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Geschichten aus einer anderen Welt

Teil 1: Leyla

Der Weg von Runhagen aus war bisher recht gut verlaufen. Wenn er sein Tempo halten konnte, würde er in zwei bis drei Tagen in Anwelden ankommen, früher als er erwartet hatte. Nicht das er eine dringende Notwendigkeit hatte an einem bestimmten Ort anzukommen, er nahm Gelegenheitsaufträge an, hier und dort, aber es war immer schön, mal wieder unter Leute zu kommen. Die endlosen Tage auf der Straße waren nicht gerade das, was man sich unter einem Abenteurerleben vorstellt.

Man würde ihn gemeinhin wohl auch mehr als Tagedieb oder Landstreicher bezeichnen, dennoch sah es als einigermaßen ehrbar an, man erledigte eben Aufträge, die andere nicht tun wollten oder konnten, dennoch mussten sie gemacht werden.

Vor mehreren Leben, so schien es, war er von zu Hause aufgebrochen, auf der Suche nach etwas neuem, aufregendem. Um seine Familie trauerte er nicht, das Leben dort war voll von Erniedrigung und dem Gestank der Stadt gewesen, aber das Leben wurde mit der Zeit einsam.

Als Kind hatte er immer gedacht, es könne nichts Leidigeres geben, als hungernd in einer Ecke kauernd zu sitzen, um nicht im Schneesturm zu erfrieren. Stunden hatten sich angefühlt wie Tage, jeder einzelne Knochen wurde einem bewusst. Mittlerweile hatte er lernen müssen, dass es durchaus noch schlimmere Zustände geben konnte.

Noven schaute zum Himmel. Die große gelbe Scheibe neigte sich schon bedächtig weit Richtung Horizont, es war Zeit nach einem Rastplatz Ausschau zu halten, möglichst noch bevor die Dämmerung hereinbrach.

Diesen galt es mit Bedacht zu wählen, nicht zu nah an der Straße, aber auch nicht zu weit weg, um eventuelle Vorkommnisse früh erkennen zu können. Nachts kamen die Räuberbanden. Meistens hatte man Glück, doch Vorsicht war hier stets besser als Nachsicht. Noven wusste um die Gefahr, alleine zu reisen, die Räuber waren meistens zu dritt oder zu viert, doch er wusste sich zu verteidigen. Er hatte gelernt, dass man als Alleinreisender viel schneller flüchten konnte, falls es einmal Probleme gab und mit ein paar Räubern wurde er schon fertig.

Man musste nur wissen, wo man sich einen sicheren Schlafplatz suchte, um nicht in unbedachten Momenten überrascht zu werden.

In nicht allzu weiter Ferne sah er ein Waldstück auftauchen, der ideale Platz um Rast zu machen. Er lenkte seine Schritte in diese Richtung, mit der Gewissheit, dass sein Abendmahl heute sehr spärlich ausfallen würde. Auf dem Grasland, war es schwierig etwas zu jagen, zum Fallenstellen hatte er nicht die nötige Ausrüstung.

Er breitete seinen Schlafsack in einer kleinen Mulde aus, so würden ihn herannahende Personen nicht ohne näheres hinschauen ausmachen können. Seine beiden Säbel legte er wie immer griffbereit daneben. Während er diese Tätigkeiten ausführte, wurde ihm wieder einmal bewusst mit was für einer Selbstverständlichkeit er auf diese Weise die Nacht vorbereitete. Er zählte noch keine 25 Winter und doch fühlte er sich in Momenten wie diesen wie ein alter Mann. Er schüttelte den Kopf.

Das Leben in der Wildnis ließ einen Menschen manchmal schnell altern, viel zu schnell.

Wie es seine Gewohnheit war, ging er vor dem Schlafengehen noch einmal sicher, dass niemand seinen Schlafplatz entdecken würde. Eventuelle Fußspuren zu seiner Lagerstätte wurden verwischt und die Mulde mit ein paar Zweigen versteckt, so dass niemand auf die Idee kommen würde, dass es hier etwas zu holen gäbe. Die Einsamkeit war ein Schutz, nicht entdeckt zu werden.

Doch an diesem Rundgang heute Abend entdeckte er noch andere Spuren. Nicht, dass dies noch nicht vorgekommen wäre, es hieß nur normalerweise, dass er seinen Lagerplatz noch einmal verlegen musste, nicht dass ihn die falschen Leute beobachtet hatten. Doch diese Spuren waren anders. Er kniete sich hin, um zu sehen wo hin sie führten. Auf dem Waldboden waren die Abdrücke nur schwer zu erkennen, doch er sah, dass ihr Verursacher wahrscheinlich keine Schuhe trug.

Wer lief hier in dieser Gegend ohne Schuhwerk herum? Das konnte eigentlich nur ein ausgerissenes Kind von einem Hof oder einem Händler sein. Doch beides hatte er den ganzen Tag über nicht zu Gesicht bekommen, außerdem würde man solcherlei Gesindel von der Straße aus sehen.

Er seufzte. Es bedeutete so oder so, dass er sein Lager verlegen musste. Er ging zurück und packte seine Sachen ein, die Säbel griffbereit in die Gürteltaschen, und nahm sich vor ein wenig am Waldrand entlang zu gehen und nach einem anderen Platz Ausschau zu halten.

Er schulterte seinen Rucksack und wollte sich schon auf den Weg machen, auf einmal hörte er das Knacken von Ästen. Jemand anderes war hier. Das konnte auch einfach bedeuten, dass es jemand Weiteren auf der Durchreise gab, der nach einem Nachtlager Ausschau hielt, doch falls es Räuber waren, wollte er sich in Sicherheit wissen.

Bereit, sich verteidigen zu müssen ging er auf das Geräusch zu, dabei unbemerkt der eben entdeckten Spur folgend.

Langsam, um nicht selber durch seine Schritte aufzufallen, hörte er, wie sich das Geräusch auf ihn zubewegte. Es waren keine Schwere Schritte von Stiefeln oder bedachte, kein Geräusch zu verursachen, sondern es hörte sich an, als wäre ein Kind auf der Flucht. Eigentlich hatte er keine Lust den Babysitter zu spielen, aber was tat man nicht alles für ein anständiges Abendessen. Die Eltern würden bestimmt glücklich sein und ihm etwas abgeben.

10 Minuten später wurde ihm sein Fehler bewusst.

Er lief nun schon die ganze Zeit durch den Wald und drohte die Orientierung zu verlieren, da er ununterbrochen nach den Schritten lauschte, die Spur hatte er auf einem Stück felsigen Untergrund verloren. Sie waren schnell, wie von jemandem in Panik, ständig wechselten sie die Richtung. Dann sah er sie, den Verursacher dieser Schritte: Eine Frau, er schätzte sie auf etwa 20 Winter. Allein dieser Umstand war bereits ungewöhnlich. Reisende wie ihn gab es viele.

Doch Alleinreisende waren fast ausnahmslos männlich, Frauen reisten entweder in Gruppen als Nonnen oder in Begleitung. Diese hier war alleine und ihr Anblick machte klar, dass ihr Leben bald beendet wäre, wenn sie weiter so durch den Wald rannte. Sie blutete stark am linken Fuß, kaum noch fähig zu gehen. Sie würde nicht noch weitere 10 Minuten so laufen können, bevor der Blutverlust ihr die Besinnung rauben würde.

Als sie ihn erblickte sah er die blanke Panik in ihrem Gesicht.

Sie sah so aus, als würde sie weiterlaufen wollen, dem Tod in die Arme. Tränen und Schmerzen traten auf einmal in ihre Augen. Ihr Blick wurde flehend und sie sank vor ihr auf die Knie, unfähig sich weiter auf den Beinen zu halten. Er schob die Säbel, die er aus einem Reflex heraus gezogen hatte wieder in die Scheiden und ging auf sie zu. „Bitte, helft mir!“ hörte er sie leise, beinahe flehend, sagen, dann brach sie zusammen.

Sein Verstand sagte ihm, dass diese Frau bestimmt nicht ohne Grund geflohen war, und wenn er nicht dasselbe Schicksal erleiden wollte, sollte er möglichst schnell verschwinden. Doch er konnte nicht, er wollte diese Frau nicht dort liegen lassen. Er sah sich um, auf der Suche nach einem Ort sich zu verstecken. Keine zehn Meter entfernt sah er eine dichte Baumgruppe. Das musste reichen. Aus einem Bauchgefühl heraus hob er die ohnmächtige Frau hoch und trug sie mit hinüber.

Sie war nicht schwer, nicht ganz 60 kg schätzte er.

An der Baumgruppe angekommen, schob er ein paar Äste aus dem Weg und legte seine neue Begleitung auf den nun weichen Waldboden. Sie hatte am ganzen Körper Abschürfungen und kleinere Wunden, ihre Füße waren blutüberströmt. Kein Wunder, wenn man ohne Schuhe durch einen Wald rannte. Man musste schon so genug aufpassen, nicht gegen querstehende Äste zu laufen, auf der Flucht war dies in einem Wald fast unmöglich.

Er kannte die vorschnelle Entscheidung, in einem Wald könnte man sich leicht verstecken oder davonkommen. Aus Erfahrung wusste er, dass man gegen einen Verfolger, der sich ein wenig auskannte, fast chancenlos war. Geräusche wurden über den Waldboden einfach zu weit getragen, ein erfahrener Jäger würde außerdem ganz im Gegenteil zu seinem Opfer die passende Ausrüstung tragen. Sollte man jemanden töten oder einfangen, suchte man sich dazu entweder die Nacht oder einen Moment heraus, in dem das Ziel unvorbereitet war.

Dennoch, ein paar ihrer Wunden mussten eine andere Ursache haben, aber im Moment war das nicht wichtig.

Dies hatte der Jäger seines Opfers offensichtlich gut verstanden, blieb nur noch die Frage wie lang er sich darauf vorbereiten würde, sein Werk zu vollenden. Das er aufgegeben hatte, war unwahrscheinlich, dafür war die Frau offensichtlich zu weit gelaufen und ihre Wunden konnten wie gesagt nicht alle nur von der Flucht durch den Wald stammen.

Seine eigenen Schritte waren beinahe lautlos gewesen, dafür hatte er gesorgt, genauso wenig erwartete er, dass sich der andere vorher verraten würde. Dichte Baumgruppen wie diese hatten den Nachteil, dass man sich zwar gut verstecken konnte, aber auch nichts sehen konnte ohne seine Deckung aufzugeben. Die Blutspur würde seinem Verfolger den Weg weisen. Er würde kommen und wenn möglich sie beide entweder töten oder gefangen nehmen.

Lange Jahre in der Wildnis hatten ihn gelehrt, stets klar zu denken.

Ein normaler Bauer wäre wahrscheinlich angesichts seines nunmehr fast sicheren Todes verzweifelt. Er wusste, dass seine Entscheidung der Frau zu helfen, genau gegen diesen inneren Grundsatz verstoßen hatte. Ein Verfolger würde vor einem einzelnen Mann nicht halt machen. Er hatte zwar gelernt sich zu verteidigen, aber er musste oder wollte außerdem noch jemand bewusstloses schützen. Was hielt den Jäger davon ab, schnell ein Messer zu werfen und ihr Leben, welches sowieso schon kurz vor dem Ende war sehr schnell zu beenden? Er schüttelte leicht den Kopf.

Was er hier tat, war eigentlich nur der beste Weg sein eigenes Leben gleich mit zu beenden.

Kampfbereit lauschte er in den Wald hinein. Das hier würde also seine letzte Tat werden. Er hatte zu lange gezögert um noch fliehen zu können, man würde ihn sehen. Er warf einen Blick auf seine Begleiterin. Sie war eigentlich wunderschön: Um die 1,60m groß, mit glatten, bis über die Schulter fallenden blonden, fast weißen Haaren.

Ihr Gesicht war verkratzt und blutverschmiert und doch sah er einen fast magischen Anmut darin. Ihre Haut war wohl einmal jung und glatt gewesen, doch selbst wenn sie das hier überleben sollte würden einige Narben zurückbleiben. Ihre Kleidung war beinahe komplett zerstört, teilweise hingen nur noch dünne Stofffetzen herunter. Darunter ließen sich neben den vielen Wunden zwei ehemals wohlgeformte Brüste erkennen, nun waren sie von einer tiefen Winde überdeckt. Wenngleich sie eher schmächtig gebaut war, ließ sich eine nicht zu verachtende Kraft in ihren Muskeln vermuten.

Diese Frau war eindeutig nicht unerfahren darin, sich zu verteidigen. Bei näherem hinsehen erkannte er nun auch bereits ältere Verletzungen, keine davon war jedoch annähernd so schlimm wie die aktuellen. Was hatte sie also dazu getrieben, barfuß durch einen Wald zu flüchten?

Zeit darüber nachzudenken blieb nicht mehr, ihre Jäger hatten offenbar beschlossen, dass sie den Auftrag noch heute vollenden wollte. Reflexartig wich er einem heranfliegenden Messer aus, knapp ging es an seiner Brust vorbei.

Hätte sein Schütze besser gezielt, würde er nun wohl schon neben seiner Begleiterin liegen. Durch mehrere Jahre geschulter Kampfsinn und die Fähigkeit nur noch zu reagieren, schaffte er es seine Situation zu verdrängen und sich zu verteidigen. Vorerst jedenfalls.

Der Angreifer hatte seine Position unbedacht verraten, doch Noven kannte nicht ihre Anzahl, ein Angriff in Richtung derer, aus der das Messer kam wäre also ein Fehler. Er hörte einen knackenden Ast hinter sich und parierte gerade noch einen herannahenden Dolch.

Ohne groß zu überlegen, strich er seinem Angreifer mit seinem Säbel über die Kehle. Mitgefühl für seine Feinde oder Zögern konnte er sich nicht erlauben, hätte er sich dieses nicht schon vor Jahren abgewöhnt, wäre er schon längst tot. Mit einem bestätigenden Schlag fiel sein Angreifer tot zu Boden, ein Zeichen für seine Kumpane nicht mehr so leichtsinnig zu sein.

Sich auf die leisesten Geräusche konzentrierend stand er in der Mitte der Baumgruppe, wo sie sich versteckt hatten, stets bereit blitzartig zu reagieren.

Ein kurzer Seitenblick auf die geflüchtete Frau verriet, dass sie noch lebte und wohl kurz davor war, ihr Bewusstsein wiederzuerlangen. Er wünschte sich für sie, dass sie noch ein wenig ohnmächtig liegen bleiben würde, wenigstens, bis entweder er oder seine Gegner erledigt waren. Sollte sie jetzt aufwachen, würde das ihre Überlebenschancen deutlich senken.

Der zweite Angreifer versuchte es nun ebenfalls, mit einem lauten Wutschrei und einem großen Zweihandschwert stürzte er sich auf ihn.

Noven lächelte leicht. Er hatte mit dem sicheren Tod gegen einen erfahrenen Kopfgeldjäger gerechnet und bekam nun zwei einfache Räuber. Ein Ausfallschritt ließ seinen Angreifer ins Leere laufen und dort wurde er schließlich mit einem kurzen Säbelstreich niedergestreckt.

Er entspannte sich. Gäbe es noch einen dritten Angreifer, hätte dieser zusammen mit dem anderen angegriffen. So konnte er sich sicher sein, nicht noch mehr fürchten zu müssen. So viel Glück wie eben verhieß zwar selten Gutes, außerdem erklärte es nicht warum die Frau vor solch zwei Tölpeln geflüchtet war, doch er hatte jetzt andere Sorgen.

Er steckte seine Waffen wieder ein und machte sich daran ein geeignetes Nachtlager zu finden, wo er die Verletzte versorgen konnte.

Nach etwa einer halben Stunde, das letzte Licht des Tages drang gerade noch durch die Bäume hatte er endlich eine von Büschen umgebene Baumgruppe gefunden, die seinen Ansprüchen genügte. Normalerweise reichte ihm eine kleine Mulde, doch er hatte heute Abend ja noch jemanden dabei.

Sie war wieder in die Bewusstlosigkeit zurückgesunken, in den nächsten Stunden würde sie wohl nicht aufwachen.

Ihre Blutung hatte zum Glück weitgehend aufgehört, er musste also nicht fürchten, dass der Blutverlust noch schlimmere Folgen haben könnte. Er legte sie auf eine Stelle, die er vorher mit etwas Moos ausgelegt hatte. Den einzigen weiteren Schutz den er ihr noch bieten konnte waren eine dünne Wolldecke, die er selbst eigentlich um diese Jahreszeit als Schutz vor der Kälte verwendete, und ein paar eigene Kleidungsstücke, die er ebenfalls über sie legte. Auf seinen Reisen hatte er sich zum Glück eine medizinische Grundausbildung angeeignet, so trug er immer ein wenig Verbandszeug mit sich.

Dieses war ihm auch schon mehr als einmal nützlich gewesen, wenn er sich gegen eine Räubergruppe verteidigen musste.

Ohne lange weiter zu überlegen machte er sich an die Versorgung ihrer Wunden. Warum er dies eigentlich alles tat, war ihm immer noch nicht wirklich bewusst, aber es fühlte sich einfach richtig an. Stück für Stück schnitt er mit einem seiner Säbel ihre Kleidung vom Leib und reinigte die Wunden. Es ließ sich nicht vermeiden, dass manche Wunden dabei wieder aufrissen, doch er stoppte jedes Mal sofort den Blutfluss und legte um die größten Wunden ein Stück Verband.

Der große Schnitt über ihre Brust zwang ihn unweigerlich dazu, sich mit dieser länger zu befassen. Beinahe akribisch legte er ihr auch dort einen Verband an.

Dabei konnte er nicht umhin leicht über ihre Brüste zu streicheln. Sie waren gerade so groß, dass er sie nicht ganz mit einer Hand umfassen konnte. Er spürte wunderschön glatte Haut, und darunter ihren schwachen Herzschlag, fühlte wie sie zitterte, ob vor Kälte oder vor Schmerzen konnte er nicht beurteilen.

Noch ein letztes Mal strich er darüber und legte schließlich die Wolldecke über ihre Brust.

Langsam löste er die Reste ihrer Hose, ein durchaus seltener Umstand, dass eine Frau eine Hose trug. Doch irgendwie störte ihn das bei dieser Frau nicht, er spürte eine unglaublich starke Kraft in ihren Muskeln, spürte ihre Willensstärke. Sie würde nicht einfach aufgeben und ihren Schmerz dem Jenseits überlassen, sie würde kämpfen. Schließlich schnitt er auch den letzten Rest Stoff von ihrem Körper, die Wunden durften nicht verunreinigt werden.

Aus Gründen, die er selber nicht genau bestimmen konnte, ließ er beim weiteren Untersuchen auch ihrem Schambereich eine besonders sanfte, wenn auch aus Respekt sehr kurze Behandlung zukommen.

