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Der Bergsee

Da saß ich nun.

Es war der 19. Juni, im Jahre 1958.

Kalter Regen stob wie die schäumende Gischt eines wilden, ungebändigten Meeres durch die dunklen Winkel der Stadt.

In den wenigen kurzen, trockenen Momenten des Tages stieg jedoch, wie Schwefel aus der Hölle, eine heißfeuchte und nicht minder unangenehme Schwüle in der Luft auf und trieb den mehr und mehr verzagenden Haufen von müßiggängigen Leuten in der kleinen Pension sofort wieder nach drinnen zurück, in die stickige Luft der letzten vier Tage.

Für die alljährliche Sommerfrische in das nahe Gebirge zu fahren, schien plötzlich kaum mehr ein guter Einfall gewesen zu sein.

Auch der Verzicht auf Damenbegleitung maß sich im Angesicht der betrüblichen Wetteraussichten nicht sonderlich klug an.

Und darob war ich nun ein Gefangener meiner Selbst, ein Mann in den guten Jahren, allein und den lüsternen Blicken der alten Witwen zu Tisch, dem Getuschel der hässlichen Jungfern am Kamin, der garstigen Neugier der dicklichen Matronen beim Kartenspiel wehrlos ausgeliefert.

Wenn ich es, zwischen den Mahlzeiten und den immer leidigeren, blutleeren Partien Dame und Schach erübrigen konnte, ging ich auf mein Zimmer und duschte.

Genauer gesagt duschte ich mich von morgens bis abends, ich hasste Schweiß, weil man sich wie ein Kranker vorkam.

Und was sollte ich auch sonst tun: Es flatterte und flirrte von Menschen, die mit der flackernden Nervosität eingesperrter Untätigkeit unausgesetzt plaudernd auf und nieder gingen.

Jedes Gesicht war mir vertraut bis zum Überdruß, das scharfe Lachen der Frauen reizte, das polternde Streiten eines nachbarlichen holländischen Ehepaares ärgerte nicht mehr, und nicht für einen Augenblick konnte man dem elektrischen Ventilator entgehen, der wie eine toll gewordene stählerne Fledermaus einem surrend über der Stirn kreiste.

Alles war mir so vertraut, alles schien so vorhersehbar.

So blieb nur die Flucht!

Ich beschloß mit dem Automobil in das dichter besiedelte Nebental zu fahren, dort gehoben zu dinieren (eine Abwechslung zur deftigen Hausmannskost die man von der Landesküche gewöhnt war) und vielleicht zu telegrafieren.

Am diesem späten, düster-drögen Nachmittag also, ging ich durch die Eingangshalle, um auf den Stellplatz meines silbernen Studebakers zu kommen.

Allerdings kam ich nicht weit, denn ich erblickte zufällig jemanden, eine Person, eine Frau, – wohlbekannt – und mit einem Mal, wie bei einem Blitzschlag, wurde mir es gewahr!

Eine Idee begann in mir zu reifen, eine Frage nur musste ich stellen, um sie in die Tat umzusetzen…

Es war kurz nach meiner Ankunft, als ich das Mädchen mit dem blonden Roßschwanz zum ersten Mal erblickt hatte, man musste sich im Speisesaal versammeln, um anzustehen wegen Tischkarten.

Ein junges Mädchen, kaum erwachsen, Engländerin ihrem Akzent nach, mit einem Gesicht voller Sommersprossen.

Lange sah ich nur ihren Rücken, studierte die Schultern, die so schmal schienen, zu schmal fast; ich konnte nicht umhin sie anzusprechen.

Mit dem Finger tippte ich sie an; eine Nonchalance die ich mir nicht zugetraut hätte, zumindest ohne unter dem Einfluss des schweren Rotweins zu stehen, für den dieser Landstrich hier bekannt war.

Sie drehte ihr hübsches Köpfchen zu mir.

„Qu’est-ce que souhaitez-vous, monsieur?“, fragte sie in kindlichen Ton.

Eine zu arglose Frage gegenüber eines argwöhnischen Mannes!

Sie lächelte mich an.

Und mir verschlug es für einen Moment die Sprache, ich suchte nach Worten.

Nur ich fand keine.

Sie redete inzwischen weiter, schüttelte dabei ihr hübsches Köpfchen, behandelte mich wie einen ihrer jungen Freunde.

Ich wurde immer nervöser, weil ich die Lächerlichkeit empfand, so stumm vor ihr zu stehen, übergossen von ihrem prasselnden Geschwätzigkeiten.

Das Schweigen war unerträglich.

Ich wäre am liebsten weggegangen, aber das schien doch zu brüsk, zu plötzlich.

Unsicher begann ich mich vorzustellen:

„Je sius Roman Faber, et ils?“

Ich hob entschuldigend die Hände, feixte halb unbeholfen, halb unbeeidruckt von der prekären Situation und wie durch ein Wunder gelang es mir, das Gespräch in eine mir entgegenkommende Richtung zu lenken.

So erfuhr ich einiges von dem blonden Mädchen:

Ihr Name war Lydia.

Sie war mit ihrer Mutter hier, da diese, von schlimmer Schwindsucht gezeichnet, nach reiner Luft gierte und nur fern von der Schärfe des Meeres, weit weg von den qualmenden Schornsteinen ihrer Heimat ruhig zu atmen vermochte.

