weiß ich das nicht genau.

“ Sie legte ihre Hand auf Doreens Arm und schaute sie mit traurigen Augen an. „Ich habe einfach nur Angst. Verstehst du das?“

„Sicher, Liebes. Natürlich verstehe ich das. Aber ich sehe dich seit drei Tagen nur heulen und dich selbst bemitleiden. Glaubst du, das wäre der richtige Weg?“ Als Doreen das trotzige Kopfschütteln ihrer Freundin sah, lachte sie. „So gefällst du mir schon besser. „

„Es gibt da noch etwas, worüber ich mir den Kopf zerbreche“, wechselte Ming Poh das Thema.

„Und was wäre das?“

Ming Poh setzte sich auf und rutschte mit dem Rücken ans Kopfteil des Bettes. Gleichzeitig straffte sie ihre Schultern und über ihr Gesicht legte sich ein Zug entschlossener Energie. Als sie Doreens Blick auf ihren Brüsten ruhen sah, tadelte sie ihre beste Freundin: „Doreen! Hallo! Hallo!“

„Ich habe nichts gemacht“, verteidigte sich Doreen mit schelmischem Blick. Und dann voll konzentriert: „Über was zerbrichst du dir denn noch das süße Köpfchen? Na?“

Ming Poh kicherte kurz, dann aber wurde sie sofort wieder ernst.

„Ich habe dir doch von dem Fall erzählt, den Wolfgang gerade bearbeitet. Ich glaube, ich weiß wie wir dem Kommissar ein bißchen helfen können. “ Sie sah in Doreens fragendes Gesicht. „Ich glaube, das bin ich ihm schuldig. „

„Meinst du wirklich, das ist der beste Weg, ihm deine Dankbarkeit zu zeigen?“, zweifelte Doreen.

Ming Poh zuckte mit den Schultern. Was wußte sie schon wirklich, wo doch alles in ihr in Aufruhr war.

Sie nahm noch einen Schluck, dann schilderte sie Doreen ihren Plan.

Eine halbe Stunde später schüttelte Doreen den Kopf. „Bin ich froh, dich als Freundin zu haben und nicht als meine Feindin. “ Mit spitzen Fingern nahm sie zwei Zigaretten aus einem Silberetui und ließ das Feuerzeug aufschnappen. Eine Weile rauchten sie wortlos, dann schnippte Doreen mit den Fingern. „Ich weiß! Wir fragen die Zwillinge. Für Geld machen die alles.

Außerdem sind sie uns noch etwas schuldig. “ Als sie Ming Poh nicken sah, nahm sie ihrer Freundin mit einem schelmischen Zug um die Lippen die Zigarette weg. „Und jetzt, Süße, schreibst du deinem Kommissar was Liebes. “ Überrascht ließ sich Ming Poh von Doreen ihr Handy in die Hand drücken.

*

Seit einer guten Stunde saßen Natalie und Wolfgang im Barrakuda. Wolfgang redete ohne Punkt und Komma.

Natalies wußte nach zwei Minuten, daß sie mit ihrer Vermutung voll ins Schwarze getroffen hatte. Ihr Kollege war bis über beide Ohren verknallt, auch wenn er es selbst noch nicht wußte. Oder aber es sich nicht eingestehen wollte. Natalie vermied es tunlichst Stellung zu beziehen, würzte ihr Zuhören mit spärlichen: ‚Jas‘ und ‚Neins‘ und ‚Ohs‘. Sie rauchte mit Wolfgang um die Wette und nippte gelegentlich an ihrem grasgrünen Longdrink. Bis Wolfgangs Handy klingelte und sie aufstöhnte: „Ach Scheiße! Hoffentlich kein neuer Einsatz.

„Ist nur der SMS-Ton“, beruhigte Wolfgang seine Kollegin und klappte sein Handy auf. Innerhalb von Sekundenbruchteilen ging im Barrakuda die Sonne auf. Wolfgangs Grinsen verzerrte sein Gesicht zur Fratze, sein Körper straffte sich, während er die Brust nach vorne warf. Aufgeregt reichte er Natalie sein Handy. „Hier! Lies! Lies doch!“

‚Ich denke oft an dich. Ming Poh‘ Natalie reichte Wolfgang das Handy zurück. „Jetzt weißt du, was du zu tun hast.