Schließlich stand er auf und betrachtete sein Werk. Obwohl wahrscheinlich mehrere Stunden vergangen waren, seitdem er sie so gefunden hatte, spürte er, dass er das richtige getan hatte. Eine magische Anziehungskraft ging von ihr aus, es war unmöglich sich ihr zu entziehen.

Obwohl sie mit einer Decke zugedeckt war, sah man ihre außergewöhnliche Schönheit. Noven hatte bereits mit vielen Frauen zu tun gehabt, jedoch hatte keine auf ihn diese Anziehungskraft ausgeübt. Ihr Körper glich für ihn einer zarten Elfe, wenngleich man gleichzeitig ihre Kraft sah. Er würde sie beschützen und pflegen, das stand fest. Wenn er Pech hatte, würde ihm das zwar ziemliche Schwierigkeiten bereiten, aber er würde sie vorerst keinen Moment alleine lassen. Eine innere Gewissheit machte sich in ihm breit, als sei es das wichtigste, was er in seinem Leben jemals getan hatte.

In dem Versuch ein paar wenige Stunden Schlaf noch bis zum Morgen genießen zu können legte er sich neben sie auf den harten Waldboden und rollte sich zusammen. Normalerweise suchte er ein wenig Moos als Unterlage zusammen, doch dieses hatte er ihr gegeben, genauso wie sämtliche Sachen, die sonst ihn die Nacht über warm hielten.

Er hatte es schließlich geschafft Schlaf zu finden, doch am nächsten Morgen wurden ihm die Unannehmlichkeiten nur allzu bewusst.

Durchgefroren und mit steifen Knochen machte er sich daran, ein paar Äste für ein Feuer zusammen zu suchen, am Tag würde es nicht auffallen. Seine Begleiterin lag zum Glück noch genauso regungslos da wie am Abend. Er wusste, dass, wenn sie nicht bald aufwachte, ihre Überlebenschancen sinken würden aber für den Moment war ein heilsamer Schlaf gut für sie.

So nah wie es möglich war machte er bei ihr ein kleines Feuer, auch um sich selbst ein wenig aufzuwärmen.

Er wärmte das Wasser von einem nahgelegenen Bach etwas auf und aß eine Scheibe trockenes Brot, die letzten Vorräte die er noch bei sich hatte. Die letzten beiden Scheiben Brot würde er seiner Begleiterin überlassen, wenn sie aufwachte.

Nach diesem spärlichen Mahl machte er sich wieder daran die Verletzte zu versorgen. Er träufelte ihr Wasser über die Lippen und sah nach den Wunden. Glücklicherweise hatte er alle gut verarztet, es gab keine Entzündungen.

So konnte er ein Wundfieber vermeiden und sie kam hoffentlich bald wieder zu sich.

Immer wieder erwischte er sich dabei, wie er sie gebannt anstarrte. Von wahrer Liebe hatte er bisher nur gehört, sein Leben war einfach nicht mit einer Frau an seiner Seite vereinbar. An Liebe auf den ersten Blick glaubte er eigentlich und verdrängte den Gedanken. Stets hatte er vermieden sich fest an einen Ort zu binden, sein Leben bestand aus einer einzigen großen Reise.

Dennoch wusste er, dass nichts anderes auf der Welt ihn sonst dazu bringen würde, seine ansonsten so mechanischen Abläufe derart zu vergessen.

Vielleicht hatte er aber auch einfach nur wieder eine Begleitung gesucht. Seit über 2 Monaten nun war er allein gewesen. Er liebte zwar die Einsamkeit, die Ungebundenheit, die man so genießen konnte, aber manche Dinge konnte man eben nicht ersetzen. Aus einem Impuls heraus gab er ihr einen schnellen Kuss auf die Lippen, bevor er aufstand.

Zart und schüchtern nur, aber langsam breitete sich ein Gefühl aus, dass er sie nicht einfach würde verlassen können, wenn sie wieder genesen war.

Noven wusste, dass er würde jagen müssen. Im Moment konnte er so wie so nichts weiter tun als ihre Schönheit zu betrachten, so rang er sich dazu durch, nach ein paar Tieren und Früchten Ausschau zu halten. Die große Scheibe war gerade vollständig aufgetaucht und er nahm sich vor, nicht länger als 3 Stunden weg zu bleiben.

Er würde den Stand des Lichtes beobachten. Ausgerüstet mit einem Messer und einem primitiven Bogen mit zwei Pfeilen machte er sich auf den Weg, nicht ohne vorher sicher zu gehen, dass das Lager niemand entdecken würde.
Die Jagd war anstrengend, wenn auch ertragreich verlaufen. Er hatte ein verletztes Reh treffen können, dieses sicherte ein einigermaßen nahrhaftes Mahl für die nächsten Tage. Die gelbe Scheibe hatte den Zenit bereits überschritten, als er schließlich mitsamt seiner Beute wieder am Lagerplatz ankam.

Er wusste, dass er zu lange gebraucht hatte, jedoch wollte er den Kadaver nicht liegen lassen, Tiere wären ihm sonst zuvorgekommen.

Das Feuer war ausgegangen also suchte er sich neue Zweige um erneut etwas Wärme bieten zu können. Als er wiederkam sah er, seine Begleiterin sich allem Anschein nach ein wenig zusammengerollt hatte. Er ließ das Holz liegen und trat an sie heran. Als er ihr die Haare aus dem Gesicht strich, um nachzusehen, ob sich ein Wundfieber entwickelt hatte schlug sie plötzlich die Augen auf.

„Wer…?“Sie ließ den Satz unvollendet, es bereitete ihr offenbar noch Schmerzen zu sprechen. Er strich ihr beruhigend über die Stirn. Es waren Tage vergangen, seitdem er das letzte Mal mit jemandem gesprochen hatte. „Ruhig, hab keine Angst. „, antwortete er. Es klang etwas rau. Etwas unbeholfen versuchte er ihr die Situation zu erklären: „Ich bin Noven, du bist bewusstlos zusammengebrochen, als ich dich nach einer Flucht durch den Wald gefunden habe.

Ich habe deine Wunden versorgt und mich um die Verfolger gekümmert. Sie sollten dir jetzt nichts mehr tun können. “

Sie setzte einen verständnislosen, dann wütenden Blick auf:“ Wer sagt mir, dass du nicht einer von denen bist? Und wo ist mein Gefährte?“Noven legte eine bleierne Traurigkeit in seine Stimme als er antwortete, daran hatte er nicht gedacht. Natürlich sah sie ihn als erstes als Feind an, alles andere wäre fahrlässig.

„Ich weiß nicht wo dein Gefährte ist, als ich dich gefunden habe bist du alleine durch den Wald gerannt. „Wahrscheinlich ist er tot, ergänzte er im Geiste, hielt es jedoch für besser, seine Vermutung nicht mitzuteilen, „ Ich kann dir nicht beweisen wer ich bin, aber wer würde dich erst jagen und dann deine Wunden versorgen?“ Sie schlug die Augen nieder und wollte zu einem einsichtigen Nicken ansetzen, die Schmerzen waren jedoch noch zu groß.

„Keine Angst“, wiederholte Noven noch einmal, „ ich werde dich für dich sorgen, bis deine Wunden verheilt sind. Du solltest dich nicht zu viel bewegen, die Wunden reißen sonst wieder auf. “ Sie musste die Wärme in seiner Stimme gespürt haben, denn sie zeigte ein leichtes Lächeln, so gut es ihr eben möglich war.

„Ich mach uns ein kleines Feuer. „Mit diesen Worten ging er zu seinen liegen gelassenen Ästen und schaffte es recht schnell auf der noch warmen Asche das Feuer wieder anzufachen.

Auf der Jagd hatte er außerdem ein paar Kräuter gesammelt, die er nun zusammen mit ein wenig Wasser über dem Feuer erhitzte. In der Hoffnung sich richtig an die Heilkräuter erinnert zu haben goss er das heiße Wasser in einen kleinen Holzbecher aus seinem Rucksack. Seine Begleiterin sah ihm dabei interessiert zu, blieb jedoch still.

„Trink das, es wird dir helfen. “ Während er das sagte setzte er sich neben sie und hielt ihr den Becher an die Lippen.

Sie öffnete diese leicht und trank langsam den heißen Kräutertee. „Danke“ sagte sie schließlich, als sie den Becher getrunken hatte. „ Schon gut“, meinte er, „ Gut, dass du wenigstens wieder bei klarem Verstand bist. “ „Warum tut ihr das alles für mich?“Ihre Frage machte Noven klar, dass er es hier mit einer erfahren Kämpferin zu tun hatte. Obwohl sie schwer verletzt war, sicherte sie sich wenigstens geistig ihre Situation ab. Sie war vorsichtig und das war gut so.

Als er antwortete musste er aufpassen, sich nicht in ihren dunkelblauen Augen zu verlieren. Als würde man direkt in den See der Wahrheit blicken. Obwohl sie im Moment durch ihren Zustand bedingt noch etwas trüb waren, wusste er, dass er noch nie in schönere geblickt hatte.

„Wenn ich ehrlich bin, weiß ich das selbst nicht genau. Es fühlt sich einfach richtig an. Kann man einen verletzten Menschen, der einen nicht zuvor angegriffen hat, einfach so im Wald liegen lassen?“ Er wusste, dass er nur die halbe Wahrheit erzählte.

Seine Fürsorge ging über das normale Maß hinaus. Es wäre wahrscheinlich klüger gewesen, eine Straße zu suchen und sie bis zur nächsten Stadt zu einem echten Heiler zu begleiten, doch aus irgendeinem Grund hatte er diese Möglichkeit von Anfang an nie in Betracht gezogen. Er wollte bei ihr sein, während ihrer Heilung. „Ihr zum Glück nicht. “ Ihrem Gesichtsausdruck bei der Antwort sah er an, dass sie sehr wohl verstanden hatte, nicht alles gehört zu haben.

Ihrem Blick ausweichend ergänzte er schließlich seine Antwort: „ Da ist noch etwas anderes, aber ich…“ Eine kurze Pause folgte, gerade zu lang, dass man es nicht mehr für eine Kunstpause halten konnte. „ Wie ich gesagt hatte, es fühlt sich einfach richtig an. Es erfüllt mich auf eine Weise, die ich bisher noch nie erlebt habe…“Eine weitere noch längere Pause folgte. Sie blickte ihn weiter mit einem völlig ruhigen Gesichtsausdruck an, beinahe wie die eigene Mutter, die den Geschichten ihres Kindes lauscht.

„ An dem Abend, wo ich dich gefunden habe, bin ich erst ein paar Spuren gefolgt. Ich dachte es seien die eines Kindes, das von seinen Eltern ausgerissen war und wollte es zurückbringen. Also folgte ich den Spuren und dem Geräusch von knackenden Ästen. Bald wurde mir klar, dass kein Kind solch eine Ausdauer gehabt hätte, doch ich lief weiter. Plötzlich erschienst du vor mir. „Hilf mir!“ war das einzige, was du gesagt hast, bevor du bewusstlos wurdest.

Zwei Räuber hatten dich verfolgt. Ich weiß nicht warum, aber ich hatte mir bei deinem Anblick geschworen, dich zu verteidigen. Glücklicherweise waren sie nicht allzu erfahren, was das jagen von Menschen im Wald anging, es war also kein … größeres Problem für mich. Danach habe ich dich hierher gebracht, um deine Wunden zu versorgen. „ Das Wesentliche, diese magische Anziehungskraft ihrerseits hatte er immer noch nicht erwähnt. Er würde damit warten, bis sie wieder einigermaßen gesund war.

Sie schloss die Augen, offensichtlich erschöpft von der nötigen Konzentration. Ihre Mimik verriet jedoch, dass sie sehr wohl wusste, dass er immer noch nicht die volle Wahrheit erzählt hatte.

Wer war diese Frau? Sie verfügte über einen überaus scharfen Verstand, war offensichtlich kampferprobt und doch flüchtete sie vor zwei halbstarken Räubern durch den Wald. Er selbst kannte sich gut aus in Wäldern und neigte oft dazu einige Fähigkeiten als selbstverständlich vorauszusetzen, aber warum floh eine erfahrene Kämpferin derart kopflos durch den Wald, nicht das eine Kämpferin an sich nicht schon überaus selten gewesen wäre.

Normalerweise waren solcherlei Tätigkeiten Männern vorbehalten.

Zum Abend schnitt er sich ein Stück von dem Reh ab und briet es über dem Feuer. Als es langsam dunkelte löschte er dieses, er wollte nicht entdeckt werden. Er wusste, dass die nächsten Tage und Nächte ähnlich unbequem für ihn verlaufen würden, wie heute. Eiskalte Nächte und der herannahende Winter machten die Zeit zu einem Gegner für ihn. Wenn er es nicht schaffte, seine Gefährtin bis zum ersten Schnee so weit zu pflegen, dass sie alleine würde laufen können sah es für sie beide schlecht aus.

Der nächste Morgen verlief ähnlich wie der erste. Mit etwas Holz entfachte er erneut das Feuer und er machte erhitze ein wenig Wasser. Seine Gefährtin schlief noch, also wartete er aus Respekt bis er ihre Wunden versorgen würde. Stattdessen lief er ein wenig um ihren Lagerplatz herum und suchte ein paar Kräuter zusammen, die er nachher zu einer Salbe würde verarbeiten können. Eine alte Frau hatte ihn einst als Entlohnung für seine Dienste in die Kräuterkunde eingeweiht.

Mittlerweile war ihm bewusst, wie wertvoll dieses Wissen geworden war.

Als er zurückkehrte, sah er, dass seine Begleiterin aufgewacht war. Er legte die Kräuter neben dem Feuer ab und kniete sich zu ihr. „Guten Morgen. „, begrüßte er sie sanft. Sie antwortete nicht sofort, offenbar war sie gerade eben erst wach geworden. „Morgen“, kam die Antwort dann noch etwas schläfrig. „Ich mach dir nochmal einen Tee. Du solltest möglichst viel trinken um deinen Blutverlust auszugleichen.

„Mit diesen Worten nahm er einige Kräuter aus seinem gesammelten Stapel heraus und erhitzte etwas Wasser. Wieder mit dem Holzbecher Tee in der Hand, setzte er sich zu ihr. Sie streckte vorsichtig einen Arm aus, um danach zu greifen, doch er wehrte ab. „Schon gut, ich weiß wie sehr das weh tut. Ich mach das schon. “ Damit setzte er ihr den Becher behutsam an die Lippen. Dabei sah er ihr tief in die Augen, wieder musste er aufpassen sich nicht darin zu verlieren.

Dankbar öffnete sie die Lippen und trank Stück für Stück den Tee.

„Ich würde gerne noch einmal nach deinen Wunden sehen“, sagte er, als der Becher leer war. Sie nickte leicht. Dies schien ihr schon deutlich besser zu gelingen als noch am Vortag, ihre Heilung ging also schnell. Er fasste die Decke, mit der er sie zugedeckt hatte an ihren Schultern und sah ihr noch einmal mit einem fragenden Blick in die Augen.

Sie signalisierte ihm Einverständnis und so zog er die Decke langsam von ihr herunter. Damit sie nicht fror, hatte er ein paar Kleidungsstücke von ihm mit dazugelegt, diese legte er nun auch vorsichtig beiseite. Nun lag sie vollständig nackt vor ihm, wenn auch mit einigen Verbänden am Körper.

Er hatte sie bereits vorher schon versorgt, jedoch noch nie als sie bei vollem Bewusstsein war. Stück für Stück kontrollierte er ihre Verbände, überprüfte, ob sich irgendwo Druckstellen oder Eiter gebildet hatten.

Dabei ging er wie beim ersten Mal von oben nach unten vor, sich diesmal der Wirkung seiner warmen Hände jedoch vollständig bewusst. Auf diese Weise fasste man eigentlich keine Frau an, erst recht keine, von der man noch nicht einmal ihren Namen wusste. Er redete sich jedoch ein, dass er die nur tat um ihr zu helfen, sie hatte ihm außerdem ihr Einverständnis gegeben. Trotzdem war es anders, als einen Bewusstlosen zu versorgen.

Beginnend am Hals arbeitete er sich langsam vorwärts.

Jeder Schnitt wurde akribisch kontrolliert, dabei stellte er fest, dass die kleineren schon fast verheilt waren. Sie hatte wirklich eine unglaubliche Kraft. Normalerweise brauchte so etwas bei gutem Zustand drei bis vier Tage, hier stellte sich die Heilung bereits nach der zweiten Nacht ein. An ihrem Schnitt auf der Brust hielt er sich etwas länger auf als nötig, erwischte sich dabei, wie er vorsichtig darüber streichelte. Dieser Moment war gerade lang genug um nicht mehr mit reiner Fürsorge erklärt werden zu können, sie zeigte jedoch keine Reaktion.

Langsam arbeite er sich weiter vor, musste jedoch feststellen, dass es selten etwas zu tun gab. Nur eine Wunde an der Seite war wieder leicht aufgebrochen, alles verheilte sehr gut. Als er an dem Bereich zwischen ihren Beinen ankam, stoppte er kurz. Sollte er wirklich so taktlos sein und sie einfach dort unten berühren? Um Bestätigung zu suchen, blickte er kurz auf zu ihr, sie hatte jedoch die Augen geschlossen. Also entschloss er sich möglichst sanft vorzugehen.

Sie zuckte leicht, als er sie berührte, entspannte sich jedoch sofort wieder. Hier hielt er sich nicht länger auf als notwendig, er wollte sie nicht verletzen. Dennoch musste sie gespürt haben, dass er nicht nur aus reiner Fürsorge so sanft gewesen war.

Schließlich legt er wieder die Kleidung und die Decke über sie. „Danke“hauchte sie, mit einem Unterton, den er nicht sofort einordnen konnte. Ihre Stimme war mittlerweile einigermaßen gefestigt, dennoch gab es da einen Hauch von Unsicherheit darin.

„Das ist doch selbstverständlich“, antwortete er, versucht seine Stimme fest und selbstsicher klingen zu lassen. Es gelang ihm nicht ganz, aber das Ergebnis war trotzdem recht zufriedenstellend. „ Du hast bist jetzt noch nicht nach meinem Namen gefragt, oder dich überhaupt erkundigt wer ich bin. Es ist nicht selbstverständlich, Fremde einfach so zu versorgen, ohne etwas über sie zu wissen. „ Er musste zugeben, dass sie damit nicht ganz Unrecht hatte. Doch er tat das Richtige, soviel war ihm bewusst.