Wie ich ihren Worten, aber auch ihrer Garderobe und den feinen Gesten entnahm, sowie diesen altehrwürdig versnobten Drang französisch zu parlieren, sprach ich mit einer Tochter aus gutem Hause.

Landadel stand zu vermuten.

Denn sie kam aus Leicester, und als ich ihr erzählte, dass ich ich als junger Mann ebendort gearbeitet hatte, als Protokollist in der Verwaltung von Leicestershire, drängte sie es sofort, mich nach dieser, doch merkwürdig anmutenden Tatsache auzufragen, dass ein Deutscher, womöglich noch während des Krieges, im Königreich arbeitete.

Ich vertröstete sie jedoch auf ein andermal, da der Rezeptionist, ein französischer Bürokrat, unhöflich wenn man nicht französisch sprach, dann aber wieder charmant und über alle Maße höflich, nun ihren Namen aufrief.

Aber meine Erscheinung hatte wohl Eindruck auf ihr junges Gemüt gemacht.

Schon am ersten Abend spielten wir Pingpong, unser erstes und letztes, redeten so über dies und das, nichts von Bedeutung; Oberflächlichkeiten, die gleich unserer Spielbälle nur so hin und her flogen.

Und nun, an diesem Regentag, den fünften nach unserem ersten Gespräch, ersuchte ich sie also mich zu begleiten.

Es war wohl die Faszination an meinem Wagen und dazu die Aussicht, wenigstens für einen halben Tag ihrer kranken Mutter zu entkommen, die sie, kaum das die Frage gestellt war, mit großen Augen und einer fast ungebührlich festen Umarmung, ein entzücktes und hastiges:

„Naturellement, J’amerais! Très bien! C’est une idée manifique, monsieur!“, entlockte.

Wir gingen wenig später nach draußen, der schwere Regenschleier hatte sich zu meinem großen Wohlgefallen verzogen, als meine Begleiterin noch einmal zurücklief, um ihren Automobilschleier zu holen.

Ich startete derweilen den Motor und öffnete meiner Begleitung wenig später die Seitentür.

„Pardon, madame!“

Ich spielte sie perfekt, die Rolle des Bonvivant!

Als wir die Stadt verließen und auf den nassen Straßen Richtung Gebirgspass steuerten, überkam mich plötzlich Müdigkeit.

War es die schwüle Dunstigkeit die in den Bäumen hing, oder auch nur mein Mangel an Schlaf in den heißfeuchten Nächten; in jedem Falle hatte ich mit einem Male Mühe, mich auf die von Rißen durchdrungene Bergstraße zu konzentrieren, die sich in lang geschwungenen Serpentinen, wie eine träge Schlange, den felsigen Sattel hinaufzog.

Ich blickte kurz nach rechts: Ein trübes Glitzern unter der verdeckten Sonne.

Wohl ein versteckter Bergsee im Kessel unter uns.

Dahinter, in der Ferne, die blauen Gebirge.

Hochalpen, gleich kalter Zacken in einer riesenhaften Krone.

Auch meine Beifahrerin wandte ihre großen wasserblauen Augen zur Seite und betrachtete still den atemberaubenden Ausblick auf die Landschaft:

Die gräsernen Abhänge, die, grün und saftig vom Regen, zum Wasser hin abrupt abfielen, farnbewachsenen Heiden, welche in die tiefen Fluten des Sees mündeten und in der Ferne jene grau im Wolkenlicht liegende Steinfelder, die sich in schroffen Felstürmen zu ungeahnten Höhen gen Horizont erhoben.

„Such a marvelous landscape!“, hörte ich sie sagen.

Wenig später endeckte ich eine Abzweigung, an welcher ein Pfeil zu ebenjenem Gewässer deutete, in dem sich zuvor unser beider Augen verloren hatten.

Kurzerhand schlug ich diesen Weg ein.

Sollte doch die Möglichkeit bestehen, wenigstens ein einziges Mal in dieser Sommerfrische die Vorzüge dieses Landstriches voll auszukosten!

Der Weg war nunmehr ein Pfad aus Staub und Geröll.

Ich hatte Angst um die Reifen, genauer gesagt um den Stoßdämpfer, als wir den Berg hinab holperten.

Mehr als ein Mal glaubte ich ein Klirren in den Eingeweiden meines Fahrzeuges zu hören, jedoch kamen Wagen und Passagiere, abgesehen von ein paar blauen Flecken, unversehrt an den sumpfigen Ufern an.

Mit einem Mal schlug uns die Hitze des Nachmittages entgegen.

Die Sonne hatte sich in diesen Minuten vor den Schleier geschoben und brannte fast glühend auf uns herab.

Vor allem war es Lydia, die den Schatten suchte, nicht ohne mit einem blasierten:

„The sun is so hot here!“, auf die Empfindlichkeit ihrer weißen Haut aufmerksam zu machen.

Mir gefiel es, das sie es aufgegeben hatte, in ihrem künstlichen Aristokratenfranzösisch zu säuseln, sondern nurmehr ihre Muttersprache verwendete, deren Wörter mir auf das Beste geläufig waren.

Wir setzten uns unter einen Hulstbaum, der wie eine Insel aus dem morastigen Untergrund herausragte, umgeben von einem schmalen Streifen aus Gras, der trocken genug schien, um sich darauf niederzulassen.

Sie begann mit Leicester, was den nun eigentlich damit sei.

Ich lächelte sie an.