Oder?“ Flüchtig berührte sie den Arm ihres Kollegen. „Aber übertreib es nicht. Die Frau scheint sehr zerbrechlich zu sein. “ Sie schob ihren Stuhl nach hinten und stand auf. „Ich gehe mal für kleine Mädchen. “ Schnell stieg sie die Treppen zu den Toiletten hinab. Auf keinen Fall sollte Wolfgang den Anflug von Eifersucht sehen, der langsam in ihr aufstieg.

*

Manfred Müller legte den Aktenstapel, den er gerade durchgesehen hatte, in die Schublade zurück, zog den Schlüssel ab und steckte ihn ein.

Dann wartete er, bis der Computer heruntergefahren und ohne sein Paßwort nicht mehr hochzufahren war. Ein kurzer Blick ins Rund genügte um alles gut verschlossen zu wissen. Er öffnete die Tür und sah, wie seine Sekretärin wieselflink das Kreuzworträtselheft verschwinden ließ und geschäftig tat. Manfred zahlte Magdalene ein fürstliches Gehalt, obwohl sich ihre Arbeiten auf so banale Dinge wie Kaffeekochen und Botengänge beschränkte. An die wirklich wichtigen Dinge ließ er sie auf keinen Fall heran.

„Ich bin dann mal zu Tisch. “ Magdalene nickte und wartete, bis ihr Chef die Tür hinter sich zuzog. Dann drückte sie den Knopf an der Telefonanlage, der sie mit ihrer besten Freundin verband.

*

Iris und Tina standen am Ende des Flures, in dem sich Manfred Müllers Büro befand und warteten. Die beiden waren eineiige Zwillinge und sie achteten peinlich darauf, daß sich dieser Eindruck nicht änderte.

Sie hatten die gleiche Frisur, den gleichen Schmuck, wogen aufs Gramm dasselbe und trugen die gleichen Klamotten und Düfte. Sie waren achtzehn, gingen in die letzte Klasse des Lucas Gymnasiums und arbeiteten nebenbei beim Escortservice Amore. Die beiden ließen sich nur zusammen buchen und das wurde von den Männern auch gerne so angenommen. Von Frauen übrigens auch. Iris und Tina waren enge Freundinnen von Ming Poh und Doreen. Besonders Ming Poh stand hoch in ihrer Gunst, war sie es doch, die die Zwillinge aus einer hochnotpeinlichen Bredouille gerettet hatte.

So nickten sie denn auch den Vorschlag ohne Nachzudenken ab, den Ming Poh ihnen machte. Außerdem war die Entlohnung mehr als großzügig.

*

Auf dem Weg zum Aufzug kamen Manfred Müller zwei junge Frauen entgegen, die sich mit unterdrückter Stimme stritten. Manfred nickte ihnen freundlich zu, während er auf die Kabine wartete. Er bekam mit, daß sich die beiden über die Farbe ihrer Minikleidchen stritten. Die Tür teilte sich, Manfred ließ den beiden Grazien den Vortritt.

Der Streit ging weiter, bis die Kabine Fahrt aufnahm und er von den beiden angesprochen wurde: „Und Sie? Was meinen Sie? Blau oder Grün?“ Manfred war sich der Brisanz der Frage sofort bewußt. Ganz der aalglatte Anwalt, der er zweifelsohne war, wand er sich mit einem eleganten Bandwurmsatz aus der Affäre. Die beiden stutzten, denn sie hatten kein Wort von dem verstanden, was Manfred vom Stapel gelassen hatte. Kurzerhand hakten sie sich links und rechts bei ihm ein.

Mit ihrem Opfer in der Mitte verließen sie das Gebäude. Den Pförtner ließen sie mit offenem Mund stehen. Manfred fühlte sich wie im siebenten Himmel. Auch wenn er nicht wirklich wußte wie ihm geschah.

Natürlich lud Manfred die Zwillinge ein mit ihm zu speisen. Beim Dessert angekommen, war er sturmreif. Somit war die Frage von Iris, ob er nicht ein nettes Zimmerchen in der Nähe wüßte, eher akademischer Natur.