„ Wer bist du also?“. Diese Frage war ihm wirklich schon lange durch den Kopf gegangen, hatte sich aus Respekt jedoch nie danach erkundigt. Es interessierte ihn, jedoch war die Antwort nicht notwendig um zu wissen, dass er sie auch weiterhin pflegen würde. Selbstverständlich nur, solange sie nichts dagegen hatte.

Sie ließ sich Zeit damit, auf seine Frage zu antworten. Also setzte er sich ans Feuer und begann damit aus den gesammelten Kräutern die Salbe herzustellen.

Sie würde nicht außergewöhnlich gut sein, aber für die aktuellen Zwecke musst es reichen. „ Was stellst du her? „ fragte sie schließlich. Dabei blickte sie interessiert in seine Richtung. Sie würde seine Frage also vorerst nicht beantworten, sie hatte bestimmt ihre Gründe dafür. „ Eine Kräutersalbe. Sie sollte helfen, dass deine Wunden schneller verheilen. “ Mittlerweile wusste er durch die Untersuchungen sicher, dass ihre Wunden nicht nur von der Flucht durch den Wald stammen konnten.

Dafür waren einige zu tief.

Ohne ein weiteres Wort zu sagen schaute sie ihm bei seiner Arbeit etwa eine halbe Stunde lang zu. Plötzlich, ohne dass er etwas gesagt oder getan hätte, begann sie zu erzählen: „ Man nennt mich Leyla al Ruven. Wo ich herkomme? Von Überall und Nirgendwo. Meine Eltern waren fahrende Händler, ich hatte nie ein besseres Zuhause als einen klapprigen alten Wagen, vollgestopft mit allem möglichen Plunder.

Bis ich 15 war, lernte ich bei meinen Eltern, fest davon überzeugt ihr Handwerk weiterzuführen. Was blieb mir auch sonst übrig? Andere Aussichten gab es nicht. Drei Tage nach meinem Geburtstag sollte sich meine Welt ändern. Wir hatten es nicht mehr geschafft am Abend noch die schützende Stadt zu erreichen, also waren wir gezwungen am Rand der Straße zu übernachten. Dergleichen hatten wir schon oft getan, jedoch stets mit Begleitschutz. Es war gefährlich hier zu rasten, aber es gab keine andere Möglichkeit, die Stadttore waren bereits geschlossen.

Die Götter wollten wohl diesen Leichtsinn nicht ungestraft lassen. In der Nacht überfielen uns Räuber, stahlen den Wagen und töteten meine Eltern, die ihr Hab und Gut verteidigen wollten. Aber das ist Vergangenheit.

Das einzige, was ich aus dieser Zeit noch im Gedächtnis habe, ist das, was ich mir beim Anblick meiner toten Eltern geschworen hatte. Ich war feige geflüchtet, während meine Eltern ihr Leben ließen. Ich würde nie mehr flüchten, nie mehr zulassen, dass andere Menschen solch ein Leid ertragen mussten.

Von kindlicher Naivität getrieben setzte ich meinen Plan in die Tat um. Am nächsten Tag lief ich in die Stadt, die wir nicht mehr erreicht hatten. Eigentlich hätte ich spätestens hier merken müssen, wie naiv ich gewesen war, zu glauben, ich würde ohne Hab und Gut zurechtkommen. Doch hier half mir das Schicksal, welches mich vorher so gestraft hatte auf die Sprünge. Durch reinen Zufall wurde ich bei einem Milizsoldaten als Rekrut aufgenommen. Obwohl solche Tätigkeiten für Frauen normalerweise untypisch sind, lernte ich meinen Körper zu nutzen, lernte den Tanz des Todes.

Ich war stolz auf meine Veränderung. Niemals wieder würde ich zulassen, dass andere Menschen im Kampf um ihre Lebensgrundlage sterben würden. Zum Ende meiner Ausbildung war ich eine durchtrainierte Kämpferin, stets bereit dem Bösen entgegen zu treten.

Ich war so naiv gewesen. Nach meiner Ausbildung nahm ich einen Auftrag als Karawanenführerin zusammen mit einem Freund aus meiner Lehrzeit an. Dies hier ist das Ende dieses Auftrags…

Innerhalb eines Monats hatte ich lernen müssen, dass die Wirklichkeit anders funktionierte, dass Räuber hinterhältig auf einen ungünstigen Moment warteten.

Die Lektionen waren hart, doch ich meisterte sie, musste sie meistern, ansonsten wäre mein Tod sehr schnell eingetreten.

Doch vor ein paar Tagen schließlich…“Sie stoppte, schüttelte leicht den Kopf.

„ Du musst es mir nicht erzählen, wenn du nicht möchtest. „, antwortete Noven nach ein paar Minuten Stille. Sie hatte sich derweil abgewendet, als er von seiner Arbeit hochschaute, sah er kleine Tränen in ihre Augen treten.

Er wusste, wie schwer Verluste wiegen konnten. Nicht umsonst hatte er sich für seinen aktuellen Lebensweg entschieden, auch wenn er damals keine große Wahl gehabt hatte.

Schließlich beließ er es bei seinem bisherigen Fortschritt und beschloss, am nächsten Tag sein Werk zu vollenden. Er briet ein paar Stücke Reh über dem Feuer und schaffte sich und seiner Begleiterin so ein einigermaßen annehmbares Abendmahl. Sie hatte bisher kein Wort mehr gesprochen und er beließ es dabei.

Mit der Zeit würde der Schmerz über einen Verlust zwar nicht verheilen, aber man lernte damit umzugehen. Trotzdem nahm sie mit einem dankbaren Gesichtsausdruck ein wenig von dem Reh an und schlief danach relativ schnell ein.

Seine Nacht war wie die vorherigen ebenso unbequem, zum Glück war der Winter dieses Jahr nicht zu früh, der erste Schneefall ließ noch auf sich warten. Als er mit den ersten hellen Stunden des neuen Tages aufwachte, war seine Begleiterin zu seiner Verwunderung schon wach.

Sie hatte sich aufgesetzt und sah ihn mit einem entschuldigenden Blick an. „ Ich wusste nicht, dass du meinetwegen sogar ohne eine Decke übernachten musst… „ „ Schon gut, es geht schon. „ gab er zurück, es war aber wohl nicht zu übersehen, dass sein Nachtschlaf alles andere als erholsam gewesen war. „Warte hier kurz, ich kümmere mich um dein Frühstück „, sagte er beim aufstehen. Wie mittlerweile jeden Morgen holte er etwas Wasser, erhitzte es über dem Feuer und mischte für sie ein paar Kräuter mit hinein.

Sie nahm den Tee dankend an und trank ihn vorsichtig. Diesmal benötigte sie dabei keine Hilfe mehr, durchaus schade, wie er fand. Er hatte ihr gern beim Essen und Trinken geholfen.

Bevor er nach ihren Wunden sah, machte er sich als erstes daran seine Kräutersalbe zu vollenden. Nach 2 Stunden war er damit fertig, sie hatten dabei kein Wort gesprochen, er spürte aber auf fast magische Weise, wie das einfache zusammen Sitzen eine Art Vertrauensbasis schuf, vielleicht aber wünschte er sich dieses Vertrauen aber auch so sehr, dass er sich dieses Vertrauen nur einbildete.

„ Ich werde nun deine Wunden hiermit behandeln, es wird helfen. „ sagte er schließlich. Sie nickte, vermied dabei jedoch den Blickkontakt. Sie legte die Decke zur Seite, mit der sie bedeckt war und wartete darauf, dass er anfangen würde. Er blieb dabei wieder jenen Moment zu lange mit seinem Blick an ihr hängen, der außerhalb der schicklichen Zeit fiel, schaffte es jedoch letztendlich sich loszureißen und mit der Behandlung zu beginnen.

Behutsam strich er dabei über beinahe jede Stelle ihres Körpers, darauf bedacht möglichst sanft vorzugehen.

Ihre Wunden verheilten gut, wenngleich sich an einigen Stellen bereits dünne Narben abzeichneten. Dagegen würde er nichts unternehmen können, jedoch taten diese Narben ihrer Schönheit keinen Abbruch. Es ließ sie als unermüdliche Kämpferin erstrahlen, ein Sinnbild der Stärke. Als er fertig war, betrachte er sein Werk. Jede größere Wunde war neu verbunden und mit etwas Salbe bestrichen. Wenn die Heilung weiter so schnell voranschritt, würde sie in einer Woche bereits wieder fast voll einsatzfähig sein.

Die Wunde an ihrem Fuß hatte glücklicherweise keine Muskeln verletzt, so würde sie in ein bis zwei Tagen auch wieder laufen können. Sie zitterte leicht vor Kälte, er nahm sich vor aus ein paar Stoffresten ihr eine einigermaßen tragbare Kleidung zu schneidern. Aus einem Impuls heraus begann er leicht sie zu streicheln, er redete sich ein das würde sie warm halten, wusste dabei jedoch, dass seine Handlungen noch andere Gründe hatten. Er hatte sich in sie verliebt, ohne dass er es herausgefordert oder gewollt hatte.

Sanft arbeitete er sich von ihrem Bauch zu ihren Brüsten hoch, sich bewusst, dass dies eigentlich zu weit ging. Auf die kleinste Reaktion ihrerseits wartend und sich bewusst wie tief ihre Wunden noch waren, streichelte er möglichst sanft darüber, ihre Schönheit genießend.
Wie bereits am Vortag zeigte sie keine Reaktion, also ging er diesmal weiter. Er begann vorsichtig ihre sich aufrichtenden Brustwarzen zu bearbeiten, sich seiner Wirkung bewusst. Ihr entwich ein scharfer Atemzug, zeigte jedoch sonst keinerlei Regung.

Er lächelte, es schien ihr also zu gefallen. Dennoch deckte er sie nun wieder mit der warmen Decke zu, sie sollte sich erholen können.

„In Ordnung, ich bin fertig. “ sagte er sanft, als sie wieder bedeckt war. „Ich weiß „ antwortete sie, die Augen immer noch geschlossen. Sie sah aus, als würde sie schlafen, lauschte jedoch einfach nur den Klängen des Waldes. Er holte eine alte Jacke und ein paar Stoffreste, die er von seinen Kleidungsstücken übrig hatte heraus und machte sich daran, ihr Kleidung zu nähen.

Seine Fähigkeiten waren nicht sonderlich ausgeprägt, aber fürs Erste musste es reichen. Bisher hatte sie schließlich überhaupt nichts zum anziehen und war dazu verdammt unter der Decke zu bleiben. Dabei rief er sich noch einmal das Gespräch vom Vortag ins Gedächtnis. Leyla hatte ihm von ihrer Vergangenheit erzählt, er hingegen hatte ihr bisher nur seinen Namen genannt. Es musste überaus unbequem sein, an einem unbekannten Ort verletzt und beinahe hilflos zu liegen, einem Fremden ausgeliefert der sie eindeutig begehrte.

Ohne dass er von seiner Arbeit hochgesehen hätte, spürte er wie sie ihren Blick auf ihn richtete und ihm interessiert zu sah. Wie so lange Zeit an den letzten Tagen lag sie einfach nur da und schaute ihm zu. Er genoss es, jemanden bei sich zu haben, genoss das Gefühl, sie bei sich zu haben. Ihm entwich ein leichter Seufzer. Die Zeit der Einsamkeit war lang gewesen, vielen Dingen hatte er entsagen müssen.

Gegen Abend war er fast fertig mit dem Oberteil, morgen würde er eine Hose fertigen können. Das Abendessen war wie die letzten Tage auch etwas karg, ein Stück Reh mit Wasser, es reichte jedoch zum Überleben. Er löschte das Feuer und rollte sich neben seiner Gefährtin auf dem Boden zusammen. Fast hätte er der Versuchung nicht widerstehen können, ihr einen Gutenachtkuss zu geben, unterließ es dann aber und wünschte ihr eine gute Nacht.

Am nächsten Morgen war er wieder als erstes wach. So konnte er in Ruhe ein kleines Feuer entfachen und Wasser holen gehen. Darauf wartend, dass sie aufwachen würde, betrachtete er sie, wie sie schlief. In letzter Zeit erwischte er sich immer öfter, noch häufiger als anfangs, wie er sie gebannt betrachtete, als wäre sie ein wunderschönes Kunstwerk. Er erschrak beinahe, als sie die Augen öffnete und ihn direkt ansah. „ Guten Morgen“, brachte er gerade noch heraus.

„ Guten Morgen antwortete sie, mit einem wunderschönen Lächeln auf den Lippen, „Machst du etwas zum Essen?“ „Natürlich, ich wollte nur warten bis du wach bist, damit der Tee nicht kalt wird. “ Er musste sich von ihrem Anblick losreißen, begann dann aber damit, das Wasser zu erhitzen.

Das Essen schmeckte mittlerweile fade, es waren schließlich schon ein paar Tage seit der Jagd vergangen. Doch für Heute musste es noch reichen, wenigstens die Hose wollte er heute noch fertig bekommen.

Sie würde bald wieder laufen können und das ging nicht nur mit einer Decke bekleidet. Mit diesem Gedanken machte er sich unmittelbar nach dem Essen an die Arbeit.

„ Siehst du heute nicht nach meinen Verletzungen? „, fragte Leyla als sie mit ihrem Essen fertig war. Die Frage klang harmlos, dennoch verband Noven damit mittlerweile noch etwas mehr. Bei den letzten Malen war er etwas unschicklich vorgegangen, sie musste seine Bemühungen bemerkt haben.

Jetzt forderte sie diese geradezu heraus. Etwas verwundert aber auch erleichtert antwortete er:“ Jetzt nicht, ich möchte dass du etwas anständiges zum anziehen hast, wenn du wieder aufstehen kannst. „ „Schade…“, antwortete sie. Es war ihr unmittelbar herausgerutscht, es war nicht sie sondern ihr Herz gewesen, was gesprochen hatte. Man sah ihr an, dass sie nicht überlegt hatte, was diese Antwort bedeuteten konnte. Dennoch klang es ehrlich, wie alles was man direkt aus dem Herzen heraus sprach.

Sie musste seinen verwunderten und zugleich überraschten Blick bemerkt haben, ansonsten hätte sie ihm wohl einfach weiter bei seiner Arbeit zugesehen: „ Tut mir leid, ich wollte nicht… „ fuhr sie fort. Ihm huschte ein kaum merkbares Lächeln über das Gesicht. Seine unbeholfenen Annäherungsversuche hatten anscheinend Wirkung gezeigt, wenn diese auch im ersten Moment unbeabsichtigt war. „ Ruh dich einfach aus, ich bin bald fertig. „ antwortete er und widmete sich wieder der Hose.

Aus dem Augenwinkel beobachtete er, wie sie versuchte, ihre Muskeln nach so vielen Tagen des Liegens wieder zu spannen. Sie war die Bewegung gewohnt und ertrug es nicht länger untätig daliegen zu müssen. Durchaus verständlich wie er fand, also ließ er sie gewähren. Die Wundsalbe sollte ein Wiederaufreißen der Wunden verhindern.

Ohne, dass er weiter darauf geachtet hätte, stand sie plötzlich vor ihm, sich auf ihren gesunden Fuß stützend.

Das war jedoch nicht das Problem, sondern, dass sie sämtliche Decken einfach liegen gelassen hatte und nun völlig ohne Scham nackt vor ihm stand. Statt sich über diesen Zustand zu beklagen, sah sie ihn interessiert von oben herab an, den Kopf leicht schiefgelegt. „ Du machst eine Hose für mich? Es ist für Frauen nicht üblich, Hosen zu tragen. „ Er wusste nicht inwieweit sie die für ihn sehr ungewöhnliche Situation wirklich realisierte, jedoch schien sie erstaunlich schnell wieder geheilt zu sein.

Das Stehen war offenbar jedoch noch sehr anstrengend, also setzte sie sich ihm gegenüber an das Feuer. Als sie sich gesetzt hatte, antwortete er vorsichtig: „ Als ich dich gefunden habe, hattest du auch eine Hose an…“ Sie nickte. Dabei sah sie sich nach dem bereits fertiggestellten Pullover um und zog ihn sich über. Er saß gar nicht einmal so schlecht, auch wenn er aus alten Stoffstücken zusammengenäht war. Es bot jedoch einen einigermaßen effektiven Schutz gegen die Kälte.

„Vielen Dank für alles, was du für mich tust. Ich trage wirklich ungern ein Kleid oder ähnliches, darin kann man sich nicht ordentlich bewegen. Ich wurde dazu ausgebildet, zu kämpfen, beweglich zu sein und das geht nun mal nicht in einem Kleid. “ Sie senkte den Kopf und ein Anflug von Traurigkeit mischte sich in ihre Stimme, „Ich fürchte jedoch es wird noch einen Moment dauern, bis ich wieder für mich selbst sorgen kann, selbst das Stehen bereitet mir noch Schwierigkeiten.

“ „Wenn deine Heilung weiter so voranschreitet, wirst du in einer Woche alleine klar kommen können. „, antwortete er, sich bewusst, dass er sie danach wohl nie wieder sehen würde. Er pflegte sie, bis ihre Verletzungen verheilt waren, danach war seine Arbeit beendet.

Den ganzen Tag über arbeitete er an ihrer Kleidung, wie auch die anderen Tage sah sie ihm dabei interessiert zu. Mit der Zeit hatte er gemerkt, dass seine Begleiterin sich ihres Eindrucks wohl bewusst war und er musste sich immer öfter daran erinnern, dass er diese Frau eigentlich gar nicht wirklich kannte.

Trotzdem, zwischen ihnen war eine Art unsichtbares Band entstanden. Sie hatte nie lange miteinander geredet, aber das war auch nicht notwendig. Sie spürte seine Hingabe, wie er wie völlig selbstverständlich ihre Verletzungen behandelte. Er wusste, dass er sie liebte, auch wenn diese Liebe wahrscheinlich unerfüllt bleiben würde. Ihre Art wie sie redete, ihr Duft, ihre Augen, einfach alles an ihr faszinierten ihn, nachts wärmte ihn der Gedanke an sie. Ihre Verbindung brauchte keine Worte, das bloße Beisammensein reichte um sich zu verstehen.

Noven wurde immer unsicherer wie er damit umgehen sollte.

Den Gedanken beiseite schiebend, präsentierte er ihr seine gerade fertiggestellte Arbeit. Sie nahm das Kleidungsstück dankend an und war nun vollständig bedeckt. Niemand hätte vermutet, wenn er sie jetzt so sah, dass sie beinahe den ganzen Tag halbnackt am Feuer gesessen hatte.

Das Licht wurde langsam spärlicher und er ging wieder daran, für das Abendessen zu sorgen.

Den ganzen Tag über hatte er es vermieden, nach ihren Wunden zu sehen, hatte Angst davor diesmal zu weit zu gehen. Sie waren sich mittlerweile auf eine gewisse Art und Weise vertraut und er wollte diese Vertrautheit nicht aufs Spiel setzen.