Ob sie denn wirklich die Geschichte eines „Krauts“ hören wollte, eines Mannes der schon in den frühen Tagen des Krieges, weit vor Coventry und den anderen Grässlichkeiten in britische Kriegsgefangenschaft geriet und nur aufgrund von Glück und Zufall in einem Verwaltungsbureau gelandet war, fragte ich Lydia.

Sie schwieg und lehnte in leicht gebeugter Haltung an dem Stamm unseres Schattenspenders, offenbar musterte sie ein Insekt oder ähnliches, jedenfalls richtete sie die Augen, diese tiefen, verträumten Brunnen von sattem Blau zum Boden.

Mir war es aus diesem Grunde möglich einen Blick auf den kalkweißen Brustansatz zu werfen, der verführerisch aus dem Dekollete lugte.

Ungehörig entwickelte mein sündiger Körper Gefühle, die erwartbar für einen Mann meines Alters waren.

Ich konnte meinen begehrenden Augen nicht abwenden.

„Monsieur! Sie beschämen mich!“, sie hatte meine Blicke bemerkt und wandte sich in fast kindlicher Scheu ab.

Was war nun zu tun? Ein Bonmot? Eine Moritat vortragen?

Ich kramte in meinem Gedächtnis, und erinnerte mich wüst an Fragmente eines Volkslieds, von dem ich nicht genau wusste ob es englisch oder irisch war.

Leise summte ich eine Melodie und begann mit der ersten Strophe (die ich hoffte zu rekapitulieren!):

And as I rode through Galway Town to seek for recreation

On the seventeenth of august, me mind being elevated

There were multitudes assembled with their tickets at the station

And my eyes began to dazzle and they’re going to see the races.

With me whack fol the do-fol-the-diddlely-idle-ay…

Doch weiter kam ich nicht.

Mit einem lauten Lachen fragte sie mich, ob ich denn glaubte, dass Leicester in Irland läge.

Beschämt blickte ich sie an.

Was ein Fauxpass!

Doch sie beruhigte mich.

Tatsächlich sei ihre Großmutter Irin gewesen und habe ihr im Kleinkindalter oft die Lieder der grünen Insel vorgesungen.

In jenem, von mir angestimmten, gäbe es eine herrliche Strophe von „sugarsticks“ und „gingerbread“, die in ihr damals die herrlichsten Gelüste geweckt hätte!

Ich lächelte verlegen.

Mit einem Mal blickten wir uns tief in die Augen.

Meine Hand griff ihre Hand.

Ich schenkte ihr einen Kuss auf selbigen.

Als ich meinen Kopf wieder hob, war sie so nah herangerückt, dass sich unsere Gesichter fast berührten.

Ihr Atem ging schneller, ihre Bäckchen verfärbten sich rot.

Wagemutig gab ich ihr einen sanften Kuss mitten auf den Mund.

Dieser blieb zwar unerwidert, aber ich spürte, dass auch sie brannte vor Wollust.

Sollten wir es wirklich wagen?

Mit einem Mal überwog bei ihr der Drang es zu tun, sie zog mich zu sich heran.

Nochmals drückten wir einen Kuss auf des anderen Lippen.

War sie wirklich noch voller Unschuld, dann erstarb diese in jenem Moment eines lustvollen Todes.

Ich wagte es jedoch nicht ihr die Kleider vom Leib zu reißen und schob nur meine Hand unter ihre Bluse.

Vorsichtig legte ich sie auf eine ihrer Brüste.

Auch sie suchte, gleich einer Spinne, die empfindsamsten Ecken meines Körpers.

Und so lagen wir da, fühlend, wie Fischer mit ihren Netzen, wenn sie das Loch suchten, aus dem der Fisch entkommen war.

Und endlich überwand ich mich, liebkoste ihren Gewandbausch so zärtlich wie ich es nur vermochte, langsam aber bestimmt fuhren meine Fingerkuppen über die weiche Haut.

Schließlich zog sie sich ihr Gewand einfach über den Kopf, das Kleid, die Bluse, das Kopftuch, der Bustier glitten in das Gras, und endlich erspähte ich ihre Brust in unverhüllter Schönheit.

Auch mein Hemd, die Weste darüber, den Sommermantel zog ich aus, um ihr ebenbürtig gegenüber zu stehen.

Und wir stürzten zur Erde, weich aufgefangen vom Grün.

Ihren ganzen Körper wollte ich verschlingen, alle Winkel erkunden.

Ich war wie von Sinnen, der Schweiß rann mir von der Stirn.

Sie stöhnte leise.

Ihr Unterkleid war schnell von der weißen Haut genommen, dürstend und toll vergrub ich mein Gesicht in ihren Schoß.

Lydia wurde immer lauter, so dass ich befürchtete jemand konnte die Geräusche, über das Wasser getragen, hören; doch in irgendeiner Weise war ich bereit diese Gefahr in Kauf zu nehmen.

Sie hob leicht den Oberkörper und flüsterte in mein Ohr und sank dann wieder zurück, in angespannter Erwartung.

Etwas ungelenk legte ich mich auf sie, zögerte kurz, und beschloss es zu tun.

Ich setzte an.

Der Bogen spannte den Pfeil, mit lauten Sirren zerriss die Sehne.

Sie verzog kurz ihr schönes Gesicht.

Ich küsste sie abermals und begann.

virgo dum florebam – maledicantur tyhlie.

