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Lang und schmal – Frauenqual

Lang und schmal – Frauenqual

Der Porno und seine Physiologie

Ob ich wisse, wie man in Texas ein Barbecue, eine Grill-Fete macht? Das sei doch allgemein bekannt, erklärte mir mein Freund aus den United States of A: „Man zündet einen Wald an und treibt eine Herde Vieh hinein“. Da ging mir ein Licht auf. Nun weiss ich auch, woher dieser Trend in den schlechteren Pornos stammt, in denen die Schwänze nicht unter zehn Zoll schrumpfen dürfen, und wo die Mösen beim Orgasmus literweise spritzen.

Dass in jenen Geschichten die Männer nach jedem Orgasmus, bei dem sie natürlich auch ‚unglaublich, welche Mengen‘ ejakuliert haben, ohne Pause weitervögeln und das ad nauseam, gehört in dieselbe Kategorie; klar, die Autoren haben nur vergessen mitzuteilen, wie viel Viagra geschluckt wurde.

Ich weiss, dass Übertreibung als Stilmittel gerechtfertigt ist. Aber wie das so mit Stilmitteln ist, deren Übertreibung wirkt nur peinlich.

Wir können davon ausgehen, dass in jenen Geschichten die darin vorkommenden Frauen fast ausnahmslos besonders schön und besonders gut gebaut sind.

Das heisst, dass sie unserer anatomischen Wunschvorstellung entsprechen. Also ist auch anzunehmen, dass ihr Körperbau innerhalb dieses Rahmens liegt. Und da ist allgemein bekannt, dass die Tiefe der Vagina bei durchschnittlich neun Zentimetern liegt. Das entspricht — auch in Texas — dreieinhalb Zoll (Inch).

Der berühmte G-Punkt, dort also, wo die stärkste Reizung erwünscht ist, liegt so ungefähr auf halbem Wege; sagen wir meinetwegen, bei fünf Zentimetern oder zwei Zoll.

Kommentar überflüssig. Zum Glück musste ich nur einmal lesen, dass einer jener fiktiven Langschwänze beim Koitus in den Gebärmuttermund eindrang. Genauso glaubwürdig hätte er auch das Schlüsselloch meiner Haustür koitieren können.

Ich habe in meinem Leben keine einzige Frau erlebt, die es gern hatte, wenn der Penis bei ihr ‚hinten an‘ stiess. Wiederholt wurde mir erklärt, dass das verdammt schmerzhaft sei und den kommenden Orgasmus nur verzögere. Deshalb benutzt die erfahrenere Frau ihre Faust als Abstandshalter, wenn ihr Liebhaber zu unbeherrscht, zu rücksichtslos und zu langschwänzig ist: Lang und schmal — Frauenqual; kurz und dick — Frauenglück! So dichtete schon seit längerem unser Volksmuttermund.

Möglicherweise werden in den einschlägigen Geschäften in Texas längere Dildos verkauft, als ich sie bisher sah. Hier jedenfalls liegt der Durchschnitt bei 15 Zentimetern (sechs Zoll). Mein ‚Doubledong‘ misst 33 Zentimeter. Und wir können beruhigt davon ausgehen, dass der Kommerz weiss, was sich am besten verkauft. Neuere Forschungen haben ergeben, dass die durchschnittliche Penislänge bei fünf bis sechs Zoll (amerikanische Ergebnisse) also etwa bei 13 bis 16 Zentimetern liegt. Lustigerweise hat man festgestellt, dass die Eigenangaben der Männer in einschlägigen Internetforen bei acht Zoll, also 20 Zentimetern liegen.

Woher kommt es, dass Frauen so schlecht Grössen schätzen können? Weil ihre Männer ihnen immer erklären, jener Körperteil sei 20 Zentimeter lang!

Nein, auch beim Analverkehr gelten die gleichen physiologisch-anatomischen Voraussetzungen, einmal abgesehen vom verlängerten Endanschlag. Auch dort liegt die ‚G-Zone‘ eingangsnahe und nicht in der fernen Tiefe.