Wie selbstverständlich löschte er nach dem Essen das Feuer und rollte sich wieder auf dem Boden zusammen, wo er sich mittlerweile auch einen etwas weicheren Untergrund beschafft hatte. Dabei spürte er ihren Blick auf seinen Rücken, spürte dass sie verstand.

Verstand, wie nah sie wirklich am Rand des Todes gewesen war und welch Anstrengungen von ihm ausgegangen sein mussten, um sie vor diesem Schicksal zu bewahren. Allein für diese Momente tat er dies alles. Ihre Dankbarkeit war die Heilung für seine Wunden, auch wenn diese nicht zu sehen waren, dazu waren sie mittlerweile zu tief in seiner Seele eingeschlossen. So erfüllt wie lange nicht mehr schlief er diesen Abend ein, mit der Bestätigung im Herzen etwas Gutes bewirkt zu haben.

Diesem Umstand war wohl auch geschuldet, dass er am nächsten Morgen erst aufwachte, als der frühe Morgen wohl schon eine Stunde vorüber war. Die Lichtstrahlen, die durch die Bäume fielen waren bereits kräftig und obwohl die nächtliche Kälte zu spüren war, fühlte er sich das erste Mal seit Tagen ausgeruht. Er hörte ein Feuer knistern und als er aufstand, sah er seine Gefährtin bereits am Feuer sitzen, mit der Hälfte des noch übriggebliebenen Rehfleischs in der Hand.

Mit einem freundlichen „ Guten Morgen „ begrüßte sie ihn. „ Ich hole noch etwas Wasser, bin gleich wieder da. „, rief er ihr zu und machte sich auf den Weg zum nahgelegenen Bach. Etwa 10 Minuten später war er wieder zurück. Seine Begleiterin war bereits fertig mit ihrem Frühstück und wartete auf ihn. Während das Wasser über dem Feuer erhitzte, suchte er seine letzten noch verblieben Kräuter für ihren Tee zusammen.

Sie sah ihm dabei wie immer interessiert zu, war diesmal jedoch wissbegieriger als die vorherigen Tage. „ Was sind das für Kräuter? „, fragte sie. Er zuckte mit den Schultern. „ Ihre Namen kenne ich nicht, ich habe mir nur gemerkt, wie sie aussehen, für was sie verwendet werden und wo man sie findet. Ich kenne mich auch nicht sonderlich gut damit aus, aber für eine schnelle Versorgung reicht es. “ Sie neigte kurz den Kopf, ein angedeutetes Nicken und nahm sich den gerade fertig gewordenen Kräutertee.

Während sie diesen vorsichtig trank, betrachtete er ihr Gesicht. Von den Wunden war fast nichts mehr zu sehen, nur ein paar wenige Narben würden wohl zurückbleiben. Seine gestrige Einschätzung, es würde noch eine Woche dauern, bis sie wieder genesen war, war demnach deutlich übertrieben gewesen. Die Hälfte der Zeit würde reichen.

„ Was ist? „ fragte sie, als ihr Tee leer war. „ Deine Wunden verheilen sehr schnell, so etwas habe ich noch nie gesehen.

Ich sollte mal nach deinen Verbänden sehen, du solltest bereits heute wieder einigermaßen gut laufen können, wenn auch die restlichen Verletzungen so gut verheilt sind. „ Ihre Antwort bestand aus einem Lächeln, dessen Ausdruck er nicht genau einordnen konnte. Einerseits zeigte es Erleichterung, andererseits war dahinter auch ein wissendes Lächeln auszumachen, als ahnte sie, warum sie so außerordentlich schnell gesund wurde. Immer noch wusste er nicht, ob er diesen Umstand der schnellen Heilung wirklich begrüßen sollte.

Natürlich freute er sich über ihre Genesung, freute sich, dass es ich mit jedem Tag sichtlich besser ging, aber er spürte auch die Zeit des Abschieds schneller kommen als erwartet. Ihre Gesellschaft war für ihn mittlerweile fast selbstverständlich geworden: Er wollte diese Zeit eigentlich nicht beenden.

Schließlich setzte er sich neben sie, um nach ihren Verbänden zu sehen. Er zögerte kurz, sie nun ihren neuen Kleidungsstücken zu entledigen. Falls die Wunden wirklich so schnell verheilt waren, würde das heute das letzte Mal sein, dass er sie untersuchen würde.

Sie signalisierte ihm Einverständnis, man sah ihr an wie gern sie sich wieder würde bewegen können wie vorher. Schließlich zog er ihr seinen selbst hergestellten Pullover über den Kopf, ein letztes Mal würde er sie so sehen, konnte ihre Schönheit betrachten und damit ihren beinahe perfekten Körper. Wie immer begann er an ihren Schultern, die Wunden dort waren genauso wie diese im Gesicht kaum mehr sichtbar. Er arbeitete sich vor, bis er an dem ehemals großen Schnitt über ihre Brust ankam.

Nachdem der Verband abgenommen war, offenbarte sich auch dieser nur noch als kaum zu beachten.

Mittlerweile hatte Leyla sich hingelegt, die Augen wie das vorige Mal geschlossen. Leicht streichelte er über ihre Brüste, wobei er spürte, wie die Kälte ihr in diesem Zustand noch zu schaffen machte. Er fuhr fort damit, ihren Brustansatz erst in weiten Bögen, dann in immer engeren langsam zu umkreisen. Sehr langsam fuhren seine warmen Hände über ihren Körper, übertrugen seine Wärme auf sie.

Er spürte, wie ihre Atmung fast unmerklich schneller wurde, wusste, dass es ihr gefiel.

Plötzlich stoppte er abrupt und widmete sich den anderen verletzten Stellen. Er konnte ausnahmslos die Verbände entfernen, auch die Wunde an ihrem Fuß war zwar noch sichtbar, jedoch nicht mehr gefährlich. Sie würde wieder laufen können.

Ihre Hose hatte er bis zum Schluss angelassen, teils aus Schutz vor der Kälte, teils aus Angst zu weit zu gehen.

Um den Verband an ihrem linken Oberschenkel abnehmen zu können, fasste er sich letztendlich ein Herz und zog sie ihr langsam aus. Ihre Schönheit war einfach überwältigend. Wie schlafend lag sie vor ihm, verletzlich wie ein Neugeborenes. Wieder einen Moment zu lange blieb er an ihrem Anblick hängen, bevor er sich schließlich ihrem Verband widmete. Auch diesen konnte er ohne Bedenken entfernen, seine Arbeit als Heiler war damit beendet.

Um ihr zu sagen, dass er fertig war, beugte er sich zu ihrem Gesicht vor.

Dabei strich er noch einmal mit der Hand ihren Körper entlang, angefangen von ihren Fußspitzen bis zu ihren Hals, ganz sanft, so dass man nur einen leichten Luftzug spürte. Ohne darüber nachzudenken, was er tat, begann er ganz sanft ihre Brüste zu massieren. Erst war es nur ein sanftes darüberstreichen bis er immer mutiger wurde. Ihr Atem wurde wieder schneller, ihr Herzklopfen wurde spürbar intensiver. Ganz vorsichtig umfasste er ihre Brüste, strich erst sanfter darüber, bis dieses Streichen zu einem leichten kneten wurde.

Wieder etwas sanfter begann er sich ihren Brustwarzen zu widmen, erst ganz sanft umkreisend, bis er langsam anfing sie zwischen seinen Fingern zu drehen. Er spürte wie auch ihn seine Handlungen nicht ganz unberührt ließen, auch er begann kaum merklich schneller zu atmen. Viel länger würde dieser Moment nicht mehr bestehen bleiben, auch wenn sie sich mittlerweile sichtlich bemühte ihm ihre Erregung nicht zu zeigen.

Als sie ihre Augen aufschlug stoppte er, wusste, dass er hiermit zu viel getan hatte.

Er öffnete die Lippen um zu einer Entschuldigung anzusetzen, doch diese wurde durch ihren sanften Kuss erstickt. Ganz sanft hatte sie die Arme um ihn geschlossen und ihn an sich gezogen. Der Kuss schien in dieser wundervollen Umarmung nicht enden zu wollen, minutenlang lagen sie einfach aneinandergeschmiegt da, ihre Münder auf den des anderen gepresst. Niemand von ihnen traute sich etwas an der Situation zu verändern, er selbst fühlte die pure Erfüllung. Er würde sie nicht mehr loslassen.

Die Genesung war zwar schnell vorangeschritten, doch die Zeit die sie miteinander verbracht hatten schien endlos. Noch nie war er so lange in der Nähe einer einzelnen Person geblieben, ohne dass dies auf rein rationaler Basis beruhte, als direkte Anstellung. Nie hatte er sich derart stark zu jemand anderem hingezogen gefühlt, wie zu dieser Frau. Ihr Zusammentreffen war unter widrigen Umständen geschehen, doch genau diese stellten sich in diesem Moment als die besten dar.

Wie es sonst seine Art war, wären sie höchstens einen Tag zusammen gereist, bis sich ihre Wege getrennt hätten. Das Schicksal hatte jedoch einen anderen Weg eingeschlagen.

Langsam wurde ihr Kuss fordernder, er spürte wie ihre Zunge sanft Einlass verlangte. Er gab ihrer Forderung nur zu gerne nach und zog sie noch fester an sich, wärmte sie allein mit seiner Liebe. Liebe, zum ersten Mal in seinem Leben erlebte er, was dies wirklich hieß.

Es hieß nicht die hemmungslose Lust aufeinander oder pflichtbewusste Fürsorge, zum ersten Mal spürte er, wie die Wärme sein Herz erreichte.

Nach einer gefühlten Unendlichkeit lösten ihre Lippen sich voneinander, ein Gefühl von einer aus dem inneren kommenden Wärme blieb zurück. Ihre Handlungen benötigten keine Worte, eine unendliche, aus der tiefsten Seele entspringende Vertrautheit machte sich breit. Es war, als könnten sie die Gefühle und Gedanken des anderen hören. Wie so lange Zeit in den vergangenen Tagen reichte ein kurzer Blick in die unendliche Weite ihrer klaren Augen, um stumme, aber dafür umso intensivere Zuneigung darin zu erkennen.

Dieses Mal jedoch, ging diese Zuneigung weiter, er wollte sie spüren, ihre Liebe am ganzen Körper erfahren.

Eine samtweiche Hand strich langsam über seinen Rücken, und bahnte sich ihren Weg unter seinen Pullover. Die Kälte des Winters war vergessen, allein die Hitze ihrer beiden Körper reichte aus um sie zum kochen zu bringen. Die Hand strich langsam von seinem Hosenbund aus wieder nach oben und nahm sein Oberteil mit. Es fühlte sich an, als würde er von Engelsfedern gestreichelt, spürte ihre wunderbar sanfte Haut.

Vorsichtig löste er die Umarmung, die sie immer noch fest gehalten hatten und half ihr, ihn vorsichtig von seiner Kleidung zu befreien. Ein weiterer, langer und intensiver Kuss folgte. Dabei suchten sich seine Hände wieder den Weg über ihren Rücken entlang bis zu ihren Brüsten. Kurz davor drehte er um und streichelte langsam, aber bestimmt ihren Bauch. Wohlwissend um die noch nicht ganz verheilten Verletzungen, achtete er darauf möglichst sanft vorzugehen. Mehr als einmal hatte er sich vorgestellt, wie es wohl sein würde, wenn Leyla seine Liebe erwiderte, seine Vorstellungen jedoch immer als einen Wunschtraum abgetan.

Nun wurde er eines besseren belehrt.

Oft hatte man ihm erzählt, die Liebe sei etwas wie eine seelische Vereinigung, als würde man als einzelnes Wesen auf einer Wolke schweben, getragen von den eigenen Gefühlen, sie würde es ermöglichen seinen Geist vom Hier und Jetzt zu befreien und direkt in den Himmel einzutauchen. Er fühlte am gesamten Körper, mit all seinen Sinnen, wie wahr diese Aussagen waren. Dieser Moment war der schönste in seinem bisherigen Leben, noch viel intensiver, als er sich es jemals vorgestellt hatte.

Selber unfähig weiter zu gehen, spürte er wie Leylas Hände von seiner Brust immer tiefer wanderten. Ohne großen Widerstand ließ auch er sich seine Hose ausziehen und lag nun ebenfalls völlig entblößt neben ihr, sie unaufhörlich liebkosend. Er begann vorsichtig damit, ihre Brüste zu lecken, unsicher wie sie darauf reagieren würde. Seine Hände waren weiter mit ihrem Bauch beschäftigt, bis sie ihm durch eine leichte Berührung bedeutete, er dürfe tiefer gehen, ließ dies fürs Erste jedoch unbeachtet.

Er spürte, wie eine Hand von ihr sanft seine Mitte umfasste und langsam begann, ihn dort zu streicheln.

Auch er traute sich nun in die Nähe ihrer Spalte. Er hatte sie schon mehrmals dort berührt, das erste Mal als sie noch bewusstlos war. Im Nachhinein wusste er, wie respektlos es ihr erschienen sein musste, dass er sie so ungefragt an ihren empfindlichsten Stellen berührte. Diesmal war es anders, er wusste wie gut ihr seine Berührungen im Moment taten, spürte ihre Gefühle durch eine sehr enge, geistige Verbindung.

Vorsichtig ließ er seine Hand leicht kreisen, vermied es jedoch vorerst in die Nähe ihres direkten Zentrums zu kommen. Mittlerweile hatte sie ihn auf den Rücken gedreht, sie auf ihm liegend. Ihre Lustpunkte waren nur Zentimeter voneinander entfernt und doch konzentrierte sich jeder darauf, den anderen möglichst sanft zu behandeln.
Langsam näherte er sich ihrer Mitte, als er ihre Klitoris streifte, zuckte sie leicht, gefolgt von einem leisen, beinahe gehauchten Stöhnen. Seine Kreise wurden immer enger und nun kreiste einer seiner Finger direkt um ihre Perle.

Allein dadurch, dass ihre Brust auf der seinen lag, spürte er ihre Befriedigung, gleichzeitig mit einer unerschöpflichen Quelle der Liebe. Sein höchstes Ziel war ihre Befriedigung, sie auf den Gipfel der Lust zu bringen. Seine Lippen wanderten langsam ihren Hals hinauf, zogen eine mit der Feuchtigkeit seiner tausend Küsse bedeckte Spur. Die Küsse fanden ihre Lippen, er spürte ihren immer schneller werdenden Atem.

Eine Hand von ihm stimulierte weiterhin ihr Mitte, vorsichtig begann er damit einen seiner Finger in ihre Quelle zu tauchen.

Er spürte ihre Säfte über seine Hand auf seine Bauch laufen, labte sich an ihrem scheinbar unendlichen Brunnen. Die zweite massierte abwechselnd ihre linke und rechte Brust, fühlte ihren Pulsschlag direkt an ihrem Herz.

Dafür hatte sie sich etwas aufgerichtet und begann damit, mit ihrem Oberschenkel ihn genau dort zu streicheln, wo es ihn am meisten erregte. Immer weiter kamen sie Millimeter für Millimeter dort aufeinander zu, mittlerweile berührte seine Hand ihren Arm, der immer schneller an seinem steinharten Glied entlang rieb.

Vorsichtig zog er seine Hand zurück, ihr dabei tief in die Augen blickend. Er wollte sie nun tief in ihrem inneren fühlen, ihr seine Liebe vollkommen schenken.

Langsam ließ er seine Hand an ihre Hüfte gleiten und ohne, dass er einen Druck dort ausgeübt hätte, schien sie ihn zu verstehen, ihren vor Lust erfüllten Blick auf ihn gerichtet. Wie in Zeitlupe hob sie ihre Pforte von seinem Bauch aus an, bis sie seine Spitze gerade noch nicht diese berühren konnte.

Wieder fanden sich ihr Lippen zu einem dieser unendlich intensiven Küsse. Mit der Zeit waren sie jedoch fordernder geworden, ihre Zungen spielten einen eigenen Tanz.

Ganz langsam begann sie sich zu senken, ganz langsam teilte er ihren vor Nässe beinahe tropfenden Eingang, begleitet von einem beidseitigen Stöhnen. Sie übertrugen ihre Lust durch ihre immer noch aufeinanderliegenden Lippen direkt an den anderen weiter, ließen ihre Gefühle für sich sprechen. Ihr wunderbar weiches Fleisch fühlte sich herrlich an, als würde man direkt in einer Wolke des eigens für sie beide errichteten Himmels fliegen.

Wie ein perfektes Gegenstück legte es sich um ihn, als wären sie vor langer Zeit getrennt worden und hätten nun endlich wieder zueinander gefunden.

Vorsichtig begann er damit sein Becken zu bewegen, erst nur jeweils ein paar Millimeter hin und zurück. Mit einer sanften Berührung bedeutete sie ihm ruhig zu sein und begann nun selbst, sich an ihm zu reiben. Seine Hände fanden erneut ihre Brüste, fuhren um ihre steinharten Lippen.

Er spürte, wie seine Bewegungen ihre Lust immer weiter steigerten, sie trieb auch ihn immer weiter dem Gipfel entgegen.

Immer, wenn dieser drohte erreicht zu werden rückte er, durch gezielte und wohl abgemessene Pausen ihrerseits, stets wieder ein Stück in die Ferne. Sie schien genau zu wissen, wann er kurz vor dem Höhepunkt war, seine Erregung wurde dadurch ins unermessliche gesteigert. Manchmal übernahm er die Initiative, dann wieder sie. Beide ahnten aber jeweils den Höhepunkt ihres Partners, immer wieder verlangsamten sie das stetig ansteigende Tempo ihres Aktes.

Schließlich belohnte sie sich und mit einer letzten Bewegung, ebenjene die den Gipfel überstieg, erlebten beide einen der schönsten und intensivsten Momente ihres Lebens. Er spürte, wie sie ihre Finger in seinem Rücken vergrub, sich mit schier unglaublicher Kraft an ihn presste, ihre Bewegungen kraftvoll aber unkontrollierbar, ihre Lust dabei laut in den Wald hinein schreiend. Ihrer beider Säfte vermengten sich in ihr, füllten ihre Höhle mit dem Zeugnis der Liebe.

Sie überliefen seinen Körper und verwandelten den Waldboden in einen kleinen Teich. Er inhalierte ihren Duft, den Geruch von Leidenschaft und Erlösung, absorbierte ihre Säfte während er sie weiter auf sich hielt. Ganz fest presste er sie an sich, niemals würde er sie wieder loslassen.