Ich konnte mich nicht mehr beherrschen, jedes Zeitgefühl war verloren.

Ich lag auf ihr, wie eine zappelnde Forelle, atemlos, schamlos stoßend, voller Gier den Genuß aufsaugend wie den Schierlingsbecher und glaubte nach wenigen Minuten zusammenzubrechen.

Es war nurmehr heiß.

Jedwede Kühle war entschwunden, in der brennenden Nachmittagssonne verschollen. Ich umklammerte ihren Körper, wie ein betrunkener Seemann die Reling des schwankenden Schiffes, leckte mir über die Lippen, war taub und doch hellfühlig, spürte jeden Centimeter ihres Körpers voller schönster Qualen, freudestrunken japsend, und erhöhte mein Tempo in übermenschlich scheinende Takte.

Dunkle Flecken tanzten vor meinen Augen.

Und wie im Nebel, betrunken von den Gelüsten, umgab mich das Schwarz.

Ohnmacht! Meine Sinne waren irgendwie betäubt: Ich brauchte Minuten, um mich an Ort und Stelle zurückzufinden.

Da hörte ich ihr helles Stimmchen, es erzählte mir irgendetwas von „clear water“ und „cold delight“.

Immer noch von Schummrigkeit umfangen, blickte ich auf.

Sie stand vor mir.

Ihre weiße Haut glühte rot in der untergehenden Sonne.

Ich fühlte die Freiheit, die Unbefangenheit dieses Moments.

Ich erhob mich, verschlang abermals mit süchtigem Blick ihren schönen, unschuldigen Leib, herzte und küsste sie, wie ein junger Filou.

Sie grinste, ihr Blick sprach eine Idee:

Nackt wie wir waren, sprangen wir, gleich zwei jungen Kindern in die grünen Fluten. Wie die Venus erschien sie mir, als das grünschimmernde Wasser ihren makellosen Körper umspielte.

Nach wenigen Sekunden der ungestillten Wollust bekam ich sie zu fassen.

Wir küssten uns innig.

Inniger als vorhin, die letzte Bastion jeglicher Konventionalität war gefallen. Glitschig rieben sich unsere zwei Körper aneinander.

Kühl und doch warm.

Ob es wirklich zur Kopulation kam, vermochte ich nicht zu sagen, zu sehr war alles das mich umgab, naß und warm, und von solcher Erregtheit durchzogen, dass mir gar schwindelig wurde.

Dieser Moment voller schwülstiger Schwüle schien Ewigkeiten zu dauern.

Hehre Liebe und Geborgenheit gab mir dieses junge Ding.

Dabei wollte ich doch nur ein wenig Amüsement haben….

Wir trieben in der sachten Strömung vom Ufer, so eng umschlungen, wie wir da schwammen.

Ich holte tief Luft und glitt auf das Rückrat.

Einen kurzen Augenblick noch, dann ließen wir uns los.

Ihr fröstelte und so entschwand der reine Körper meiner kleinen Freundin, stolpernd auf den spitzen Steinen, zum Ufer.

Ich blieb im Wasser, obschon es mich plötzlich ekelte, das Ungeziefer, die Bläschen auf dem braunen Wasser, das faule Blinken der Sonne, ein Himmel voll Gemüse, wenn man rücklings im Wasser lag und hinaufblickte,…

Langsam stieg nun auch ich aus der trüben Brühe.

Leere war in mir.

Ich war satt.

Ich war fürs Umkehren.

Doch sie säumte.

Es gäbe da so ein Bild von Turner, der Sonnenuntergang sei hier so beautiful….

Ich wurde weich, beschloss mein Rollenspiel (war es denn noch eines?) zu verlängern, und wir gingen zurück ins grüne Gras, unser weiches Bett hier draußen am See.

Rostig färbte der stürzende Stern den Abendhimmel.

Es dämmerte.

Die Nacht brach herein.

Sol war niedergegangen, mit seinem lichtbespannten Wagen.

Ein letztes blutrotes Glühen der Zacken, dann urplötzlich, in wenigen Minuten, Dunkelheit.

Wir nahmen uns in den Arm, meine kleine Engländerin und ich und suchten angestrengt den Polaris.

Der Himmel strahlte.

Es war dunkel gegen die Sterne, die ihn weiß durchwirbelten, aber doch:

Er strahlte; es war, als verhüllte dort ein samtener Vorhang ungeheures Licht, als wären die sprühenden Sterne nur Luken und Ritzen, durch die jenes unbeschreiblich Helle vorglänzte.

Große Freude überkam mich nochmals, ich wollte mich hinlegen, den Blick hinauf zu den weißen Hieroglyphen, und nie Gewagtes träumen.

Den Arm hatte ich um sie geschlungen, mein warmes Bündel, dessen Augen mit dem Firmament um die Wette strahlten.

Es begann zu rauschen, ein Lüftlein wehte durch die Bäume am Ufer, es wurde kalt.

Nach wenigen glückseeligen Minuten waren wir gezwungen aufzustehen.

Es hieß wohl Abschied nehmen.

Vom Wasser. Von der Hoffnung. Von der Lust.

Beide drehten wir uns zum umweht-unruhigen See, und wie Ambra tranken wir, aufsteigend aus der Tiefe, den süßlichen weichen Wind, der vom Lande her über die Wellen wehte.