Nachdem sie die Türe des Hotelzimmers hinter sich verriegelt hatten, zogen Iris und Tina ihre Kleidchen aus.

Manfred sah, daß die beiden anscheinend keinen besonderen Wert auf Unterwäsche legten. Am Schlips ziehend folgte er Tina, die sofort über ihn grätschte und ihm einen herrlichen Einblick verschaffte. Iris holte derweil einen kleinen Camcorder aus ihrer Handtasche und versteckte ihn zwischen ihrer Wäsche, die absichtlich achtlos auf einem Stuhl lag. Dann machte sie sich an Manfreds Gürtel zu schaffen.

*

Wolfgang hatte sich in der Zwischenzeit wieder mit seinen Kollegen vertragen.

Man sah dem ansonsten steht’s lustigen Kommissar seine Ausrutscher gerne nach, hielt sich doch seit Tagen hartnäckig das Gerücht, der Kommissar wandle auf Freiersfüßen. Ein paar Flaschen Schnaps und Blümchen für die Kolleginnen, taten ein Übriges. Ming Poh und er simsten inzwischen mehrmals am Tag miteinander.

Natalie betrat Wolfgangs Büro und ließ sich stöhnend in einen der Sessel fallen. „Und? Was gibt es Neues?“

Wolfgangs Gesicht hellte sich sofort auf.

„Ich habe gerade eben eine SMS von Ming Poh … „

„Ich meinte eigentlich den Fall“, unterbrach ihn Natalie leicht tadelnd.

„Ach so“, sagte Wolfgang lapidar. „Das meinst du. Der Kollege, der Manfred Müller observieren sollte, hat den Anwalt verloren. Zwar nur für ein paar Stunden, aber immerhin. Ein Anfänger halt. Nicht wirklich wichtig, denke ich. „

Natalie zuckte mit den Schultern. „Und das Andere? Wie läuft das?“

Wie auf Kommando strahlte Wolfgang wieder.

„Wir gehen heute zum ersten Mal zusammen essen. Gut nicht?“

Natalie stand auf, trat an ihren Kollegen heran und klopfte ihm anerkennend auf die Schulter. „Versau es nicht! Hörst du?“ An Wolfgangs Blick erkannte sie, daß der schon wieder mit seinen Gedanken ganz woanders war. Kopfschüttelnd verließ Natalie das Büro.

*

Doreen drückte auf einen Knopf der Fernbedienung und die kleine Kassette schob sich aus dem Gerät.

Fast tat ihr der Anwalt ein bißchen leid, denn gegen die Zwillinge hatte er von der ersten Sekunde an nicht den Hauch einer Chance. Sie plazierte die Kassette in einen braunen Packpapierumschlag und griff zum Telefon. Minuten später stand Carlos vor ihr. Der Chef der Türsteher war ihr hündisch ergeben, und Doreen benutzte den Berg von Mann, der nebenbei auch im Wrestling recht erfolgreich war, nicht nur für dienstliche Belange. Nach einer Viertelstunde nickte Carlos der Schreckliche.

Er hatte verstanden. „Und zieh sicherheitshalber noch ein oder zwei Kopien“, rief sie ihm hinterher, als er zur Tür ging. „Man weiß ja nie. “

*

Wolfgang hatte einen Tisch im romantisch gelegenen Schloßhotel reserviert. Er saß an der Bar und schaute immer wieder nervös auf seine Armbanduhr. 15 Minuten waren schon vergangen. Hoffnungslos schwankend zwischen: sie hat es sich anders überlegt, und, bei Frauen ist das halt so, bestellte er beim Barmann ein zweites Glas Mineralwasser.

Heute würde er alle seine Sinne brauchen, das stand für Wolfgang fest.

Als die Tür aufging und Ming Poh das Foyer betrat, war es, als stockte für einen Moment jegliche Unterhaltung der im Raum anwesenden Personen. Sie sah hinreißend aus und war sich dessen durchaus bewußt, als sie auf ihren Plateau Heels auf Wolfgang zuging, ihm die Hand auf den Arm legte und ein zartes Küßchen auf seine Wange hauchte.