Eine gefühlte Ewigkeit lagen sie so da, stumm die gemeinsamen Gefühle genießend. Schließlich machte sich wieder der Winter bemerkbar, behutsam lösten sie ihre Umarmung. Ein Blick an den Himmel verriet, dass seit dem er begonnen hatte ihre Verletzungen zu versorgen etwa zwei Stunden vergangen waren.

Zwei Stunden der puren Leidenschaft und der aus Novens Sicht wunderbarsten Liebe dieser Welt. Nichts und niemand würde ihn dazu bringen, dieses gemeinsame Band zu zerstören oder gar nur für eine Zeit zu unterbrechen. Doch das Schicksal hielt stets eine Menge Unwägbarkeiten bereit, doch wer konnte dieses schon vorhersehen außer den Göttern? Die Zeit war stets ein unberechenbarer Weggefährte gewesen, doch für den Moment hielt sie für ihn große Hoffnungen bereit. Hoffnungen, wo er alles daran setzen würde, diese zu erfüllen.

Er bemerkte, dass sie ihm die ganze Zeit tief in die Augen gesehen hatte, als könne sie so seine Gedanken lesen. Sein Blick durchdrang das unendliche Blau ihrer Augen und schien sich darin verloren zu haben. Ein Beobachter hätte vielleicht gedacht, er würde sie gar nicht richtig bemerken, als würde er direkt durch sie hindurch sehen. Für ihn hingegen war es ein Blick in ihre Seele, wobei auch er seine vor ihr völlig ungeschützt ließ.

Der folgende Kuss bestätigte dies, sie hatte verstanden. Er war kurz, aber extrem intensiv gewesen, kein einfaches schnelles Bekenntnis, sondern ein Kuss ihrer Seelen. Von hier an waren sie miteinander verbunden, ein Teil seines inneren war nun in ihrer Seele und er hatte im Gegenzug ein Teil ihrer tief in sich verankert.

Eine engelsgleiche Stimme unterbrach seine Gedanken. „Ich liege hier bei einem Mann, von dem ich weder seine Herkunft noch seine Vergangenheit kenne, nur seinen Namen und seine Fürsorge.

Unser beider Vergangenheit liegt genauso im Verborgenen wie die Zukunft, aber ich hoffe, dass wir dieser noch eine Zeit lang gemeinsam entgegentreten können. “ Ihre Worte waren nicht an ihn gerichtet, es waren mehr laute Gedanken.

Ein flüchtiges, bitteres Lächeln überspannte seine Lippen, zu kurz um von einem Beobachter registriert zu werden, aber zu lang um es vor ihr zu verbergen. Die Vergangenheit war nie zu verbergen und holte einen spätestens im Tod wieder ein, es galt nur diese Momente des Glücks möglichst lange zu erhalten.

Teil 2: Ascron

Noven stand auf, mit der Zeit drang die Kühle des Waldbodens wieder an seinen Körper. Er reichte Leyla ihre Sachen und zog sich selber ebenfalls wieder an. Ein Blick in Richtung seines Rucksacks verriet, dass beinahe alle Essensvorräte aufgebraucht waren. Die Mitte des Tages war zum Glück noch nicht erreicht, es würde also noch genug Zeit zum Jagen bleiben. Das hieß nur leider, dass er Leyla alleine hierlassen müsste.

Nicht, dass sie mittlerweile nicht für ein paar Stunden alleine zurechtkommen würde, aber es fühlte sie einfach nicht richtig an sie hier für den Rest des Tages alleine zu lassen. Sie hatten noch so viel Gesprächsstoff, so viel gemeinsame Zeit

zu verbringen…

Dennoch, er wollte sie erst recht nicht hungern lassen. „Ich muss noch einmal jagen, wir haben alle Vorräte aufgebraucht. “ Währenddessen nahm er seine beiden Pfeile und den Bogen, bereit um aufzubrechen.

Er hatte versucht möglichst ein Gefühl des Bedauerns mit zu übermitteln, mit scheinbar nur mäßigem Erfolg: „Du willst jetzt gehen? Kann das nicht noch etwas warten?“ Ihr Gesichtsausdruck war nicht wirklich zu deuten, es schien ihm wie eine Mischung aus Enttäuschung, Bedauern und unterdrückter Wut. Die geistige Verbindung, die sie während der letzten Stunden immer weiter ausgebaut hatten, schien mit einem Mal zusammenzubrechen.

Ein tiefer Blick in ihre Augen reichte jedoch aus, um zu verstehen, er konnte immer noch bis auf den Grund ihrer Seele blicken.

Sie schien so verletzlich und ungeschützt, er konnte sie nicht mitnehmen. Er versuchte es noch einmal, ihr die Situation zu erklären: „Ich weiß, was du jetzt fühlen musst. Ich muss … gefühlslos scheinen, aber auch ich würde am liebsten einfach mit dir hierbleiben, die bei dabei helfen wieder zu laufen, die ersten kleinen Kämpfe ausfechten. Du bist bestimmt schon in der Lage dazu. „

Er ließ eine kleine Pause bevor er weitersprach, musste seine eigenen Gedanken ordnen.

Es war schon so schwer genug, sich selbst von der Notwendigkeit des Jagens zu überzeugen, der ausschlaggebende Punkt war schließlich, dass er es ihr nicht zumuten wollte zwei komplette Mahlzeiten zu hungern, dafür war sie noch nicht kräftig genug. „ Das alles muss jedoch bis heute Abend oder bis Morgen warten. Du bist noch nicht kräftig genug, um heute Abend und morgen früh auf Essen zu verzichten. Ich verspreche dir, dass ich bald wieder zurück bin.

“ Der letzte Satz war für sie beide gewesen, in Wirklichkeit wusste er jedoch wie lang sich eine Jagd hinziehen konnte. Wenn er noch vor der Dämmerung wider hier sein wollte brauchte er schon jetzt ein wenig Glück.

„Nimm mich wenigstens mit. „Dabei stand sie auf und sah ihm direkt in die Augen, auch sie beherrschte den Blick auf seine Seele. Er wich ihrem Blick aus, es musste ihr wie eine direkte Abwehr gegen sie erschienen sein.

Wie sollte er ihr begreiflich machen, dass er sie nicht mitnehmen konnte, dadurch dass er sie aus vollem Herzen liebte und nicht aus Kaltherzigkeit? Es waren keine drei Stunden vergangen, seit sie sich das erste Mal geküsst hatten und nun wies er sie ab, als wäre nichts geschehen.

Was war nur aus der Vertrautheit geworden, die ihn noch heute Morgen erfüllt hatte, als er ihr seine Liebe geschenkt hatte? Schmerzlich wurde ihm bewusst, warum er es bisher immer vermieden hatte, sich zu binden, jegliche Gefühle ausgeschlossen hatte: Seine Art zu Leben war nicht auf eine zweite Person ausgerichtet.

Er hatte sich seinen Platz in der Welt geschaffen, doch dieser bot keinen Platz für zwei. Nie hatte er sich nach jemandem richten müssen, Zeit zu jagen oder einen Tag zu verweilen blieb immer. Solange niemand auf einen wartete. Bis hierhin war ihm das auch recht praktisch erschienen, nun änderte sich sein Leben mit einem Mal.

Natürlich konnte er diese ganzen Probleme mit einem Schlag beenden, indem er sie einfach hier zurückließ und weitermachte wie bisher, eine durchaus nicht unattraktive Möglichkeit.

Leider galt dies nur für den rationalen Standpunkt. Tief in seinem Herzen wusste er, dass er sie niemals einfach zurücklassen würde. Es würde sich anfühlen wie ein Diebstahl, als ob er einen Teil von ihr stehlen würde. Von Anfang an, als er sich entschieden hatte, sie bei sich zu behalten, war ihm klar gewesen, dass sie ihn verändern würde. Er hatte sich dafür entschieden, nun musste er damit leben. All diese Gedanken fuhren durch seinen Kopf wie ein Blitz, ebenso schnell und schmerzhaft.

Sie lösten nichts und doch waren sie da.

Das war also der Teil der Liebe, von dem man ihm nichts erzählt hatte. Jedes Licht bringt Schatten, je stärker das Licht, desto stärker der Unterschied zum Schatten. Ihre Gefühle waren so hell wie ein großes Feuer erstrahlt, wärmend und schützend. Verließ man dieses Feuer wurde einem die Kälte des normalen bewusst, unfähig sich vorzustellen wie man vorher in eben jenem Zustand gelebt hatte.

Das Schlimme war auch nicht die Kälte an sich, sondern die Erinnerungen an die Wärme. Wenngleich man wusste, man würde zurückkehren, blieb doch der schmerzende Gedanke im Gedächtnis, für immer eingebrannt.

Mit dem Gesicht zum Boden fuhr er schließlich fort, vorsichtig wie ein gebranntes Kind, welches dem Feuer zu nahe gekommen war. Die Wärme und das Licht boten Schutz, gab man sich jedoch zu sehr hin, würde man sich verbrennen.

Der einzige Unterschied zu seiner Situation war, dass der Schmerz der Verbrennung erst auftauchte, nachdem man das Feuer verlassen hatte. Er hatte seine Seele hingegeben und die schönsten Momente erlebt, die diese Welt zu bieten hatte. Der Schmerz über die kleinste Veränderung war damit jedoch umso größer. „Ich kann dich nicht mitnehmen. Bitte…“Seine Stimme wurde flehend. Wie gerne hätte er sie einfach in die Arme geschlossen und das alles beendet. Doch eben das konnte er nicht, wollte er nicht.

Ein kurzer Gedanke schoss durch seinen Kopf, wie simpel das Problem war und wie schwer es war ein und dieselbe Absicht, das beidseitige Wohlergehen, umzusetzen. Er wollte sie nicht enttäuschen, sie vor jeglichem Schmerz beschützen. Dass er damit schon gescheitert war, wurde ihm nun langsam bewusst. „ Bitte…, ich will nicht, dass du dich wieder verletzt. Ich will dich einfach in Sicherheit wissen, und hier bist du das. Genauso will ich aber auch, dass du möglichst schnell wieder gesund bist, also werde ich alles tun um dies zu erreichen.

Ich will dir nicht weh tun, bitte versteh einfach…“

Er hatte die Augen geschlossen gehalten, als wollte er sich vor seinen eigenen Gedanken schützen. Auf einmal spürte er, wie sich ebenjene geistige Verbindung wieder aufbaute, die er so schmerzlich vermisst hatte. Er hatte sosehr an sich gezweifelt, dass er auch geistig eine Wand aufgebaut hatte, die jegliche Gefühle abblockte. Die Angst, die Liebe zu Leyla könnte so plötzlich enden, wie sie entstanden war hatte genau dies beinahe herbeigeführt.

Ohne, dass sie etwas gesagt hätte, spürte er, wie sich ihre Gedanken wieder zu einem sich umschlingenden Band zusammenschlossen, ihre Gefühle wieder zu ihm durchdrangen.

Als er den Kopf hob, blickte er wieder in ihre unendlich tiefen Augen, die jedoch wieder leicht trüb geworden waren. Diesmal jedoch aus denselben Gründen, die auch ihn sich hatte abwenden lassen. Es würden noch mehr Prüfungen dieser Art folgen, doch nun war ihre Liebe demgegenüber vorbereitet.

Im Geiste ergänzte er die Geschichte von Licht und Schatten: Der Gedanke daran dem Schatten zu begegnen, konnte sich seinen eigenen Schatten schaffen. Wenn man jedoch erst einmal den Verursacher des Schattens gefunden hatte, konnte man diesen genauso einfach wieder beseitigen, wie man ihn geschaffen hatte. Das Licht , welches einen danach wieder durchflutete war zwar dasselbe wie vorher, aber genauso wie der Gedanke an das Licht den Schatten noch dunkler gemacht hatte, machte der Gedanke an den Schatten das Licht heller.

Das Gefühl, den ersten Stein erfolgreich überwunden zu haben füllte wieder seine Herz mit der Wärme der Liebe, es dauerte Minuten, bis er bemerkte, wie er sie die ganze Zeit fest umklammert gehalten hatte. Vorsichtig löste er seine Umarmung, nun mit der Gewissheit, das Richtige zu tun. Seine Gefühle schlossen sich nicht mehr gegenseitig aus, sonder das Band ihrer Vertrautheit würde bestehen bleiben, auch wenn der andere nicht in direkter Nähe war.

Es würde sie beide beschützen wie eine göttliche Hand, eine fortwährend bestehende, unsichtbares Seil, welches sie immer wieder zueinander führen würde, solange es keiner von beiden zerschnitt.

Ein einfaches, kaum bemerkbares Nicken ihrerseits reichte nun aus, um ihn zu verabschieden. Er würde bis zum Abend zurück sein, das konnte er nun mit Sicherheit sagen. Er las wieder diese der Seele entspringende Zuneigung in ihren Augen, sah ihr Licht hell erstrahlen.

In ihrer Nähe gab es keinen Schatten und solange ihre Verbindung bestehen blieb, würde ihr Licht ihn erreichen.

Wie beim letzten Mal machte er sich mit seinem Bogen und den Pfeilen auf den Weg. Vorsichtig darauf achtend, keine Geräusche zu verursachen, schlich er durch den Wald, auf der Suche nach Wild. Das letzte Mal hatte er ein paar Rehe auf einer Lichtung gesehen, mit ein wenig Glück würden dort wieder welche sein.

Den Weg dorthin hatte er sich aus Gewohnheit eingeprägt, jetzt befand er sich schließlich wieder auf gewohntem Gebiet. Die Jahre In der Wildnis hatten eine gewisse Selbstverständlichkeit und Routine in seine Handlungen gebracht, selbst im Schlaf würde er sich vermutlich beinahe lautlos durch den Wald bewegen.

Sein Zeitplan war dennoch eng, er würde eine knappe Stunde für den Hinweg brauchen und selbst wenn er dort ein Reh oder ähnliches fand, würde der Heimweg länger dauern.

Immer wieder duckte er sich reflexartig vor herabhängenden Ästen, machte einen Bogen um teilweise fast vollständig verdeckte Löcher im Boden, stets darauf achtend größere Äste und Ansammlungen von Zweigen zu meiden um sein Herannahen Wild oder eventuellen anderen Jägern nicht zu früh anzukündigen.

Trotzdem wusste er, wie unkonzentriert er war. Die Gedanken an Leyla waren noch zu frisch um als selbstverständlich in die Ecke seiner Gedanken geschoben werden zu können.

Prinzipiell hatte er nichts dagegen, ihre Wärme gab seinem Tun zum ersten Mal im Leben einen tieferen Sinn außer dem eigenen Überleben, vorherige Aufträge hatte er zwar erledigt, hatte sich jedoch nie damit beschäftigt, inwieweit sie anderer beeinflussten oder moralisch vertretbar waren. Solange sie sein Überleben sicherten, war ihm beinahe alles recht gewesen. Nun jagte er deshalb, um sie zu beschützen und ihr ein anständiges Abendessen bieten zu können. Zu diesem Zweck hielt er auch immer ein wenig nach ein paar Kräutern Ausschau, einige lieferten wunderbare Gewürze.

Sie hatte ihn innerhalb eines Tages zu einem anderen Menschen gemacht. Inwieweit sich das noch auswirken würde blieb abzuwarten, aber im Moment gefielen ihm die Veränderungen.

Schließlich war er beinahe in Sichtweite der Lichtung, und allem Anschein nach war das Schicksal ihm gut gewillt. Ein einzelnes Reh stand in der Nähe einer Gruppe von jungen Bäumen, zu unvorsichtig, mit Fressen beschäftigt. Im Moment war es etwa 100 Schritt von ihm entfernt, wenn er es schaffte bis auf 50 Schritt unbemerkt heranzukommen, wäre die Jagd unerwartet schnell erfolgreich verlaufen.

Doch er wusste, dass eben jener Moment des Anschleichens und letztendlichen erlegen des Rehs der schwierigste war. Auch wenn es scheinbar ungeschützt dastand, eine Herde in der Nähe konnte für ihn sehr schnell gefährlich werden und jedes Astknacken konnte ihn verraten und seine Beute wäre vorerst verschwunden.

Er ging in einem Bogen halb um das schräg mit dem Kopf zu ihm gewendete Reh herum, beinahe jedem Zweig ausweichend oder zu Seite schiebend.

Langsam nahm er einen Pfeil und spannte seinen Bogen. Der Schuss musste gut platziert sein, wenn er das Reh nicht richtig erwischte oder nur den Rumpf würde es flüchten. Selbst wenn die Wunde letztendlich tödlich wäre, sobald es noch die Möglichkeit bekommen konnte zu fliehen würde er es verlieren. Ein totes Reh im Wald brachte ihm nichts, wenn er es nicht mitnehmen konnte und würde zusätzlich den Verlust eines Pfeils bedeuten.

Einen neuen Pfeil herzustellen war extrem zeitaufwendig.

Generell eigneten sich fast ausschließlich junge Äste, doch die Wahl des Holzes war bedeutend anspruchsvoller. Es durfte nicht zu leicht sein um nicht zu sehr vom Wind beeinflusst zu werden, zu schweres Holz würde sich jedoch ebenfalls negativ auf die Flugbahn und die Reichweite auswirken. War Das Holz zu hart, ließ es sich schlecht bearbeiten und würde leicht brechen, weiches hingegen war eventuell nicht stabil genug und tendenziell sehr leicht. Hatte man erst einmal das richtige Holz gefunden, galt es noch Federn und eine Spitze zu finden, Federn ließen sich zwar günstig in der Stadt bekommen, es war jedoch eine Kunst für sich diese effektiv an den Pfeil zu stecken, ohne dass das am Ende so wie so schon angeritzte Holz für die Sehne splitterte und die Federn die erwünschte Flugstabilisation bieten würden.

Für Pfeilspitzen hingegen konnte man mehr Geld ausgeben, als er in seinem ganzen Leben jemals besitzen würde, diese waren jedoch unerlässlich, wenn der Pfeil sofort tödlich und haltbar sein sollte. Reine Holzspitzen waren nicht stabil genug, außerdem waren sie sehr groß um ein für die Jagd unerlässliches Übergewicht an der Spitze zu erzeugen, was sich wiederum negativ auf Reichweite und Effektivität auswirkte.
Von den Sekundenbruchteilen des Schusses hing damit eine Menge ab, jedoch hatten ihn gelegentliches Training und die Zeit mittlerweile zu einem einigermaßen erfahrenen Bogenschützen werden lassen.

Als die Sehne zurückschnellte, horchte das Reh kurz auf, es hatte ihn bemerkt, doch zu spät. Bevor es die Möglichkeit hatte zu fliehen bohrte sich der Pfeil zielgerichtet zwischen zwei Rippen hindurch zum Herzen. Die letzten beiden Sekunden seines Lebens waren schmerzhaft gewesen, aber der Tod war rasch und ohne längere Qualen eingetreten. Noven entspannte sich und ging zu seiner Beute hin. Normalerweise würde er das Reh an Ort und Stelle häuten und nur die essbaren Fleischstücke mitnehmen.