Manche Autoren übertreiben nicht mit der Länge, sondern mit dem angeblichen Durchmesser ihres ‚gut behangenen‘ Helden.

Na schön, eine Möse ist geduldig und kann bei pflegsamer Behandlung allerhand aufnehmen. Dasselbe gilt auch für den Hintereingang, wie man den entsprechenden Pornofilmen zum Thema ‚Fisting‘ entnehmen kann.

Aber weil in einem anständigen Porno auf keinen Fall der Oralverkehr fehlen darf, haben wir schon deshalb die Grenze des erwünschten Durchmessers erreicht. Liebe Autoren, nehmt einen Zollstock und messt selbst, wie weit ihr den Mund aufreissen könnt, ohne dass die Zähne das Lustobjekt schmerzlich misshandeln, und wie lange man einen Mund so weit aufhalten kann, um dabei noch gewaltige, überdurchschnittliche Blas- und Saugleistungen zu vollbringen.

Na, zu welchem Ergebnis sind Sie gekommen? Stimmt — alles, was über 2,5 bis drei Zentimeter hinaus geht, wird verdammt unbequem. (Für unsere Freunde aus Texas: From one inch upwards).

Es ist bekannt, dass die häufigste Ursache für die sogenannte Maulsperre nicht ein herzhaftes Gähnen ist — wie die Patienten jeweils behaupten — sondern ein zu dicker Penis. Und weil volkstümlich die Ansicht verbreitet ist, dass man eine Maulsperre in Eigenmedikation am besten mit einer kräftigen Ohrfeige heilt, bietet dieses Thema durchaus neue Erkenntnisse für S&M-Autoren.

Schön. Nun sind wir endlich zum Orgasmus gekommen. Aber in Texas sieht das wieder ganz anders aus. Auch dort schreit die Frau, aber was macht sie alles mit ihrer Vagina? Sie ‚melkt‘ den Mann, klemmt seinen Penis so fest, dass es schmerzt, und dann spritzt sie und läuft aus; ‚unglaubliche Mengen‘ irgendwelcher Flüssigkeiten durchnässen entweder das Bettzeug oder laufen an ihren Schenkeln herab in die Schuhe, falls sie noch oder schon wieder welche anhat.

Und das immer und immer wieder, da es dort anscheinend keine postkoitale Tristesse gibt. Glückliches Texas!

Die beiden Bartholinischen Drüsen, die für die Gleitfähigkeit der Vagina zuständig sind und bei sexueller Erregung anfangen zu arbeiten, liefern schon eine ganze Menge. Das feuchte Höschen ist freundliche Realität, aber auch hier gibt es Grenzen. Das kleine Pfützchen kann vorkommen, aber wenn es wirklich spritzt, dann ist es ganz schlicht Pipi. Und das kommt ziemlich selten vor; ich meine, etwa bei drei Prozent aller Frauen kann sich beim Orgasmus die Blase krampfartig entleeren.

Und zum Glück weitaus seltener ist jener Krampf, der ‚Vaginismus‘ heisst. Es gibt genügend Witze darüber, aber ihn zu erleben, ist alles Andere als ein Witz. Laut Pschyrembel (Willibald) kommt es beim Orgasmus der Frau — seltsamerweise steht in meiner Ausgabe nichts über den O. des Mannes — zur Entleerung der Bartholinischen Drüsen und zu Uteruskontraktionen. Da steht nichts von Vaginalkontraktionen. Die hingegen kommen beim sogenannten Vaginismus vor, und das ist alles Andere als anregend.

Mösenkrampf. Aber bewusste Kontraktionen der Mösenmuskulatur gibt es. Nur kommen die wohl kaum während des Orgasmus zustande. Da hat die normale Frau etwas Anderes zu tun, als bewusst mit ihrer Möse zu zucken. Nachher, wenn der O. abgeklungen ist, ja, da kann sie ‚melken‘, wenn sie das noch mag. Dafür ist dann die quergestreifte Muskulatur des Beckenbodens zuständig, die per Willen beeinflusst werden kann. Hier erzählen Besucher vorder- und hinterasiatischer Freudenhäuser wahre Wundergeschichten über das ‚Zwinkern‘ ihrer Gespielinnen.