Der „pretender“ war geschlagen!Da saß ich nun.

Es war der 19. Juni, im Jahre 1958.

Kalter Regen stob wie die schäumende Gischt eines wilden, ungebändigten Meeres durch die dunklen Winkel der Stadt.

In den wenigen kurzen, trockenen Momenten des Tages stieg jedoch, wie Schwefel aus der Hölle, eine heißfeuchte und nicht minder unangenehme Schwüle in der Luft auf und trieb den mehr und mehr verzagenden Haufen von müßiggängigen Leuten in der kleinen Pension sofort wieder nach drinnen zurück, in die stickige Luft der letzten vier Tage.

Für die alljährliche Sommerfrische in das nahe Gebirge zu fahren, schien plötzlich kaum mehr ein guter Einfall gewesen zu sein.

Auch der Verzicht auf Damenbegleitung maß sich im Angesicht der betrüblichen Wetteraussichten nicht sonderlich klug an.

Und darob war ich nun ein Gefangener meiner Selbst, ein Mann in den guten Jahren, allein und den lüsternen Blicken der alten Witwen zu Tisch, dem Getuschel der hässlichen Jungfern am Kamin, der garstigen Neugier der dicklichen Matronen beim Kartenspiel wehrlos ausgeliefert.

Wenn ich es, zwischen den Mahlzeiten und den immer leidigeren, blutleeren Partien Dame und Schach erübrigen konnte, ging ich auf mein Zimmer und duschte.

Genauer gesagt duschte ich mich von morgens bis abends, ich hasste Schweiß, weil man sich wie ein Kranker vorkam.

Und was sollte ich auch sonst tun: Es flatterte und flirrte von Menschen, die mit der flackernden Nervosität eingesperrter Untätigkeit unausgesetzt plaudernd auf und nieder gingen.

Jedes Gesicht war mir vertraut bis zum Überdruß, das scharfe Lachen der Frauen reizte, das polternde Streiten eines nachbarlichen holländischen Ehepaares ärgerte nicht mehr, und nicht für einen Augenblick konnte man dem elektrischen Ventilator entgehen, der wie eine toll gewordene stählerne Fledermaus einem surrend über der Stirn kreiste.
Alles war mir so vertraut, alles schien so vorhersehbar.

So blieb nur die Flucht!

Ich beschloß mit dem Automobil in das dichter besiedelte Nebental zu fahren, dort gehoben zu dinieren (eine Abwechslung zur deftigen Hausmannskost die man von der Landesküche gewöhnt war) und vielleicht zu telegrafieren.

Am diesem späten, düster-drögen Nachmittag also, ging ich durch die Eingangshalle, um auf den Stellplatz meines silbernen Studebakers zu kommen.

Allerdings kam ich nicht weit, denn ich erblickte zufällig jemanden, eine Person, eine Frau, – wohlbekannt – und mit einem Mal, wie bei einem Blitzschlag, wurde mir es gewahr!

Eine Idee begann in mir zu reifen, eine Frage nur musste ich stellen, um sie in die Tat umzusetzen…

Es war kurz nach meiner Ankunft, als ich das Mädchen mit dem blonden Roßschwanz zum ersten Mal erblickt hatte, man musste sich im Speisesaal versammeln, um anzustehen wegen Tischkarten.

Ein junges Mädchen, kaum erwachsen, Engländerin ihrem Akzent nach, mit einem Gesicht voller Sommersprossen.

Lange sah ich nur ihren Rücken, studierte die Schultern, die so schmal schienen, zu schmal fast; ich konnte nicht umhin sie anzusprechen.

Mit dem Finger tippte ich sie an; eine Nonchalance die ich mir nicht zugetraut hätte, zumindest ohne unter dem Einfluss des schweren Rotweins zu stehen, für den dieser Landstrich hier bekannt war.

Sie drehte ihr hübsches Köpfchen zu mir.

„Qu’est-ce que souhaitez-vous, monsieur?“, fragte sie in kindlichen Ton.

Eine zu arglose Frage gegenüber eines argwöhnischen Mannes!

Sie lächelte mich an.

Und mir verschlug es für einen Moment die Sprache, ich suchte nach Worten.

Nur ich fand keine.

Sie redete inzwischen weiter, schüttelte dabei ihr hübsches Köpfchen, behandelte mich wie einen ihrer jungen Freunde.

Ich wurde immer nervöser, weil ich die Lächerlichkeit empfand, so stumm vor ihr zu stehen, übergossen von ihrem prasselnden Geschwätzigkeiten.

Das Schweigen war unerträglich.

Ich wäre am liebsten weggegangen, aber das schien doch zu brüsk, zu plötzlich.

Unsicher begann ich mich vorzustellen:

„Je sius Roman Faber, et ils?“

Ich hob entschuldigend die Hände, feixte halb unbeholfen, halb unbeeidruckt von der prekären Situation und wie durch ein Wunder gelang es mir, das Gespräch in eine mir entgegenkommende Richtung zu lenken.

So erfuhr ich einiges von dem blonden Mädchen:

Ihr Name war Lydia.

Sie war mit ihrer Mutter hier, da diese, von schlimmer Schwindsucht gezeichnet, nach reiner Luft gierte und nur fern von der Schärfe des Meeres, weit weg von den qualmenden Schornsteinen ihrer Heimat ruhig zu atmen vermochte.