Doch er hatte Leyla schon nicht auf die Jagd mitgenommen, es wäre sicherlich eine kleine Entschuldigung, wenn er diesen Teil bei ihr machte. Der Heimweg würde zwar umso beschwerlicher werden, aber er lag gut im Zeitplan.

Mit zunehmender Wegstrecke, immer mehr unter der Last des Rehs schwitzend, kam ihm der Rückweg deutlich länger vor als angenommen. Mittlerweile achtete er nur noch darauf, nicht über Äste oder Steine zu stolpern, das knacken der Zweige unter seinen Füßen war ihm egal.

Schließlich, nach über zwei Stunden des Rückwegs kam das Lager in Sicht.

Eine leichter Windhauch trug den Geruch des Waldes und von einem kleinen Feuer in seine Nase, es würde also recht bald ein anständiges Essen geben. Er hatte genug Kräuter gesammelt um eine ganze Herde Rehe zu verfeinern, er würde also hoffentlich nicht allzu schlecht dastehen. Mit neuem Mut machte er sich daran, die letzten Meter zurückzulegen.

Der sonore Basston einer fremden Männerstimme drang auf einmal in sein Ohr.

Fast hätte er das Reh fallengelassen, schaffte es jedoch noch geradeso es abzufangen und langsam zu Boden gleiten zu lassen. Was war passiert, sollten sie heute Morgen doch zu unvorsichtig gewesen sein? Die Angst um Leyla pumpte eine nie gekannte Kraft in seine Adern, der beschwerliche Rückweg war mit einem Mal aus seinen Gedanken gelöscht. Mehr aus Gewohnheit denn als aus praktischen Überlegungen heraus hatte er seine beiden Säbel in den Gürtel gesteckt, nun hielt er sie so fest umklammert, dass man seine Hände mit Schnee hätte verwechseln können.

Wie eine Raubkatze auf der Jagd schlich er sich an seinen Lagerplatz heran, die Sinne bis aufs äußerste geschärft.

Er konnte die gesprochenen Worte nicht verstehen, jedoch klangen sie alles andere als freundlich. Angespannt horchte er nach seiner Begleiterin, ohne etwas zu hören spürte er jedoch, dass sie sich hier befand. Er sah sie nicht, doch er spürte ihre Angst in seinen Gedanken, oder war es seine eigene? Er wusste es nicht, er wusste nur, dass er etwas tun musste, und zwar möglichst schnell.

Vorsichtig blickte er durch die Äste eines Busches hindurch auf ihr Lager. In seinem Blickfeld erschienen drei kräftige Rücken von Männern, wahrscheinlich Räuber. Alle hatten ihre Waffen gezogen, zwei waren so wie er mit Säbeln bewaffnet, einer vertraute auf eine mächtige Zweihandaxt. Dieser jemand war ganz offensichtlich der Anführer, denn er war derjenige der redete und den andern beiden Männern bei jeder Bewegung böse Blicke zuwarf. Sie standen in einem angedeuteten Kreis um eine Person herum, die Sicht auf sie war verdeckt, jedoch wusste er, dass es sich um Leyla handelte.

Er hatte versagt. Er hatte sie alleine gelassen, und war einfach alleine zum Jagen aufgebrochen, der festen Überzeugung sie müsse hier in Sicherheit sein. Er hatte nicht nur seine Pflicht als Beschützer außer Acht gelassen, sondern sie quasi gezielt dem Verderben in die Arme gelegt. Ein Angriff wäre Selbstmord. Wenn er Glück hatte, würde er den ersten töten können, bevor dieser ihn bemerkte, falls er den Anführer traf, würde eventuell noch einer seiner Kumpane fallen.

Doch dann hatte er den zweiten im Rücken und dieser würde nicht noch länger zögern ihn endlich umzubringen.

Seinen Bogen konnte er auch nicht benutzen, seine beiden Pfeile waren für die Jagd ausgelegt, mit einer eher dünnen Spitze, um das Wild sofort auszuschalten. Einen Menschen würde er damit nicht töten können, jedenfalls nicht von hinten. Er hatte auch erst zweimal auf einen anderen Menschen geschossen, doch diese Geschichte war zu alt, um ihm noch etwas zu bedeuten.

Sein Leben hatte sich in der letzten Woche so sehr verändert, dass ihm die meisten früheren Ereignisse vorkamen, als wären sie Jahrzehnte her, obwohl die Erinnerung nicht länger als ein oder zwei Monate zurücklag.

Aus der Verzweiflung heraus versuchte er die Verbindung zu Leyla herzustellen, die es ihnen auf beinahe magische Weise erlaubt hatte ohne Worte zu kommunizieren. Er wusste, wie hilflos es erscheinen musste nach den Gedanken eines anderen zu suchen, dies war etwas was man spätestens mit 5 lernte, was man da für einen Unsinn tat, aber eine andere Möglichkeit sah er in seiner Verzweiflung nicht.

Zum ersten Mal in seit einem ganzen Jahrzehnt spürte er eine Träne über seine Wange laufen. Zum ersten Mal, seit er von zu Hause weggegangen war, weinte er. Langsam gesellte sich ein weiterer Tropfen dazu, der salzige Geruch von Angst trat ihm in die Nase, seiner eigenen Angst. Diese drei Männer würden wahrscheinlich nicht mehr lange brauchen, um das Leben seine Gefährtin nun endgültig auszulöschen, nachdem der erste Versuch ihres Todes gescheitert war. Seine Seele würde mit sterben.

Ein Teil von ihm würde für immer wie tot in seinem Körper verweilen, die Schrecken des eigenen Versagens immer bei sich. Heute Morgen noch hatte er sich geschworen sie für immer und ewig zu beschützen. Nun war der Zeitpunkt dafür gekommen und er konnte es nicht.

Bilder von ihr schossen ihm durch den Kopf, schmerzhaft wie Peitschenhiebe. Gefühle und Eindrücke ihrer Liebe legten sich über sein Herz, deckten es ab und erdrückten es beinahe, schwer wie Blei.

Der Mantel der zuvor so wunderbaren Liebe schien ich zu ersticken, als würde man tauchen mit der Gewissheit, nicht wieder aufzutauchen. Dazu verdammt seinem quasi seinem eigenen Tod zuzusehen, begann er langsam sich aufzugeben. Zum ersten Mal im Leben wusste er, dass es keinen Ausweg mehr geben würde. Nichts in der Welt würde Leyla noch retten können, er war allein, sie war allein. Niemand würde kommen um zu helfen. Er begann sich zu wünschen, selbst dort zu liegen, zu wissen dass die Qual bald enden würde.

Woher er den Willen nahm, seiner Situation kein Ende zu machen, wusste er nicht.

Irgendwann hatte man ihm mal erzählt, das Leben würde wie ein Film vor dem inneren Auge vorbeilaufen, wenn der Tod kurz bevorstand. Vielleicht lag es daran, dass sein bisheriges Leben schlicht und einfach bedeutungslos gewesen war, aber er sah einfach nur Leyla immer und immer wieder, sah sie wie er sie gefunden hatte, er ihren bewusstlosen Körper hierher getragen und sie versorgt hatte, ihre ersten Gehversuche, ihr Lächeln.

Mehr nicht, nur sie stets vor einem rot-schwarzen Hintergrund.

Man hatte ihm jedoch auch noch andere Dinge erzählt: Die Götter würden stets für Gerechtigkeit sorgen, die Menschen beschützen und ihr Leben leiten. Er selbst hatte nie wirklich daran geglaubt, war stets der Meinung gewesen, dass jeder auf sich selbst achten müsste. Er hatte einige heftige Auseinandersetzung zu diesem Thema gehabt, manchmal abends in der Taverne wenn sich die Zunge lockerte.

Nun war der Moment gekommen, an dem er seine Reden bereute. Dennoch fing er an, die Götter um Hilfe zu bitten. Mit ihm sollten sie tun können was immer ihnen beliebte, nur ihr sollten sie helfen, sie konnte nichts für seine Fehler. Ihn sollten sie bestrafen, das war Gerechtigkeit.

Doch wie erwartet antworteten die Götter nicht, warum sollten sie auch? Nie hatte er auf sie gehört, es gab keinen Grund, warum sie sich jetzt mit ihm beschäftigen sollten.

Man bezahlte immer für seine Vergangenheit.

Ein dunkles Lachen wehte zu ihm herüber. Als er wieder in Richtung der Männer sah, erkannte er die dunkle Stimme des Anführers, die anderen fielen mit ein, wie Hunde, die stets ihrem Herrchen folgten. Der Anführer drehte sich auf einmal leicht und ging zu dem Feuer, um einen an einem Ende glühenden Stock herauszuholen.

Das verschaffte Noven die Möglichkeit, endlich einen bestätigenden Blick auf Leyla zu werfen.

Sie saß in der Hocke auf ihren Fersen nackt auf dem Boden, nur Zentimeter von den Säbeln der Räuber entfernt. Ihre Nacktheit registrierte er jedoch nur am Rand, für ihn zählte nur eins: die schier unmenschliche Methode, Leyla am Boden zu fesseln. Im Boden steckte das Ende eines Pfeils, jedoch nicht mit der Spitze nach unten, sondern so, dass das Ende, an dem normalerweise die Federn befestigt waren im Boden mit einigen Steinen befestigt war, in den Öffnungen für die Pfeile waren längere, zur Seite abstehende Holzstücke befestig, auf denen jeweils ein großer Stein lag, so dass man diesen nicht aus der Position Leylas hochheben konnte.

Leyla war auf diesem Pfeil so aufgespießt worden, dass der Pfeil genau in ihre Spalte hineinreichte. Auch wenn er die Fortführung nicht sehen konnte, er wusste durch ihren schmerzverzerrten Gesichtsausdruck, dass die Männer nicht so nett gewesen waren, die Pfeilspitze zu entfernen. Sollte sie versuchen aufzustehen, würde der Pfeil ihr unendlich wehtun, sollte sie sich versuchen zu entspannen, würde der Pfeil weiter in sie eindringen und ihr für immer die Möglichkeit auf Kinder nehmen, falls sie dadurch nicht so wie so starb.

Ihre Hände waren so auf dem Rücken gefesselt, dass sie diese Apparatur nicht berühren konnte, nur eine zweite Person würde ihr den Pfeil so entfernen können, dass sie nicht noch weiter verletzt würde. Noven hatte bereits davon gehört, dass viele Menschenjäger ihre Opfer folterten, bevor sie sie töteten, aber so etwas hatte er noch nie gesehen. Es schien beinahe zu unmenschlich, um in den Gedanken eines Wesens seiner Art entstanden zu sein, nur das Ziel sein Opfer zu quälen war wichtig.

Sie blickte ihrem Peiniger angsterfüllt hinterher, dabei streifte ihr Blick den seinen, Sekundenbruchteile blieb sie an der Stelle, an der er saß, hängen. Nun wusste sie dass er hier war, dennoch war ihre Reaktion ablehnend. Sie bewegte ihren Kopf einen Finger breit hin und her, sie wusste genau so gut wie er selbst, dass er sie nicht würde retten können gegen drei Männer. Er sah eine schmerzerfüllte Anstrengung in ihrem Blick, wenn sie ihre unbequeme Sitzposition nur ein paar Millimeter veränderte, würde dies extreme Schmerzen zur Folge haben.

Ihre Augen sprachen von Hoffnungslosigkeit, sie war kurz davor einfach aufzugeben und den Schmerz zu beenden.

Ihr Anblick brachte ihm ein Gefühl, als wäre nicht sie, sondern er es, der dort saß, spürte ihren Schmerz an seinem Körper. Wie vor ein paar Tagen, als er Leyla gefunden hatte, spürte er, wie nah er dem Tod war, sollte er es auf einen Kampf ankommen lassen. Jedoch war eines anders: Beim letzten Mal hatte er im nur im Unterbewusstsein gespürt, wie nah er dem Lebensende gekommen war.

Nun wusste er es sicher.

Seine Entscheidung trotz seines sicheren Todes anzugreifen war in dem Moment gefallen, als er in Leylas Augen ihren Schmerz gesehen hatte. Sie waren nicht mehr tiefblau und unergründlich gewesen, so wie er sie kannte und liebte. Sie waren grau und trüb, wie die eines bereits mit der Verwesung beginnenden Toten gewesen. In dem Moment hatte er gewusst, dass er nicht mehr würde weiter leben können, wenn er sie hier im Stich ließ, ihr Anblick würde für immer seine Seele überschatten.

Die Energie, die er sonst dazu verwendete sich ein klares Bild von der Situation zu machen und überlegt einen Plan zu entwickeln fügte er einfach der beinahe übermenschlichen Wut hinzu, die in ihm entstand. Unfähig einen weiteren klaren Gedanken zu fassen stürzte er ohne weiter zu überlegen mit einem lauten Schrei der Verzweiflung aus seinem Versteck heraus auf den immer noch am Feuer stehenden Anführer der Gruppe zu. Wenn er jetzt sterben würde, konnte er ihr wenigstens nach dem Tod nahe sein.

Mit einer schnellen Reaktion hielt dieser jedoch einfach seine Axt in seinen Schlag und spaltete damit beinahe ihm seinen Kopf. Die Kraft seine Wut war jedoch schier übermenschlich. Er schaffte es mit einem Säbel seinen folgenden Schlag mit der Axt zu blocken und schlug getrieben durch die Kraft der Verzweiflung beinahe blind in seine Richtung. Er spürte einen Wiederstand, spürte wie Knochen brachen und einen Schmerzschrei. Sein Angreifer fiel scheinbar tot zu Boden, doch das reicht ihm nicht.

Wie ein Henker beugte sich Noven zu ihm herunter und trennte mit seinem Säbel den Kopf der vor ihm liegenden Leiche von seinen Schultern.

Ohne zu wissen, was er da tat warf er diesen den anderen Beiden vor die Füße, als Zeichen wie gefährlich es war sich mit ihm anzulegen.

Diese dachten jedoch nicht daran, eingeschüchtert davon zu laufen, sie waren zu zweit ihm gegenüber deutlich im Vorteil, und das wussten sie.

Beinahe ruhig gingen sie zum Angriff über, Noven spürte den Atem des Todes in seinem Nacken, doch er ignorierte ihn einfach. Der herannahende Tod brachte ihm nur eine Botschaft, die er bereits kannte, aber jedes Leben endete einmal.

„Herzlich willkommen in der Hölle, wenn ich dort hingehe, kommt ihr mit. „, knurrte er ohne seinen Mund zum Reden zu öffnen. Für sie war es wahrscheinlich nur ein unverständliches Murmeln gewesen, doch das war in seiner Raserei nicht wichtig.

Für ihn zählte nur noch der Tod seiner Feinde, falls er dabei sterben sollte war dies ein akzeptabler Preis.

Noven blendete den Raum um sich herum aus, sah nur noch seine Feinde vor einem schwarzen Feld der Leere. Ein kurzes aufblitzen von dem Säbel eines seiner Gegner, mehr wie eine Maschine blockte er diesen ersten Schlag. Ohne jede Emotion außer endloser Wut. Tief in seinem inneren sah seine hilflose Begleiterin, ihr Erscheinungsbild machte ihn nur noch wütender.

Er wurde zum Henker der Versuchung, der allen Feinden seiner Herrin den Tod bringen würde, selbst über seinen eigenen hinaus. Er lud den Tod in seine Seele ein, ihm Gesellschaft zu leisten, eine nie gekannte Dunkelheit legte sich in seine Züge.

Er kämpfe nicht mehr darum, seine Gefährtin zu beschützen, sondern um ihren Schmerz tausendfach zu rächen. Jeglicher Rest von Menschlichkeit verschwand, nun begann der Tanz des Todes erst vollständig.

Ein an tiefen Wahnsinn erinnerndes Lächeln verwischte jede andere Regung seines Gesichtes, heute Abend würde der Herrscher der Hölle gute Gesellschaft bekommen.

Das nächste, was er von seinem Tun noch mitbekam war, das er über den völlig verstümmelten Leichen der beiden anderen Räuber stand. Sie waren beinahe unmenschlich in mehrere Teile getrennt worden, der Waldboden wurde von dem Rot des alles umschließenden Blutes verdeckt.

Er spürte, dass sein Brustkorb gebrochen war, gewärmt durch den unaufhörlichen Strom des eigenen Blutes, wusste, dass sein linkes Bein beinahe abgetrennt worden wäre und fühlte die sich überlagernden Schnitte von Säbeln in seinen Seiten.

Trotzdem spürte er keinen Schmerz. Beinahe klar denkend ging er zu Leyla hinüber, sie hatte den Kopf abgewendet und die Augen geschlossen, ein unaufhörlicher Strom der Tränen quoll daraus hervor. Beinahe ohne eine Regung in seinem Gesicht befreite er sie, wie ein Arzt dies tun würde, ihre Schreie ohne Reaktion darauf ignorierend. Als er fertig war, kam mit der Beendigung seiner Aufgabe der Schmerz zurück. Der Tod rief seinen Diener nun nach Beendigung des Auftrags wieder zu sich.

Schwärze umfing ihn, er spürte nun sein endgültiges Ende.

Mit den letzten Augenblicken, sah er, wie sich Leyla über ihn beugte. Sie berührte ihn mit nichts, obwohl dies für ihn als Bestätigung sie gerettet zu haben nun so wichtig gewesen wäre, nur ihre Tränen tropften auf seine Brust und vermischten sich mit seinem Blut. Als sein Augenlicht bereits erloschen war, hörte er, wie sie einen unendlich langen Schrei ausstieß, das Leid welches er gebracht hatte war zu viel für ihre Seele gewesen.

Wie ein teilnahmsloser Beobachter sah er das Leben aus seinem Körper weichen, spürte wie seine Seele aus seinem Körper herausgezogen wurde, hinein in die allumfassende Dunkelheit.

Noven lief auf einem gepflasterten Weg, mit Schmutz und Erde überdeckt, wie man es in einer Stadt erwarten würde, doch er sah keine Häuser. Eigentlich sah er nichts außer der Straße mit der Gewissheit ihr folgen zu müssen. Seine Schritte verursachten keinerlei Geräusche, alles um ihn war stumm.

Es gab niemand anderen, obwohl dieser Weg offensichtlich oft benutz wurde. Immer weiter ging er in die Dunkelheit hinein, ohne wissen zu wollen, was hinter ihm lag oder dass er näher kam. Wie selbstverständlich ging er weiter und weiter, ohne jemals irgendwo anzukommen. Wo er war und wie er hierhergekommen war, interessierte ihn nicht, das einzige, was wichtig schien, war dass er seinen Weg fortsetzte.