Auf ihren Schuhen überragte sie Wolfgang ein wenig, auch wenn der sich vor Stolz kerzengerade reckte. Ming Poh hatte sich für eine neue Frisur entschieden. Das schulterlange, fast weiße Haar war stufig geschnitten, der Pony hing fransig über ihre schwarz getuschten Brauen. Wenige, fast schwarze Strähnchen kontrastierten mit ihrem zimtfarbenen Teint. Um den Hals trug Ming Poh eine doppelreihige Perlenkette, dazu passende Ohrgehänge baumelten leicht hin und her. Unter der leicht transparenten Bluse schimmerte ein Bustier, welches ihre Oberweite deutlich einengte und ins Dekollete hob.

Über einer dreiviertel langen Leggings trug sie einen schmal geschnittenen Rock mit Schlitzen an den Seiten. Eine dünne, im Aktentaschenformat große Handtasche aus hellem Schlangenleder hing lässig über ihrer Schulter.

„Wollen wir?“, fragte sie Wolfgang und hakte sich bei ihm ein.

Die folgenden zwei Stunden verflogen wie im Fluge. Während ihres Gespräches fanden sie viele Gemeinsamkeiten, sie lachten und scherzten. Beide lobten das Essen in den allerhöchsten Tönen.

Wolfgang sonnte sich im Licht seiner Begleiterin, auch wenn ihm die Aufmerksamkeit, die die Kellner und die Blicke der anderen Gäste, die ihnen zugeworfen wurden, ihn ein ums andere Mal leicht ins Schleudern brachten. An Ming Poh dagegen schien diese Form der Aufmerksamkeit abzuperlen. Jedenfalls schien es so.

Draußen war es inzwischen dunkel geworden und die beiden waren bei einem letzten kleinen Cognac angekommen.

Plötzlich wurde Ming Poh sehr ernst und Wolfgang zuckte unwillkürlich zusammen, erwartete er nun die unausweichlich schlechte Nachricht.

Ming Poh aber zog statt dessen einen großen Umschlag aus ihrer Tasche und legte ihn zwischen sich und Wolfgang auf den Tisch. Bevor Wolfgang danach greifen konnte, legte sie ihre flache Hand auf den Umschlag. „Du darfst ihn erst öffnen, wenn du Zuhause bist. Versprich mir das. Bitte!“ Wenige Minuten später bezahlte Wolfgang die Rechnung, während sich Ming Poh frisch machte. Es juckte ihm fürchterlich in den Fingern, als er den DIN A4 großen Umschlag in den Händen hielt.

Aber bevor er eine Dummheit begehen konnte, kam Ming Poh an den Tisch zurück.

Ein Stück des Weges fuhren sie hintereinander, bis sie an einer Kreuzung in entgegen gesetzten Richtungen abbiegen mußten.

*

Wolfgang fand noch die Zeit sich ein Bier aus dem Kühlschrank zu holen, dann setzte er sich gemütlich in seinen Sessel und nahm den Umschlag in die Hand. Vorsicht nahm er den dünnen Packen Hochglanzfotos heraus.

Obenauf lag ein handgeschriebener Brief. Als Wolfgang ihn gelesen hatte, standen ihm die Tränen in den Augen. Ganz offensichtlich hatte Ming Poh ebenso große Gefühle für ihn, wie er für sie. Nur das sie dies in so schöne Worte fassen konnte, daß Wolfgang einfach die Luft wegblieb. Vorsichtig legte er das Blatt zur Seite und betrachtete das erste Foto. Es handelte sich um ein Portraitfoto von Ming Poh. Leicht von unten schaute sie zum Betrachter hoch und das Spiel von Licht und Schatten, verbunden mit einem raffinierten Make-up, zeugten von hoher künstlerischer Professionalität.

Für Wolfgang stand sofort fest, daß er dieses Foto auf keinen Fall wieder hergeben würde. Komme was da wolle. Je mehr Fotos Wolfgang anschaut, um so spärlicher wurde die Kleidung, die Ming Poh trug. Und mit jedem Foto, das er anschaute, verstärkte sich ein Gefühl, welches er tief in sich trug, seit er bei dem Überfall Ming Poh in seinen Armen gehalten hatte. Das letzte Foto in den Händen haltend, waren dann alle Mutmaßungen überflüssig.

Ming Poh war weder Frau, noch Mann. Sie war, ja, sie war halt einfach beides.