Wie ich ihren Worten, aber auch ihrer Garderobe und den feinen Gesten entnahm, sowie diesen altehrwürdig versnobten Drang französisch zu parlieren, sprach ich mit einer Tochter aus gutem Hause.

Landadel stand zu vermuten.

Denn sie kam aus Leicester, und als ich ihr erzählte, dass ich ich als junger Mann ebendort gearbeitet hatte, als Protokollist in der Verwaltung von Leicestershire, drängte sie es sofort, mich nach dieser, doch merkwürdig anmutenden Tatsache auzufragen, dass ein Deutscher, womöglich noch während des Krieges, im Königreich arbeitete.

Ich vertröstete sie jedoch auf ein andermal, da der Rezeptionist, ein französischer Bürokrat, unhöflich wenn man nicht französisch sprach, dann aber wieder charmant und über alle Maße höflich, nun ihren Namen aufrief.

Aber meine Erscheinung hatte wohl Eindruck auf ihr junges Gemüt gemacht.

Schon am ersten Abend spielten wir Pingpong, unser erstes und letztes, redeten so über dies und das, nichts von Bedeutung; Oberflächlichkeiten, die gleich unserer Spielbälle nur so hin und her flogen.

Und nun, an diesem Regentag, den fünften nach unserem ersten Gespräch, ersuchte ich sie also mich zu begleiten.

Es war wohl die Faszination an meinem Wagen und dazu die Aussicht, wenigstens für einen halben Tag ihrer kranken Mutter zu entkommen, die sie, kaum das die Frage gestellt war, mit großen Augen und einer fast ungebührlich festen Umarmung, ein entzücktes und hastiges:

„Naturellement, J’amerais! Très bien! C’est une idée manifique, monsieur!“, entlockte.

Wir gingen wenig später nach draußen, der schwere Regenschleier hatte sich zu meinem großen Wohlgefallen verzogen, als meine Begleiterin noch einmal zurücklief, um ihren Automobilschleier zu holen.

Ich startete derweilen den Motor und öffnete meiner Begleitung wenig später die Seitentür.

„Pardon, madame!“

Ich spielte sie perfekt, die Rolle des Bonvivant!

Als wir die Stadt verließen und auf den nassen Straßen Richtung Gebirgspass steuerten, überkam mich plötzlich Müdigkeit.

War es die schwüle Dunstigkeit die in den Bäumen hing, oder auch nur mein Mangel an Schlaf in den heißfeuchten Nächten; in jedem Falle hatte ich mit einem Male Mühe, mich auf die von Rißen durchdrungene Bergstraße zu konzentrieren, die sich in lang geschwungenen Serpentinen, wie eine träge Schlange, den felsigen Sattel hinaufzog.

Ich blickte kurz nach rechts: Ein trübes Glitzern unter der verdeckten Sonne.

Wohl ein versteckter Bergsee im Kessel unter uns.

Dahinter, in der Ferne, die blauen Gebirge.

Hochalpen, gleich kalter Zacken in einer riesenhaften Krone.

Auch meine Beifahrerin wandte ihre großen wasserblauen Augen zur Seite und betrachtete still den atemberaubenden Ausblick auf die Landschaft:

Die gräsernen Abhänge, die, grün und saftig vom Regen, zum Wasser hin abrupt abfielen, farnbewachsenen Heiden, welche in die tiefen Fluten des Sees mündeten und in der Ferne jene grau im Wolkenlicht liegende Steinfelder, die sich in schroffen Felstürmen zu ungeahnten Höhen gen Horizont erhoben.

„Such a marvelous landscape!“, hörte ich sie sagen.

Wenig später endeckte ich eine Abzweigung, an welcher ein Pfeil zu ebenjenem Gewässer deutete, in dem sich zuvor unser beider Augen verloren hatten.

Kurzerhand schlug ich diesen Weg ein.

Sollte doch die Möglichkeit bestehen, wenigstens ein einziges Mal in dieser Sommerfrische die Vorzüge dieses Landstriches voll auszukosten!

Der Weg war nunmehr ein Pfad aus Staub und Geröll.

Ich hatte Angst um die Reifen, genauer gesagt um den Stoßdämpfer, als wir den Berg hinab holperten.

Mehr als ein Mal glaubte ich ein Klirren in den Eingeweiden meines Fahrzeuges zu hören, jedoch kamen Wagen und Passagiere, abgesehen von ein paar blauen Flecken, unversehrt an den sumpfigen Ufern an.

Mit einem Mal schlug uns die Hitze des Nachmittages entgegen.

Die Sonne hatte sich in diesen Minuten vor den Schleier geschoben und brannte fast glühend auf uns herab.

Vor allem war es Lydia, die den Schatten suchte, nicht ohne mit einem blasierten:

„The sun is so hot here!“, auf die Empfindlichkeit ihrer weißen Haut aufmerksam zu machen.

Mir gefiel es, das sie es aufgegeben hatte, in ihrem künstlichen Aristokratenfranzösisch zu säuseln, sondern nurmehr ihre Muttersprache verwendete, deren Wörter mir auf das Beste geläufig waren.

Wir setzten uns unter einen Hulstbaum, der wie eine Insel aus dem morastigen Untergrund herausragte, umgeben von einem schmalen Streifen aus Gras, der trocken genug schien, um sich darauf niederzulassen.

Sie begann mit Leicester, was den nun eigentlich damit sei.

Ich lächelte sie an.