Nach einer unbestimmbaren Zeitspanne schien eine Person vor ihm aufzutauchen, die ihm entgegenkam.

Unbeirrt lief er weiter, dennoch er kam nicht näher. Sie blieb stets so weit entfernt, dass er sie gerade am Horizont der immer weiter geradeausgehenden Straße erkennen konnte. Bilder tauchten auf einmal in seiner Welt auf, Abbildungen von Personen aus seiner Kindheit. Sie waren kalt und emotionslos, dennoch schienen sie alle ihn mit einem durchdringenden Blick anzustarren. Er sah seine Eltern vor sich auftauchen, doch er setzte seinen Weg unaufhörlich fort, bis die Bilder wieder verblassten, sie bedeuteten ihm nichts.

Der Duft des Waldes schien nun die Umgebung auszufüllen, wenngleich sich an der Situation der endlosen Straße und der sie umgebenden Dunkelheit nichts geändert hatte. Er registrierte den Geruch nur passiv, wenngleich es etwas merkwürdig erschien auf einer Straße wie dieser den Wald zu riechen.

Es begann leicht zu regen und es bildeten sich mit der Zeit immer größere Pfützen auf dem Boden aus, bis er ihnen nicht mehr ausweichen konnte.

Schließlich hörte der Regen auf, es erschien jedoch keine Sonne sondern die Schwärze nahm wieder seinen Platz ein.

Je weiter er ging, desto mehr nahmen die Pfützen am Boden einen leicht bräunlichen Ton an, der Dreck der Straße war so stark, dass der Regen es nicht geschafft hatte diesen zu entfernen. Er Gestank einer Stadt umfing ihn und begleitete ihn auf seinem weiteren Weg, der so endlos schien wie die alles umfassende Dunkelheit selbst.

Mit dem Verblassen des Geruchs der Stadt nahm das Wasser am Boden eine leicht rötliche Färbung an, immer stärker bis es sich schließlich zu Blut gewandelt hatte. Das Gefühl von Leid und Verderbnis lag in der Luft, doch auch dieses registrierte er kaum.

Bis hierhin waren seit den Kindheitsbildern keine weiteren Personen aufgetaucht, außer der immer auf gleicher Entfernung bleibenden Person am Horizont und seinen Eltern mit ein paar anderen am Anfang.

Bar jedes Gefühls setzte Noven seinen Weg fort, nichts war wichtig außer dem Weg selbst. Wie lange er gelaufen war, vermochte er nicht zu sagen.

Plötzlich erschien ein weiteres Bild, jedoch nicht platt und emotionslos wie die anderen, sondern es bildete eine wie die Wirklichkeit erscheinende Szene ab. Eine wunderschöne Frau saß neben einem Feuer, emsig damit beschäftigt ein Stück Kleidung in einem Topf voll mit blutigem Wasser zu waschen.

Im Gegensatz zu den anderen Bildern betrachtete er dieses genauer, es schien beinahe als würde die Frau im Bild sich bewegen. Je weiter er ging, desto mehr wandelte sich das Bild in eine real vor seinen Augen erscheinende Szene. Nun erkannte man, dass hinter der Frau eine weitere Person lag, ein Mann, scheinbar schlafend, wäre er nicht völlig entkleidet und durch unzählige blutige Schnitte über den gesamten Körper entstellt. Der Frau liefen trockene Tränen über die Wangen, und sah immer wieder zu dem neben ihr liegenden Mann, was ihr nur weitere, längst ausgetrocknete, Tränen entlockte.

Immer mehr Details wurden ihm gewahr, die Frau war scheinbar durchaus kräftig, jedoch dabei von unglaublicher Anmut. Trainierte Muskeln zeichneten sich an Oberschenkeln und Schultern ab, bei jeder ihrer Bewegung wurde er Teil eines wundervollen Schauspiels der Kombination von Stärke und Schönheit. Ihr Gesicht unterstrich diesen Eindruck: Obwohl es mit vielen kleinen Narben übersät war, hatte es nichts von seiner Ausstrahlung verloren. Statt ihrem nun leeren und ausdruckslosen Blick hatte dieser wahrscheinlich einmal Willenskraft und Intelligenz gezeigt.

Zwei wunderschön geformte Brüste ließen sich durch ihren scheinbar an vielen Stellen geflickten Pullover erkennen, wohl grade so groß, dass er sie nicht mehr mit seinen Händen umfassen konnte. Langes, blondes Haar fiel ihr über die Schulter, einem direkt vom Himmel gesandten Engel gleich.

Früher hätte Noven sie wahrscheinlich attraktiv gefunden, nun nahm er dies alles mit einer Seele ohne jedes Gefühl wahr. Dennoch, irgendetwas war an diesem Bild, das ihn dazu veranlasste, es weiter zu betrachten.

Kannte er diese Frau? Bisher waren ihm nur bekannte Personen erschienen. Auch der Mann kam ihm bekannt vor, fast wie ein Bildnis seiner selbst. Wo war er eigentlich? Seine letzten Erinnerungen bestanden aus einem Gemisch von schmerzerfülltem Rot vor seinen Augen und beinahe erdrückender, jedoch schützender, umhüllender Dunkelheit.

Dennoch, er wusste, dass es etwas dahinter gab, was er nur nicht erkennen konnte. Es musste etwas sein, was mit seinem aktuellen Zustand sosehr im Kontrast stand, dass es nicht zu ihm durchdringen konnte.

Doch je mehr er sich anstrengte, das Geheimnis zu lüften, desto weiter schien es sich zu entfernen.

Das Bild vor ihm verschwand langsam. Es schien vor seinen Augen zu verwischen, die Konturen wurden immer mehr unschärfer, mischten sich miteinander. Wie ein Besessener wollte Noven es festhalten, streckte seine Hand in Richtung der Frau aus. Sie hatte etwas an sich, was er sehr lange Zeit nicht mehr erlebt hatte, sie konnte nicht einfach verschwinden.

Seine Hand hätte das Bild berühren müssen, doch er spürte nichts außer Leere. Als er die Unbekannte hätte berühren müssen, verschwand das Bild mit einem Mal. Für immer.

Es fühlte sich an, als hätte er etwas verloren, als hätte man ihm etwas genommen, was seit dem Anbeginn der Zeit zu ihm gehört hatte. Ein weiteres Bild erschien langsam am Horizont, so weit entfernt, dass er es gerade so ausmachen konnte.

Doch es war nicht das Bild an sich, was er sehen konnte. Als würden Empfindungen, Gefühle darüber transportiert. Etwas tief in seinem Inneren schien auf einmal dort Wärme zu spenden, wo vorher nur Kälte und Leere vorhanden gewesen waren. Zum ersten Mal nach ihm so endlos erscheinender Zeit wurde ihm seine Einsamkeit bewusst. Die Wärme kam von etwas, was sich noch an die Zeit erinnern konnte, in der sein Gedächtnis seinen Dienst verweigerte. Es erzählte von Geborgenheit, Zuversicht und der innigen Verbindung zweier Menschen.

Ein Gefühl, welches er lange vergessen zu haben glaubte, erfüllte Stück für Stück sein Herz, bis auch dieses von der Wärme aus seinem inneren umschlossen war. Er hatte einen Menschen geliebt, sosehr, dass er es beinahe verdrängt hatte.

Das Bild am Horizont wurde deutlicher, es zeigte eine scheinbar nackte Frau, beinahe hätte er geglaubt, es sei dieselbe wie auf dem vorigen. Doch ein Blick in ihre Augen widerlegte dies innerhalb von Sekundenbruchteilen.

Für einen kurzen Moment trafen sich ihre Blicke, es schien als würde das Bild in hinter seine Augen blicken, als wäre es ein lebendiges Wesen. Nur ein kurzer Moment hatte ausgereicht, um die Frau zu erkennen, die er einmal geliebt hatte. Doch diese Zeit schien Jahre zurückzuliegen. Genauso schnell, wie dieses zweite Bild erschienen war, verschwand es auch wieder und mit ihm die Wärme in seinem inneren, nur dunkle Leere blieb zurück.

Die ganze Zeit hatte er unaufhörlich nach vorne gestarrt, ohne wirklich etwas zu sehen, bis auf die so real erscheinenden Bilder, unaufhörlich seinen Weg fortsetzend.

Der einsame Wanderer am Horizont stand mit einem Mal neben ihm, er spürte seine kalte Hand auf seiner Schulter. Es schien, als würde sie ihm direkt die Wärme des Lebens aussaugen, es sorgte aber auch gleichzeitig dafür, dass sich die Dunkelheit um ihn herum immer weiter zusammenzog. Nicht erschreckend oder erdrückend, sondern schützend und behütend. Noven nahm das Geschenk des Wanderers dankend auf, die Dunkelheit um ihn, die vorher so endlos und kalt gewirkt hatte war nun sein Begleiter.

Eine tiefe, von allen Seiten zugleich scheinend kommende Stimme erfüllte mit einem Mal die Umgebung. Sie beherrschte alles. „Ah, Noven der Name, richtig?“ Obwohl die Stimme sehr langsam sprach, mit endlos scheinenden Pausen zwischen den Wörtern, so, dass man erwartete der Satz wäre beendet, beherrschte sie dennoch alles. Sie war ein Gebieter, den man sich nicht zu unterbrechen traute. Ohne eine Antwort auf die Frage zu erwarten fuhr die Stimme fort.

„Ach, Namen wer braucht so etwas schon? Ich erkenne auch so wer vor mir steht. “ Eine minutenlang scheinende Pause folgte, in der sich Noven kaum zu atmen traute. Was geschah mit ihm? Sein letzter Rest Verstand sagte ihm, dass er tot sein müsste, doch was war dann dies hier? Sollte er letztendlich doch vor dem Gericht der Götter für seine Taten zur Verantwortung gezogen werden?

Schließlich fuhr die Stimme fort.

„Ich sehe, du hast viele Fragen, wie Menschen wie du sie immer haben. Nun gut, ein paar will ich beantworten: Da Namen für euch so wichtig sind: Man nennt mich Ascron oder auch den 13. Diener des Schattens. Ich erwarte nicht, dass du jemals etwas von meinem Herrn und Meister gehört hast, der Herrscher der Schatten und der Dunkelheit versteht es, im Verborgenen zu bleiben. Dennoch hat er dein Leben mehr beeinflusst, als dein Verstand es fassen könnte.

Hast du etwa geglaubt, du hättest deine kleine Freundin aus reinem Zufall gefunden? Der Zufall war nie so gütig, dein Schicksal wurde vorherbestimmt. “ Wer war diese Freundin, von der die Stimme sprach? Was war vor seinem Tod passiert? Der Versuch, sich daran zu erinnern, brachte nichts als Schmerzen, er sah nur Schmerz und Leid.

„Ah, ich sehe, du kannst dich noch nicht erinnern. Keine Sorge das ist nichts ungewöhnliches, bald wirst du dein Gedächtnis wiederfinden.

Die Bilder, die du eben gesehen zu haben glaubtest waren Abbilder deiner Gedanken und deiner Erinnerungen. Zugegebenermaßen wahrscheinlich nicht als solche erkennbar, aber du wirst dich an ihren Anblick gewöhnen, früher oder später. Ich rate dir jedoch damit nicht allzu lange zu warten. Es wird nicht das letzte Mal gewesen sein, dass du hier warst. “ Eine lange Pause folgte, in der Noven immer mehr kurze Blitze von Erinnerungen durch den Kopf schossen. Sie trugen Leid, Schmerz und Kälte, mit der Zeit jedoch wurden die Fetzen, die er erkennen konnte zahlreicher, bis sich schließlich der dunkle Vorhang auflöste und die Erinnerung zurückkam.

Leyla, das einzige im Leben, was er geglaubt hatte beschützen zu können war nun allein. SIE war es gewesen, die er gesehen hatte, ER war der leblose Körper am Boden gewesen. Dennoch war die Erinnerung beinahe schmerzhafter, als alles andere. Die Erinnerung an ihre sinnlichen Lippen, an ihre tiefblauen Augen, in denen er sich beinahe verloren hatte, ihre Umarmung, wie sie ihn zärtlich gestreichelt hatte, ihr heftig nur für ihn schlagendes Herz, als sie sich vereinigt hatten, trieben ihm Tränen in die Augen, die er schon lange nicht mehr besaß.

Er fiel auf die Knie, konnte sich nicht mehr weiter halten, der erstickende Griff um sein innerstes wurde stärker und stärker.

Die Erinnerung an die Verbindung ihrer Seelen kam zurück, ihre damals so zärtlichen Berührungen schienen in seinen Gedanken nun wie Feuer zu brennen. Er war im Himmel geflogen, getragen durch eine göttlich erscheinende Kraft. Nun schien er zu fallen, immer weiter in die ewige Dunkelheit hinein.

„Ich sehe, ich sollte dich nicht zu sehr beanspruchen.

Du solltest jedoch noch einige Dinge wissen: Zum Einen, der Herr und Meister wird stets dein Schicksal bestimmen, die Dunkelheit und die Kühle, die du vielleicht bei deinen mehr als hilflosen Verteidigungsversuchen gespürt hast war sein Wille, seine führende Hand. Dein Leben endet, wann er es will, bis hierhin jedoch hast du deine Aufgabe noch nicht erfüllt. Du hast dich nicht umsonst für ein einsames Leben in der Wildnis entschieden, die Einsamkeit ist ein Teil des Schattens.

Auch, wenn du glaubst, du seist ein normales Lebewesen der Menschenart, so bist du es nicht. Finde dich damit ab und lebe dein Leben wie du es bisher gewohnt warst, sei dir jedoch sicher, dass der Herrscher selbst oder einer seiner Diener von Zeit zu Zeit Besitz von dir ergreifen wird. Das warum geht dich ebenso wenig an wie mich, der Herrscher erteilt seine Befehle, wie es seinem großen Plan entspricht. “ Mit diesen letzten Worten zog sich die Stimme langsam zurück, als würde sie sich mit unglaublicher Geschwindigkeit entfernen.

Die Dunkelheit umschloss ihn immer mehr, bis sie jede Pore seine Körpers erreicht hatte. Er schloss die Augen, bereit endlich dem erlösenden Ende entgegenzutreten, jedoch mit der pochenden Gewissheit, weiterleben zu müssen. Unaufhörlich umgeben von Leid, Tod und Schmerz.

Noven fühlte kalten Erdboden unter sich, seine Gelenke fühlten sich steif und unterkühlt an. Als er die Augen aufschlug blickte er in einen wolkenverhangenen Nachthimmel, die Kälte in seinen Gliedern wurde schmerzhaft.

Er trug keine Kleidung, als er sich unter einem leisen ächzen auf sie Seite drehte lag ein zerrissener Stapel Stoff neben ihm. Mangels einer Alternative, streifte er sich mühsam ein Teil über, welches wohl mal ein Pullover gewesen war und zog eine nur noch mit viel Fantasie als Hose erkennbares Stoffstück an.

Langsam erinnerte er sich an die letzten Momente, bevor er bewusstlos geworden war. Eigentlich hätte er beinahe tödliche Wunden an sich finden müssen, hätte in seiner eigenen Blutlache erwachen müssen.

Doch nichts dergleichen war vorhanden. Bis auf seine von der Kälte schmerzenden Muskeln waren keine Verletzungen zu spüren, als wäre dies alles niemals geschehen.

Unter Schmerzen versuchte er aufzustehen, sank dabei jedoch mehrmals wieder zurück. Seine Muskeln waren zu lange nicht benutzt worden, als dass sie nun wieder ohne Probleme funktionieren würden. Da er keine andere Möglichkeit sah, sich ein Bild von seiner Situation zu verschaffen, kroch er nun langsam über den Boden, mal nur mit dem Oberkörper über den Boden rutschend, mal in dem Versuch sich wenigstens mithilfe der Hände kriechend vorwärts zu bewegen.

Sein Erfolg war dementsprechend nur mäßig, jedoch half es wenigstens zum Teil sich wieder an Bewegung zu gewöhnen. Nach einer gefühlten Ewigkeit, ohne etwas erreicht zu haben als den Erdboden aufzureiben, sank letztendlich wieder in einen unruhigen Schlaf.

Er wachte auf, als ihn etwas am Rücken streifte. Alte Instinkte erwachten in Sekundenschnelle, reflexartig versuchte er nach seinen Säbeln zu greifen, die er immer neben seinem Schlafplatz liegen hatte, doch seine Hände fühlten nichts als kalte Erde.

Seine Schmerzen ignorierend drehte er sich in einer einzigen, wenn auch nicht ganz so fließenden Bewegung wie sonst, auf die andere Seite, eine Hand ging in Richtung der Stell, an der sein zweiter Säbel hätte liegen müssen, eine hielt er schützend über sich. Beinahe eine halbe Minute verstrich, bis er realisierte, dass seine Hand auf einem fremden Körper lag. Dieser war im Gegensatz zu seinem warm, eine beschützende Aura ging von ihm aus, als würde die Wärme des Anderen allein ihn wärmen wollen.

Erst jetzt bemerkte er, dass er seine Augen immer noch geschlossen gehalten hatte, langsam lösten sich seine verklebten Wimpern voneinander. Es dauerte einen Moment, bis das Bild vor seinen Augen klar wurde, immer mehr Konturen wurden sichtbar. Er erkannte einen Wald, mit hohen Bäumen, die ihn umgaben. Kleinere Büsche und Sträucher wurden sichtbar, doch seine Aufmerksamkeit galt längst etwas anderem. Vor ihm lag eine wunderschöne Frau, die ihm direkt in die Augen sah.

Ihr Blick war beschützend, voll von tief aus dem inneren kommender Zuneigung und wissend zugleich, als würden sie sich schon seit ihrer Geburt kennen, ihr Geist jedoch immer noch vereint.

Er spürte wie ihr Blick ihn durchdrang, sie war die einzige die seine Seele jemals wirklich gesehen hatte. Wie magisch entstehende Wärme durchspülte seinen Körper, die Kälte wurde aus jedem einzelnen Teil seines Körpers vertrieben, ein Gefühl der Geborgenheit machte sich breit.

Nur eine Person war dazu in der Lage: Leyla. Worte waren stets zu wenig gewesen, um ihr gerecht zu werden, die zärtlichen Berührungen, ihre sanften Küsse sagten mehr als tausende davon. Doch nichts auf der Welt würde jemals ihren Blick, ihre unendlich erscheinenden Augen ersetzen können.

Auch im Moment lag sie einfach nur da und sah ihn an. Jedes Geräusch hätte die Aura zerstört, die sich wie eine Decke über sie beide zu legen schien.