Da war das Stichwort: ‚Postkoitale Tristesse‘. Schon bei den ollen Römern, die ja wirklich keine Freunde der Traurigkeit waren, hiess es: „Post coitum ome animale triste, sed gallum, qui cantat“. Also: Nach dem Koitus sind alle Lebewesen müde, ausser dem Hahn, der singt (kräht). Nur bei unseren Autoren gibt es so etwas nicht. Da sind alle Männer Hähne. Nicht einmal eine kurze Pause wird ihnen nach dem Orgasmus zugebilligt, nein, sie ‚pumpen ihren Kolben‘ ohne Rast und Ruh weiter in die ihnen zugewiesene Körperöffnung.

Also, entweder sind diese Autoren Übermenschen, die nicht dieses Schmerzgefühl bei einer postcoitalen Reizung der Glans verspüren, oder aber sie haben keine einschlägige Erfahrung, sind also noch nie in der Lage gewesen zu versuchen, pausenlos weiter zu bumsen.

Wenn ich so etwas lesen, kann ich nur den Kopf schütteln und vermuten, dass der Autor oder die Autorin bei der Angabe ihres Alters geschwindelt haben und noch irgendwo in vorpubertären Bereichen schweben.

Dass bei der Schilderung einer Frau deren Schambehaarung ‚vom Nabel abwärts den Weg weist‘, halte ich für höchst unwahrscheinlich aber nicht für unmöglich. Jene Dame muss einen hohen Testosteronüberschuss besessen haben, genau wie jene Frauen, deren Klitoris überdurchschnittliche Grössen aufweisen. Da werde ich jedes Mal richtig neidisch, weil ich so etwas Schönes noch nie erlebt habe.

Die Schamhaare einer Frau kräuseln sich halbmondförmig, normalerweise nicht bis zum Nabel; die des Mannes zeltförmig bis zum Nabel.

Dass manche Autoren in der männlichen Physiologie nicht recht bewandert sind, mag verwundern. Aber da gibt es doch noch einige Tricks. Da ‚wird das letzte Sperma aus den Eiern gesogen‘, oder was ähnliche hirnrissige Beschreibungen mehr sind.

Ja, die Hoden produzieren das Sperma. Aber es wird nicht, wie manche zu glauben scheinen, im Sack, sondern in den Samenblasen gespeichert. Die sitzen völlig unspektakulär paarig zwischen dem Blasengrund und dem Arschloch.

(Rectum, im feinen medizinischen Ausdruck) Und von dort werden sie beim Orgasmus durch den Ductus Deverens, den Samenleiter, und weiter über die Harnröhre entleert. Welche Drüsen nun welche Anteile der Samenflüssigkeit produzieren, dürfte literarisch ohne Belang sein.

Wenn sich der Sack zusammenzieht, so hat das in den allermeisten Fällen lediglich mit der Zimmertemperatur zu tun. Dann ist es nämlich kalt. Ist es dagegen richtig warm, dann dehnt sich der Sack aus und bietet seine allergrösste Oberfläche.

Das hat nichts mit Sex zu tun, sondern ist lediglich ein Reflex, der die Hoden bei der für die Spermienproduktion optimalem Temperatur halten soll.

Ja, es kommt vor, dass beim Orgasmus des Mannes irgendwelche Reflexe die Hoden beeinflussen aber meistens in eine unangenehme bis schmerzliche Richtung.

Ich meine, man sollte die sogenannte dichterische Freiheit nicht mit sachlicher Unrichtigkeit verwechseln. Letztere führt in den meisten Fällen nicht zu der gewünschten höheren Akzeptanz, sondern eher zur Ablehnung des Geschriebenen, in unserem Falle zu minderer Punktzahl.

Schliesslich kann ich einen Autor nicht ernstnehmen, der beweist, dass er keine Ahnung hat, worüber er schreibt.

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