Ob sie denn wirklich die Geschichte eines „Krauts“ hören wollte, eines Mannes der schon in den frühen Tagen des Krieges, weit vor Coventry und den anderen Grässlichkeiten in britische Kriegsgefangenschaft geriet und nur aufgrund von Glück und Zufall in einem Verwaltungsbureau gelandet war, fragte ich Lydia.

Sie schwieg und lehnte in leicht gebeugter Haltung an dem Stamm unseres Schattenspenders, offenbar musterte sie ein Insekt oder ähnliches, jedenfalls richtete sie die Augen, diese tiefen, verträumten Brunnen von sattem Blau zum Boden.

Mir war es aus diesem Grunde möglich einen Blick auf den kalkweißen Brustansatz zu werfen, der verführerisch aus dem Dekollete lugte.

Ungehörig entwickelte mein sündiger Körper Gefühle, die erwartbar für einen Mann meines Alters waren.

Ich konnte meinen begehrenden Augen nicht abwenden.

„Monsieur! Sie beschämen mich!“, sie hatte meine Blicke bemerkt und wandte sich in fast kindlicher Scheu ab.

Was war nun zu tun? Ein Bonmot? Eine Moritat vortragen?

Ich kramte in meinem Gedächtnis, und erinnerte mich wüst an Fragmente eines Volkslieds, von dem ich nicht genau wusste ob es englisch oder irisch war.

Leise summte ich eine Melodie und begann mit der ersten Strophe (die ich hoffte zu rekapitulieren!):

And as I rode through Galway Town to seek for recreation

On the seventeenth of august, me mind being elevated

There were multitudes assembled with their tickets at the station

And my eyes began to dazzle and they’re going to see the races.

With me whack fol the do-fol-the-diddlely-idle-ay…

Doch weiter kam ich nicht.

Mit einem lauten Lachen fragte sie mich, ob ich denn glaubte, dass Leicester in Irland läge.

Beschämt blickte ich sie an.

Was ein Fauxpass!

Doch sie beruhigte mich.

Tatsächlich sei ihre Großmutter Irin gewesen und habe ihr im Kleinkindalter oft die Lieder der grünen Insel vorgesungen.

In jenem, von mir angestimmten, gäbe es eine herrliche Strophe von „sugarsticks“ und „gingerbread“, die in ihr damals die herrlichsten Gelüste geweckt hätte!

Ich lächelte verlegen.

Mit einem Mal blickten wir uns tief in die Augen.

Meine Hand griff ihre Hand.

Ich schenkte ihr einen Kuss auf selbigen.

Als ich meinen Kopf wieder hob, war sie so nah herangerückt, dass sich unsere Gesichter fast berührten.

Ihr Atem ging schneller, ihre Bäckchen verfärbten sich rot.

Wagemutig gab ich ihr einen sanften Kuss mitten auf den Mund.

Dieser blieb zwar unerwidert, aber ich spürte, dass auch sie brannte vor Wollust.

Sollten wir es wirklich wagen?

Mit einem Mal überwog bei ihr der Drang es zu tun, sie zog mich zu sich heran.

Nochmals drückten wir einen Kuss auf des anderen Lippen.

War sie wirklich noch voller Unschuld, dann erstarb diese in jenem Moment eines lustvollen Todes.

Ich wagte es jedoch nicht ihr die Kleider vom Leib zu reißen und schob nur meine Hand unter ihre Bluse.

Vorsichtig legte ich sie auf eine ihrer Brüste.

Auch sie suchte, gleich einer Spinne, die empfindsamsten Ecken meines Körpers.

Und so lagen wir da, fühlend, wie Fischer mit ihren Netzen, wenn sie das Loch suchten, aus dem der Fisch entkommen war.

Und endlich überwand ich mich, liebkoste ihren Gewandbausch so zärtlich wie ich es nur vermochte, langsam aber bestimmt fuhren meine Fingerkuppen über die weiche Haut.

Schließlich zog sie sich ihr Gewand einfach über den Kopf, das Kleid, die Bluse, das Kopftuch, der Bustier glitten in das Gras, und endlich erspähte ich ihre Brust in unverhüllter Schönheit.

Auch mein Hemd, die Weste darüber, den Sommermantel zog ich aus, um ihr ebenbürtig gegenüber zu stehen.

Und wir stürzten zur Erde, weich aufgefangen vom Grün.

Ihren ganzen Körper wollte ich verschlingen, alle Winkel erkunden.

Ich war wie von Sinnen, der Schweiß rann mir von der Stirn.

Sie stöhnte leise.

Ihr Unterkleid war schnell von der weißen Haut genommen, dürstend und toll vergrub ich mein Gesicht in ihren Schoß.

Lydia wurde immer lauter, so dass ich befürchtete jemand konnte die Geräusche, über das Wasser getragen, hören; doch in irgendeiner Weise war ich bereit diese Gefahr in Kauf zu nehmen.

Sie hob leicht den Oberkörper und flüsterte in mein Ohr und sank dann wieder zurück, in angespannter Erwartung.

Etwas ungelenk legte ich mich auf sie, zögerte kurz, und beschloss es zu tun.

Ich setzte an.

Der Bogen spannte den Pfeil, mit lauten Sirren zerriss die Sehne.

Sie verzog kurz ihr schönes Gesicht.

Ich küsste sie abermals und begann.

virgo dum florebam – maledicantur tyhlie.