Er hatte so viele Fragen stellen wollen, was passiert war, ob es ihr gut ging. Allein ihr Blick erstickte diese Fragen, sie waren mit einem Mal unwichtig geworden. Nur eines war von Bedeutung: Dass sie endlich wieder beieinander waren. Nur wenige Stunden hatten sie bis jetzt ihre gegenseitige Liebe auskosten können, von da an waren sie getrennt gewesen.

Ein dunkler Schimmer erschien auf seinem Gesicht, nur um kurz darauf wieder zu verschwinden, doch eine Spur davon blieb zurück.

Die Erinnerung an den Herrscher der Schatten hatte er behalten. Er hatte Leyla in Gefahr gebracht, hätte sie beinahe dem Tod überlassen. Als er sich entschied, zu kämpfen, war er nicht er selbst gewesen. Die Macht der Dunkelheit hatte ihm geholfen, sonst läge er nun als verwesende Leiche auf dem kalten Waldboden. Wer oder was war er wirklich? Konnte er weiter in der Nähe von Leyla bleiben, ohne zu jeder Zeit einen Angriff fürchten müssen.

Er war das eigentliche Ziel gewesen, Leyla war nur der Köder gewesen. Der Plan war ausgesprochen gut geplant und hätte genauso funktioniert, wäre nicht eine bisher unbekannte Seite an ihm zum Vorschein gekommen.

Ein weiterer Gedanke entstand, schaffte es beinahe den Moment zu zerstören: Hatte Leyla etwas gewusst? War sie in den Plan eingeweiht gewesen? Mit einem kaum merklichen Kopfschütteln verwarf er diesen Gedanken. Er wollte nicht glauben, sie hätte ihm nur etwas vorgespielt.

Dann würde sie nicht hier liegen, ihre Liebe war ehrlich, das hatte er mit seiner Seele gespürt. Sie war in diesem Spiel ebenso ein Opfer wie er.

Wie zur Bestätigung begann er mit seinen Händen nach ihr zu tasten, zog sie schließlich zärtlich zu einer Umarmung an sich heran. Die Schmerzen waren beinahe vollständig weg, nur noch ein leichtes ziehen war zu spüren. Ganz langsam kamen sie sich immer näher, immer noch auf dem Boden liegend und ohne ein Wort gesprochen zu haben.

Sanft wie eine Wolke spürte er ihre weichen Berührungen auf seinen Schultern, wie sie Zentimeter für Zentimeter über seinen Nacken wanderten, bis ihre Hände sich schließlich dahinter verschlossen.

Das Gefühl, sie endlich wieder an sich spüren zu können, ihren Duft wieder riechen zu können, seine Hände hinter ihrem Rücken verschließen zu können, sie dabei fest an sich gepresst zu halten, als würde er sie nie wieder loslassen wollen, entlockte ihm ein wohliges Seufzen.

Wie von selbst trafen sich ihre Lippen, er konnte sie einatmen, inhalierte mit jedem Atemzug ihre Düfte. Ihre Zungen vereinten sich zu einem nur für sie beide inszenierten Tanz, er schmeckte ihre Zuneigung, spürte mit all seinen Sinnen ihre Liebe.

Die Sonne wanderte am Himmel immer weiter, doch sie schenkten ihr keine Beachtung, nur sie beide waren wichtig. Noven hielt sie die ganze Zeit fest bei sich, ihre Arme blieben hinter seinem Nacken verschränkt.

Erst als seine Arme anfingen zu verkrampfen löste er die Umarmung und beendete damit ihren scheinbar ewigen Kuss.

Er wusste nicht, wie lange sie so dagelegen hatten, doch er bereute keine einzige Sekunde. Was auch kommen würde, er würde sie nicht zurücklassen. Egal was es auch sein mochte, er konnte sich ein Leben ohne sie nicht mehr vorstellen. Diese Momente ihrer Verbindung waren durch nichts auf der Welt zu übertreffen, die Sehnsucht danach war so stark gewesen, dass er bereit gewesen war sich selbst umzubringen, um den Schmerz des Verlustes nicht ertragen zu müssen.

Von hieran würden sie nur über seine Leiche getrennt werden, das schwor er sich.

Dennoch, das was Ascron zu ihm gesagt hatte konnte man nicht einfach ignorieren, dafür hatte der Diener der Schatten gesorgt. In wie weit seine Worte der tatsächlichen Wahrheit entsprachen konnte Noven im Moment noch nicht beurteilen, doch er fürchtete, dass sie näher an der Wahrheit lagen, als ihm lieb war. Er würde Leyla davon erzählen müssen, doch ein Blick in ihre Augen ließ seine Entschlossenheit sofort verschwinden.

Diese Augen hatten es nicht verdient, derartige Dinge sehen zu müssen.

Er bemerkte ihren fragenden Gesichtsausdruck, kaum zu bemerken, doch seitdem sie sich getroffen hatten, hatte ihre Verständigung ohne Worte stets besser funktioniert als unbeholfene Erklärungsversuche. Mit Worten hatte er nie geschickt umzugehen gewusst, sie zerstörten oft mehr als sie erschufen. Ein leichtes Kopfschütteln kam von ihm als Antwort, er würde diesen Moment nicht mit Worten zerstören. Er wusste noch nicht einmal für sich selbst, wie er die Ereignisse der letzten Zeit, verstehen sollte.

Waren Stunden, Tage, Wochen oder sogar Monate vergangen? Er wusste es nicht.

Egal wie viel Zeit gegangen war, allein ihre Gegenwart machte die Momente zeitlos. Er würde ihr viel zu erklären haben, doch das konnte warten, musste warten. In einem Versuch aufzustehen, schaffte er es immerhin in eine kniende Position. Obwohl sich seine Muskeln gesund anfühlten, fehlte ihnen dennoch die nötige Kraft. Die nächsten Tage würden beschwerlich werden, doch sie würden vergehen.

Sie streckte vorsichtig ihre Hand zu ihm aus, bedeutete ihm bei ihr zu bleiben. Ohne, dass sie ihn berührt hätte, schien es, als würde sie ihn zu sich ziehen. Er gab dem nur zu gern nach und sank in ihre offenen Arme, zu einem dieser intensiven Küsse, die nur sie ihm schenken konnte.

Sie verschmolzen zu einer Einheit, nichts mehr war zwischen ihnen, dass sie in diesem Moment unterschieden hätte.

Sein zerrissener Pullover war hochgerutscht, so dass er ihre Brüste durch den ihren deutlich spüren konnte. Ihre Brustwarzen zeichneten sich bereits deutlich ab, wie zwei Perlen fühlte er sie an seiner Brust.

Langsam ließ er seine Hände über ihren Rücken wandern, kurz bevor er am unteren Rand ankam drehte er wieder um und ließ sie an ihrer Seite wieder nach oben gleiten, dabei vorsichtig darauf bedacht ihre Brustansätze nur um Millimeter zu verfehlen.

Er spürte ihre immer weiter steigende Erregung, wollte jedoch sicher gehen, dass die Wärme ihrer Körper den kalten Winter würde vertreiben können. Obwohl er wusste, dass dies längst der Fall war, wusste er ebenso gut, wie sehr es ihr gefiel, wenn er sie hinhielt.

Ihr Kuss wurde immer fordernder, sie wollte ihn jetzt spüren, fühlte dasselbe Verlangen wie er. Nur zum Teil gab er ihrem Wunsch nach: Gemeinsam befreiten sie sich von ihren Oberteilen, so dass er nun ihre an ihn gepressten Brüste deutlich spüren konnte, doch als sie weiter gehen wollte, hielt er sanft ihre Oberarme fest.

Nur eine sanfte Berührung hatte ausgereicht, um sie verharren zu lassen, sie verstanden sich immer noch ohne Worte.

Er spürte ihren Herzschlag, jede einzelne Bewegung ihrer Muskeln. Nichts auf der Welt würde dies ersetzen können. Ihr Puls wurde ohne, dass sich einer von ihnen bewegte immer stärker. Seine Geschwindigkeit blieb auf nahezu demselben Tempo, nur die Kraft des unaufhörlichen Pumpens des Herzen nahm zu. Sein eigener Herzschlag wurde von ihr aufgenommen und immer wieder noch stärker zurückgegeben.

Ohne die kleinste Regung lagen sie so beinahe minutenlang da, das Leben des anderen fühlend, seinen Duft einatmend, während sich ihre Seelen immer näher kamen:

Wie zwei junge Hunden schienen diese sich erst umeinander herumzugehen, noch der Fremdheit des anderen bewusst. Nur langsam kamen sie sich näher, sorgsam darauf achtend, dass der andere das eigene Revier nicht missachtete. Immer mehr begannen sie, den Duft des anderen zu schnuppern, er schien seltsam fremdartig, aber dennoch vertraut.

Die erste Berührung war mehr ein versehentliches, nicht schnell genug zurück gezogenes Bein, wie nach einem Stromschlag zuckten beide zurück, nur um dies darauf hin zu wiederholen. Die Berührungen wurden immer länger, reichten um die Wärme des anderen zu spüren. Längst hatten sie ihren Tanz umeinander aufgegeben, konzentrierten sich nun vollständig auf die Bewegungen des anderen. Immer mehr wurden sie zu einer einzigen, nicht mehr voneinander zu trennenden oder unterscheidbaren Einheit.
Die Umgebung wurde mit jeder Minute unwichtiger, als hätten sie eine unsichtbare Wand aufgebaut, sank das zwitschern der Vögel, das rauschen der Bäume im Wind, sogar der Wind selbst in den Hintergrund.

Ohne, das er es aktiv wahrgenommen hätte, lag nun Leyla genauso wie er völlig entkleidet, die Beine um ihn geschlungen da. Er spürte, wie seine Erregung beinahe schmerzhaft zwischen ihnen eingeklemmt lag, gerade so, dass er mit nichts ihr Heiligtum berührte.

Ihre Hände wanderten beinahe ungeduldig über seine Hüfte zu ihrer und wieder zurück. Geschickt schaffte er es, diese jeweils ein paar Millimeter von ihrer Spalte und seinem Glied entfernt zu halten, jedoch jedes Mal so nah heran, dass das ihre Vorfreude darauf immer eindeutiger wurde, immer leichter wurde die ihre samtweiche Hand, als würde sie von Engeln getragen.

Da er sich aus ihrer Umklammerung weder befreien konnte noch wollte, begann er damit, ihre Brustansätze soweit zu streicheln, wie es eben möglich war. Sanft, wie nur die Ahnung eines Lufthauches strich er darüber, so, dass sie nur durch die Wärme seiner Hände seine Anwesenheit dort spüren konnte.

Dies alles geschah, ohne dass sie ihren Blick von den Augen des anderen gelöst hatten. Er war die Verbindung ihrer Seele, das Tor, durch das sie die Gefühle des anderen mit ihm zusammen spürten.

In einem unendlichen Ozean schien er zu schwimmen, warm wie ein guter Platz am Feuer, behütend wie die eigene Mutter.

Mit der Zeit wurde es auch für ihn immer schwerer sich zurückzuhalten, auch seine Berührungen wurden fester, langsam hatte er begonnen ihre Brüste zu massieren. Ihre Hände hatten die mittlerweile überquellende Nässe ihrer selbst wie ein Schutzfilm über sie beide gelegt, bestehend aus einem Geschenk, dass ganz allein ihm zuteil wurde.

Langsam, aber bestimmt ließ er seine Hände an ihr herunter gleiten, bis sie schließlich auf ihrer Hüfte zu Ruhe kamen.

Mit einer kaum bemerkbaren Bewegung erlaubte er ihr nun, ihn zu berühren. Wie ein hungriges Kind nahm sie dieses Angebot sofort an. Mit ihrer samtweichen Haut strich sie darüber, bis sie schließlich an der Spitze angelangt war. Ganz vorsichtig begann sie damit seinen Lusttropfen darauf zu verreiben. Ein scharfer Atemzug entwich ihm, nur schwer konnte er ein allzu lautes Stöhnen unterdrücken.

Kurz darauf ließ er nun auch seine Finger in ihre Quelle gleiten, sie war bereits so nass, dass sich einige größere Tropfen gebildet hatten. Ohne Probleme glitt ein Finger von ihm hinein, mit einem zweiten zog er immer enger werdenden Bögen um ihre Perle. Vorsichtig bewegt er den Finger in ihr, jeweils nur ein paar Millimeter, doch es reichte um ihr ein tief aus der Brust kommendes Stöhnen zu entlocken.

Dabei hatte er sich ein wenig von ihr gelöst, so dass er nun in der Lage, mit seiner zweiten Hand ihre Brüste vollends zu umschließen. Langsam wanderte er mit seinem Kopf tiefer, nicht ohne sie dabei mit hunderten heißen Küssen zu überdecken. Und begann damit, ihre Brustwarzen abwechselnd zu lecken. Beginnend mit einigen Umkreisungen seiner Zunge und dem Streicheln seiner Hand, wurde dieses Umkreisen zu einem leichten Saugen, seine Hände fuhren damit fort, sie leicht zu kneten.

Immer wieder wechselte er zwischen der linken und rechten Brust, sorgte dafür, dass allein ein leichtes Streicheln darüber ihr ein Stöhnen entlockte, während seine andere Hand unaufhörlich ihr an Heiligtum beschäftigt war. Rasend schnell kam sie dem Höhepunkt immer näher, doch wie zuvor verstand er es, kurz davor seine Bewegungen zu beruhigen.

Ihre Körper befanden sich mittlerweile in einem himmlischen Tanz, jeder Muskelspannung des anderen schien, als wäre sie bereits Monate zuvor einstudiert.

Wie selbstverständlich wurde jede einzelne Bewegung des anderen aufgenommen, unmittelbar in die eigenen mit aufgenommen.

Ihre Lippen fanden sich zu einem Kuss, der scheinbar mehr erreichte, als die bloßen Lippen des anderen. Er fühlte sie mit all seinen Sinnen, der Kuss fühlte sich an, als wäre sie die Erlösung selbst. Es schien, als würde ihr Atem unter seiner Haut angelangen, sie wurde zu seinem Lebenselixier.

In einer fließenden Bewegung schlossen sich ihre Arme um ihn, und zogen ihn wieder ganz zu ihr.

Tief in ihr spürte er an seiner Brust ihren pochenden Herzschlag, der wie Paukenschläge auf ihn überzugehen schien, den innigen Tanz ihrer Seelen.

Wie von selbst ließ er seine Mitte in sie gleiten, bereitwillig nahm sie ihn auf. Sie waren zu einem einzigen Wesen verschmolzen, ihr Herzschlag schlug heftig im Unisono, einzig aufgehalten von der Belastbarkeit ihrer Knochen. Ihr Tanz trug sie in nie gekannte Höhen, wie ein zur Vogel der Wärme der Sonne flog, flogen sie zur Wärme der Erlösung, durch den Ozean der Lust weiter hinauf, getragen von Wolken aus ihrem eigenen Himmel.

Er spürte ihren Höhepunkt kommen, sie bäumte sich auf und fiel daraufhin sofort wieder auf den Boden zurück, begleitet von einem Schrei der Lust, der in seinen Ohren länger hallte, als alles andere, was er jemals gehört hatte. Ihre Mitte schien überzulaufen, ein reißender Fluss von ihrem Liebessaft hatte sich gebildet, den sie mit unkontrollierbaren und doch so genau platziert scheinenden Zuckungen aus sich heraus schwemmte. Dieser Behandlung konnte auch er nicht länger widerstehen, sein ohnehin schon steinhartes Glied schien nun noch weiter anzuschwellen, als er es für möglich gehalten hatte.

Mit einem tiefen aus seiner Brust kommenden Stöhnen erreichte auch er den Höhepunkt und trug dazu bei, dass ihr Brunnen weiter gefüllt blieb.

Nur langsam kamen sie zur Ruhe, immer wieder wurde ein weiter Kuss angestrengt, ein immer wieder aufflammender kurzer, dafür umso intensiverer Tanz ihrer Zungen. Die Liebe hatte sich wie eine beschützende Kuppel um sie aufgebaut, die die Kälte und die Umgebung von ihnen abgehalten hatte. Vorsichtig löste er die Umarmung, die sie in den letzten Minuten fest gehalten hatten.

Es dauerte Minuten, bis sie wieder in der Lage waren aufzustehen. Dennoch, jede einzelne Sekunde war es wert gewesen. Sie gab ihm einen Grund zu leben, sie war der Grund, weshalb er drei Menschen kaltblütig ermordet hatte. Eine sich wie leer anfühlender Gedanke schoss durch seinen Kopf, er hatte Ascron nicht vergessen, würde ihn niemals vergessen können. Noch wusste Leyla nichts davon, aber früher oder später würde der Moment der Wahrheit kommen.

Er musste es ihr erzählen.

Er merkte, dass er die Augen geschlossen hatte, als er sie öffnete blickte er in Leylas besorgtes Gesicht. Zuerst war er verwundert, warum, ihr Gesicht ließ keine Zweifel, dann wurde ihm bewusst, dass er geschrien hatte. Wenn sie von Ascron erfuhr, würde ihre Liebe beendet sein, niemand konnte mit jemandem auch nur nahe sein, wenn dieser jemand nicht mehr er selbst war, sondern ein Werkzeug des Schattens.

Sie musste es erfahren, sie hatte ein Recht darauf.

Er konnte nicht, es würde ihn zerstören, ihm den Sinn des Lebens nehmen. Er sah wie Leyla langsam auf ihn zuging, er ließ sich in ihre Arme fallen, als wäre sie sein starker Beschützer. Er brauchte sie wie ein Neugeborenes seine Mutter brauchte. Sie nahm ihn auf, tröstend und beschützend. Halb verwundert, halb erschrocken stellte er fest, dass ihr Blick ihn wie immer bis hin zu seiner Seele durchdrang, ein Teil ihrer selbst, welches sein innerstes erkunden konnte.

Sie schien so vertraut, er wusste, dass sie wahrscheinlich dasselbe von ihm dachte…

Ihre sanften Worte durchbrachen die Stille, ob sie gut oder schlecht waren, vermochte er nicht zu beurteilen. Nur Eins stand fest: Sie und nur sie allein würde ihm jemals einen Ausweg geben können. „Ich liebe dich und werde das für immer tun. Unsere Verbindung ist etwas besonderes, das spüre ich. Egal was passiert, die Kraft unserer Liebe kann es nicht zerstören.

„ Eine längere Pause folgte, so dass er schon dachte, sie hätte geendet, doch gerade in diesem Augenblick fuhr sie fort. Ihre Stimme war mit einem Mal leise geworden, nur er konnte gerade noch ihre mehr gehauchten Worte verstehen. Sie klangen schwer, um Festigkeit bemüht. „ Als du bewusstlos warst, schienst du mit jemandem zu reden… Ich weiß, was passiert ist. „.

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