Die Uhr an der Wand zeigte kurz nach dreiundzwanzig Uhr. Wolfgang nahm sein Telefon und wählte Ming Pohs Nummer. Er hörte sofort, daß etwas nicht stimmte. Ming Poh heulte und das in einer Lautstärke, die seine Ohren klingeln ließen.

„Du?“, hörte er sie schniefen.

„Natürlich ich. Wer denn sonst?“

Wolfgang hörte lautes Schnäuzen am anderen Ende.

Dann: „Ich hätte nicht gedacht, daß du dich noch einmal meldest. „

„Du mußt mir eine Frage beantworten. „

„Ja?“

Mit einem Mal hatte Wolfgang der Mut verlassen. Er stammelte, hüstelte, bis er sich zusammenriß. „Äh, ja. Ist er … Kann er … Wird er … Ach Scheiße. Du weißt schon, was ich meine. „

Erschrocken hielt Wolfgang den Hörer vom Ohr weg, denn die Lachsalve, die jetzt gegen sein Ohr brandete, stellte ihr Heulen noch in den Schatten.

„Wenn du mich fragst, ob er kann … Ja. Natürlich kann er … „, quetschte Ming Poh heraus, bevor sie wieder zu lachen begann.

Wolfgang legte sein Telefon zurück, als der Akku leer war. Die Uhr zeigte kurz nach drei. Dann fing Wolfgang an zu lachen. Es war ein leises, fast diebisches Lachen. Mit beiden Händen hielt er seine Hose fest, bis er sie im Schlafzimmer einfach auf den Boden gleiten ließ.

Er lachte noch, als er sich die Bettdecke über den Kopf zog. Wolfgang fühlte sich wie ein Pennäler nach dem ersten Date. Und irgendwie paßte Telefonsex ja auch dazu.

*

Am nächsten Morgen saß Wolfgang hinter seinem Schreibtisch, schaute zum Fenster hinaus und träumte still vor sich hin. Bis Natalie ins Büro gepoltert kam und ohne Guten Morgen, oder so etwas in der Art, sofort losplapperte: „Du glaubst ja nicht, wer drüben bei Kowalski sitzt und um Polizeischutz bittet.


„Ach Mädchen. Mach’s doch nicht so spannend. Außerdem habe ich gerade Besseres zu tun. Sieht man doch. Oder?“

Natalie ging um den Schreibtisch herum, schaute ihrem Kollegen in die blutunterlaufenen, aber seltsam strahlenden Augen und warf ihm zwei Aktendeckel in den Schoß. „Also wie ich das sehe, hast du zwei Möglichkeiten“, grinste sie Wolfgang an. „Die erste: Du bleibst hier liegen und ich nagle Manfred Müller alleine fest, oder die zweite: Du kommst mit.

„Manfred Müller? Der Rechtsanwalt?“

„Ja, wie viele Manfred Müllers kennen wir denn. Hä?“ Natalie schüttelte genervt den Kopf.

„Erzähl“, sagte Wolfgang auf einmal ganz Ohr.

„Also heute Morgen kommt ein gewisser Manfred Müller, seines Standes Rechtsanwalt, ins Präsidium und fragt den Pförtner, wer bei Erpressung zuständig ist. Der schickt ihn natürlich hoch zu Kowalski. Der wiederum weiß, woher auch immer, wer da vor ihm sitzt und ruft mich an.

Eigentlich hat er ja dich angerufen, aber du warst wahrscheinlich gerade, äh, weg. Ich also rüber, und höre ein bißchen zu. Fakt ist, der liebe Herr Anwalt hat’s vor kurzem mit ein paar […] getrieben. Denkt er! In Wahrheit sind die beiden Nutten achtzehn, machen aber gerne auf […]. Hier der Akt der beiden. Ist schon was her und nachweisen konnten wir den beiden auch nichts. Also der Anwalt treibt es mit den beiden und prompt kommt ein paar Tage später ein Päckchen mit einer Videokassette.

Die beiden Schlampen haben sich und den feinen Herrn gefilmt. Oder filmen lassen. Wer weiß das schon? Außerdem hat Müller seit dem Tag das Gefühl, beschattet zu werden. Muß seinen Angaben zufolge King Kong sein. Was ich nur nicht verstehe ist, keiner will Geld von dem Kerl. Die wollen nur sein Leben. OK. Hört sich ein bißchen komisch an, aber genau so hat er es gesagt. „

„Das ist jetzt alles nicht wirklich wahr.