Ich konnte mich nicht mehr beherrschen, jedes Zeitgefühl war verloren.

Ich lag auf ihr, wie eine zappelnde Forelle, atemlos, schamlos stoßend, voller Gier den Genuß aufsaugend wie den Schierlingsbecher und glaubte nach wenigen Minuten zusammenzubrechen.

Es war nurmehr heiß.

Jedwede Kühle war entschwunden, in der brennenden Nachmittagssonne verschollen. Ich umklammerte ihren Körper, wie ein betrunkener Seemann die Reling des schwankenden Schiffes, leckte mir über die Lippen, war taub und doch hellfühlig, spürte jeden Centimeter ihres Körpers voller schönster Qualen, freudestrunken japsend, und erhöhte mein Tempo in übermenschlich scheinende Takte.

Dunkle Flecken tanzten vor meinen Augen.

Und wie im Nebel, betrunken von den Gelüsten, umgab mich das Schwarz.

Ohnmacht! Meine Sinne waren irgendwie betäubt: Ich brauchte Minuten, um mich an Ort und Stelle zurückzufinden.

Da hörte ich ihr helles Stimmchen, es erzählte mir irgendetwas von „clear water“ und „cold delight“.

Immer noch von Schummrigkeit umfangen, blickte ich auf.

Sie stand vor mir.

Ihre weiße Haut glühte rot in der untergehenden Sonne.

Ich fühlte die Freiheit, die Unbefangenheit dieses Moments.

Ich erhob mich, verschlang abermals mit süchtigem Blick ihren schönen, unschuldigen Leib, herzte und küsste sie, wie ein junger Filou.

Sie grinste, ihr Blick sprach eine Idee:

Nackt wie wir waren, sprangen wir, gleich zwei jungen Kindern in die grünen Fluten. Wie die Venus erschien sie mir, als das grünschimmernde Wasser ihren makellosen Körper umspielte.

Nach wenigen Sekunden der ungestillten Wollust bekam ich sie zu fassen.

Wir küssten uns innig.

Inniger als vorhin, die letzte Bastion jeglicher Konventionalität war gefallen. Glitschig rieben sich unsere zwei Körper aneinander.

Kühl und doch warm.

Ob es wirklich zur Kopulation kam, vermochte ich nicht zu sagen, zu sehr war alles das mich umgab, naß und warm, und von solcher Erregtheit durchzogen, dass mir gar schwindelig wurde.

Dieser Moment voller schwülstiger Schwüle schien Ewigkeiten zu dauern.

Hehre Liebe und Geborgenheit gab mir dieses junge Ding.

Dabei wollte ich doch nur ein wenig Amüsement haben….

Wir trieben in der sachten Strömung vom Ufer, so eng umschlungen, wie wir da schwammen.

Ich holte tief Luft und glitt auf das Rückrat.

Einen kurzen Augenblick noch, dann ließen wir uns los.

Ihr fröstelte und so entschwand der reine Körper meiner kleinen Freundin, stolpernd auf den spitzen Steinen, zum Ufer.

Ich blieb im Wasser, obschon es mich plötzlich ekelte, das Ungeziefer, die Bläschen auf dem braunen Wasser, das faule Blinken der Sonne, ein Himmel voll Gemüse, wenn man rücklings im Wasser lag und hinaufblickte,…

Langsam stieg nun auch ich aus der trüben Brühe.

Leere war in mir.

Ich war satt.

Ich war fürs Umkehren.

Doch sie säumte.

Es gäbe da so ein Bild von Turner, der Sonnenuntergang sei hier so beautiful….

Ich wurde weich, beschloss mein Rollenspiel (war es denn noch eines?) zu verlängern, und wir gingen zurück ins grüne Gras, unser weiches Bett hier draußen am See.

Rostig färbte der stürzende Stern den Abendhimmel.

Es dämmerte.

Die Nacht brach herein.

Sol war niedergegangen, mit seinem lichtbespannten Wagen.

Ein letztes blutrotes Glühen der Zacken, dann urplötzlich, in wenigen Minuten, Dunkelheit.

Wir nahmen uns in den Arm, meine kleine Engländerin und ich und suchten angestrengt den Polaris.

Der Himmel strahlte.

Es war dunkel gegen die Sterne, die ihn weiß durchwirbelten, aber doch:

Er strahlte; es war, als verhüllte dort ein samtener Vorhang ungeheures Licht, als wären die sprühenden Sterne nur Luken und Ritzen, durch die jenes unbeschreiblich Helle vorglänzte.

Große Freude überkam mich nochmals, ich wollte mich hinlegen, den Blick hinauf zu den weißen Hieroglyphen, und nie Gewagtes träumen.

Den Arm hatte ich um sie geschlungen, mein warmes Bündel, dessen Augen mit dem Firmament um die Wette strahlten.

Es begann zu rauschen, ein Lüftlein wehte durch die Bäume am Ufer, es wurde kalt.

Nach wenigen glückseeligen Minuten waren wir gezwungen aufzustehen.

Es hieß wohl Abschied nehmen.

Vom Wasser. Von der Hoffnung. Von der Lust.

Beide drehten wir uns zum umweht-unruhigen See, und wie Ambra tranken wir, aufsteigend aus der Tiefe, den süßlichen weichen Wind, der vom Lande her über die Wellen wehte.

Der „pretender“ war geschlagen!.

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