Oder? Du verarschst mich doch? Oder?“

„Dann komm doch einfach mit und schau dir das Häufchen Elend selber an. „

Auf dem Weg zu Kowalskis Büro blieb Wolfgang abrupt stehen, und hielt Natalie am Arm fest. „Hast du Müller schon gesagt, daß die Mädchen volljährig sind?“

„Bin ich irgendwie blond?“

„Gut. Sehr gut. “ Wolfgang grinste Natalie an. „Ich denke, wir brauchen ihm das ja auch nicht gleich unter die Nase zu halten.

Was meinst du?“

„Du Cheffe!“, grinste Natalie. Sie freute sich, daß Wolfgang wieder zu seinem alten Biß zurückgefunden hatte.

*

„So Kowalski. Jetzt sehe und staune“, flüsterte Wolfgang seinem Kollegen mit einem Augenzwinkern zu. Dann wandte er sich Manfred Müller zu und forderte ihn auf, von Anfang an zu erzählen. Während sich Wolfgang Notizen machte und dabei daran dachte, wie tölpelhaft sich der Anwalt hatte reinlegen lassen, umgarnte er den Anwalt mit seinem lockeren Plauderton.

Natürlich könnte man ihm in seiner Angelegenheit irgendwie entgegenkommen. Ja, Zeugenschutz wäre möglich. Eine neue Identität für ihn und seine Familie? Möglich. Alles möglich! Aber natürlich wollte er, der Kommissar und er, der Staat, dafür eine Gegenleistung. Wolfgang malte Müllers Zukunft absichtlich in wenig rosigen Farben und als er die Kinder des Anwaltes mit ins Spiel brachte, kippte Manfred Müller endgültig um.

„Ich kann Ihnen jemand liefern, der mehr Dreck am Stecken hat, als Sie sich je vorstellen können.

Ich werde Ihnen auch sagen, wo Sie die Beweise dafür finden können. Aber eines werde ich nie im Leben tun. Vor Gericht aussagen. Als Zeugen müssen Sie mich vergessen. „

Manfred Müller redete eine halbe Stunde, dann wurde das Gespräch unterbrochen. Fieberhaft ging Wolfgangs Team daran, erste Beweise für Müllers Behauptungen zu finden. Nach zwei Stunden war zumindest eine von Müllers Aussagen zweifelsfrei korrekt und ließ sich beweisen. Wolfgang sprach sofort mit der Staatsanwaltschaft.

Das die sich jetzt Müller bemächtigten, war der einzige Wehrmutstropfen in der Geschichte. Wolfgang klopfte Natalie und ein paar anderen Kollegen anerkennend auf die Schulter. Dann lud er seine Leute ein, mit ihm den Erfolg im Barrakuda zu feiern.

*

Wolfgang saß zwischen Ming Poh und Doreen am besten Tisch des Opposite. Hatte der Hauptkommissar bis vor zwei Stunden keine Ahnung, was eine Travestiebühne überhaupt ist, lachte er jetzt aus vollem Herzen über die Darbietungen.

Immer wieder griff Ming Poh nach seiner Hand und drückte sie zärtlich. Das Glück war ihr ins Gesicht geschrieben. Im raffinierten Licht und mit einem perfekten Make-up, war Ming Poh die Königin des Abends. Jedenfalls sah Wolfgang das so. Nach zwei Stunden war das Programm zu Ende. Ein Jazzpianist wurde zusammen mit einem weißen Flügel auf die Bühne gerollt und leise Melodien erfüllten den Raum. Ming Poh überließ Doreen das Feld und Hand in Hand mit Wolfgang gingen sie hinunter in die Tiefgarage, wo ihr Wagen stand.

Ming Poh fuhr schnell und gut. Wolfgangs Herz klopfte hart in seiner Brust, als er seine Hand auf ihren bestrumpften Schenkel legte. Ein kurzer Blick zur Seite und sie lächelte Wolfgang an. Plötzlich lachte sie.

„An was denkst du gerade“, fragte Wolfgang, der sie beobachtet hatte.

„An unseren ersten Kuß. „

„Was war daran so lustig?“

„Nichts, Liebster.

Du warst nur so, so, na schüchtern halt. „

„Ich glaube, das hast du dir nur eingebildet. “ Natürlich hatte sie Recht mit dem was sie sagte, aber niemals würde Wolfgang das zugeben.

„Werde ich wohl“, schmunzelte Ming Poh wissend.

Das Garagentor fuhr automatisch hoch und langsam ließ Ming Poh den schweren Wagen die Rampe hinunterrollen. Wolfgang beeilte sich um den Wagen herumzukommen, um ihr die Tür aufzuhalten.

Im Aufzug drängte er sie in eine Ecke und während er sie küßte, legte er seine Hand auf ihren Busen. Etwas außer Atem zog Ming Poh die Schlüsselkarte durch den Schlitz. Bei der anschließenden Wohnungsbesichtigung merkte Wolfgang, wie stolz sie auf diese Wohnung war.

Ming Pohs Schlafzimmer war minimalistisch, aber sehr geschmackvoll eingerichtet. Der Teppich war weiß und so weich, daß Wolfgangs Füße darin förmlich versanken. Das Bett, niedrig und aus schwarzem Holz, die Bettwäsche aus cremefarbener Seide.

Ein unsichtbarer Kleiderschrank an einer, mehrere größere Pflanzen an der anderen Seite. Als Lichtquellen dienten mehrere futuristisch aussehende Stehlampen, von denen Ming Poh eine so dimmte, daß der Raum in ein sanftes rötliches Licht getaucht wurde. Wie eine Katze schlich sich Ming Poh an Wolfgang heran. Geschickt zog sie sein Jackett über die Schultern und legte es über eine Stuhllehne. Zwischen den Knöpfen seines Hemdes zupfte sie nach seinen Brusthaaren. Sie begann zu schnurren, als er seine Hände auf ihre Backen legte.

Dann entzog sie sich seinen Bemühungen und gab ihm einen Schups, so daß er auf dem Bett zu sitzen kam. Inzwischen hatten sich Wolfgangs Augen an die Dunkelheit gewöhnt und er sah, wie Ming Poh ihre Bluse aufknöpfte. Wolfgang liebte den Anblick eines Frauenoberkörpers, dessen wesentliche Attribute nur noch vom stützenden Büstenhalter bedeckt waren.

„Bleib einen Moment so stehen“, bat er sie. „Du bist wunderschön. „

„Aber rauchen darf ich schon noch?“, girrte sie.

Erstaunt stellte Wolfgang fest, daß der Rauch ihrer Zigaretten zur Decke stieg und dort zu verschwinden schien. „Klimaanlage“, sagte Ming Poh beiläufig und deutete mit dem Arm zur Decke. Das weiche Fleisch ihres Busens schaukelte in den Körbchen, wie ein Schiff in schwerer See. Sie drückte ihre Zigarette aus und flüsterte Wolfgang ins Ohr: „Wenn du magst kannst du ja schon mal das Bett anwärmen. Ich bin gleich wieder da.

“ Im Hinausgehen drückte sie noch einen Knopf an der Wand und leise Musik kam aus unsichtbaren Lautsprechern.

Wolfgang lag mit hinter dem Kopf verschränkten Armen im Bett und genoß das fremde Gefühl von reiner Seide auf seiner Haut. Als er ein Geräusch an der Tür hörte, richtete er sich auf. Ming Poh stand im diffusen Licht und wie Wolfgang sofort erkannte, war sie splitterfasernackt. Sofort korrigierte er sich. Ihre Körpermitte wurde verdeckt von einem Hut, der schwerelos in der Luft zu hängen schien.

„Komm her zu mir“, sagte Wolfgang mit heiserer Stimme. Gleichzeitig drehte er sich um, bis seine Füße den Teppich berührten. Ming Poh stand nun direkt vor ihm. Mit beiden Händen nahm er den Hut und legte ihn vorsichtig zur Seite. „Oh mein Gott!“, stöhnte er und schaute zu Ming Poh auf, die ihn zärtlich anlächelte. Sie klatschte in die Hände und das Licht verlosch endgültig.

Ende.

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