Seifenblasen
Veröffentlicht am 01.01.2024 in der Kategorie AllgemeinGeschätzte Lesezeit: 4 Minuten, 54 Sekunden
Vorbemerkung: An die Geschichte wird sich der Eine oder die Andere noch erinnern. Die Story war meine erste Onlineveröffentlichung. Ich nahm sie und andere Geschichten aus Enttäuschung über das allgegenwärtige „Downvoting“ aus dem Board. Mittlerweile hat die Bewertung bei ### nicht mehr den gleichen Stellenwert für mich, wie vor Jahren.
Aus Respekt vor dem Leser habe ich die Geschichte leicht überarbeitet, ohne jedoch den ursprünglichen Charakter zu verändern. Wer sucht, wird bestimmt noch Fehler finden und darf sie für sich behalten.
Mir sind sie bewusst, weil sie für die erste Stufe meiner schreiberischen Entwicklung stehen.
Eine vollständige Überarbeitung wäre zwar angebracht, aber die kreative Energie stecke ich lieber in ein neues Projekt.
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Prolog: zersprungen in mir ist Etwas
zersprungen in mir
entzwei gedacht
in meinen Händen find‘ ich nur Gedankensplitter
Allein sitze ich auf der Treppe unseres Hauses.
Die Kälte kriecht aus den Stufen in meinen Körper. Mein leerer Blick ist in den grauen Himmel des aufziehenden Winters gerichtet. In meiner Hand ein Fläschchen mit Seifenblasenlösung. Habe sie von meiner Tochter ausgeliehen. Gedankenverloren gebe ich mich dem alten Kinderspiel hin. -Oh Gott, hoffentlich sieht mich keiner! – -Nein, es ist mir vollkommen egal. Sollen die Leute doch denken, was sie wollen. —
Die Jahre, angefüllt mit Liebe und Vertrautheit sind zu Ende.
Gestern hat sie mich verlassen. Ich kann es nicht kapieren. Ich bin weder zu Trauer, noch zu Hass fähig. Zu verworren sind meine Gefühle und Gedanken.
„Ich liebe dich nicht mehr“, warf sie mir an den Kopf und ging mit dem Koffer in der Hand aus der Tür. Meine Tochter saß schon im Auto. Warum durfte ich mich nicht von ihr verabschieden? „Die gehört mir“, sagte sie, „du wirst sie nicht wieder sehen.
„
– Wer ist ihr neuer Liebhaber? Ich kenne ihn nicht. Hat er ihr das eingeredet? —
Vor einem Jahr hieß es, „ich gehe nur mit meinen Freundinnen zum Frauenabend. “ Jeden Donnerstag. Schminken, Tupper, Tratschen. Meist schlief ich schon, wenn sie nach Hause kam. Oft erzählte sie mir am Frühstückstisch begeistert Geschichten von ihren Treffen.
War alles nur Fassade? Jedes Mal glaubte ich ihr.
Ich wurde auch nicht stutzig, als sie an diesen Tagen nicht mit mir zusammen sein wollte. Jetzt weiß ich warum.
– Was war es, was sie bei mir vermisste? War er im Bett ihr Held? – Selbstzweifel quälen mich.
Wir hatten schöne Jahre. Kein Wort der Unzufriedenheit. Grenzenloses Vertrauen.
Wo sind diese Jahre hin? Wer hat sie mir gestohlen?
Kalt, hart und brutal hat es mich erwischt.
Mich, den Typ, der an die ewige Liebe geglaubt hatte. Ein kleiner, salziger Tropfen sucht sich den Weg über meine kalte Wange, hinterlässt eine feuchte Spur. Der Wind kann sie nicht trocknen. Ich sitze auf der scheißkalten Treppe und puste jede einzelne meiner Erinnerungen in eine buntschillernde Seifenblase.
Langsam steigt wieder eine in den Himmel, deutlich kann ich darin ihr zartes Gesicht sehen, ihre braunen Augen erkennen. Sie lächeln mich an, der Wind spielt mit ihren Haaren.
Ich möchte sie festhalten, kann ihr Lächeln nicht vergessen.
Jetzt fliegt es davon in einer tanzenden Seifenblase Wen wird sie wohl jetzt anlächeln? Ich weiß es nicht.
Wieder steigt eine besonders Große in den Himmel. Ich sehe darin ihren zarten Körper, wünsche mir, dass sie mich in die Arme nimmt. Gern möchte ich ihre weichen Brüste an meiner Haut spüren, ihre Knospen zärtlich zwischen meinen Fingern reiben.
Unvergesslich, ihre spitzen, kleinen Schreie, wenn ich an ihnen knabberte und sie es vor Lust nicht mehr aushielt. Ich strecke meine Hand aus. Vergebens, schon treibt sie mit dem Wind davon.
Wird ihr der Neue auch so viel Zärtlichkeit schenken? Oder wird er ihr einfach nur den Verstand aus dem Kopf bumsen. – Ich schäme mich für meine bösen Gedanken. –
Wir trieben es oft bis zur Erschöpfung, manchmal bis in den frühen Morgen.
Ihre Orgasmen zählte ich nie. Arm in Arm schliefen wir ein. Sie zeigte keine Anzeichen, dass sie sich unbefriedigt fühlte.
Waren ihre Höhepunkte nicht echt? Nein, das hätte ich gemerkt. Bei ihren gewaltigen Orgasmen fing sie immer an zu weinen, wie ein kleines Kind. Das kann man nicht vorspielen.
Manchmal, wenn der Zyklus ihr Bauchschmerzen bereitete, kuschelte sie sich abends auf der Couch an mich, spielte mit meinem Schwanz, als wollte sie mich trösten.
Wenn sie mir den Saft aus den Lenden saugte, verlor ich fast den Verstand. Ein Zeichen ihrer großen Liebe. So fühlte ich es. Wohlig stöhnte sie auf, wenn ich ihren schmerzenden Bauch streichelte oder ihren Rücken sanft massierte. Das war meine Art, ihr in dieser Zeit meine Liebe zu zeigen.
Aus und vorbei.
Ich tauche den Ring in die schillernde Flüssigkeit, hole meine Erinnerung an ihr herzliches Lachen heraus.
Ein Hauch und schon tanzt es in einer bunten Blase vor meinem Gesicht. Ich kann es hören. – Psst, nicht so laut, die Nachbarn könnten aufmerksam werden. —
Was bin ich doch für ein Kindskopf, sitze ich hier und puste meine Gedanken in Seifenblasen. Aus der Ferne klingt es noch glockenhell, bis es im grauen Himmel verschwindet.
Immer wieder tauche ich in das Fläschchen, hole eine Erinnerung nach der anderen heraus.
Ihre Stimme, einstmals hatte sie mich bezaubert. Jetzt klingt sie kalt, ohne jegliches Gefühl. Nein, ich will sie nicht mehr hören. Ich halte mir die Ohren zu, aber es nutzt nichts. Ihre harten Worte „ich liebe dich nicht mehr“, dringen wie Messerstiche in mein Herz. – Hatte sie nicht höhnisch dabei gelacht? – Ich bilde es mir sicher nur ein.
Noch immer höre ich die Wortfetzen, die vom Wind an mein Ohr getragen werden, sagen mir, dass es zu Ende ist.
Nie mehr werde ich ihre Stimme hören, die meine Sinne mit süßen Worten verzaubern konnte. Aus der Ferne klingt noch ein „und komm bloß nicht auf die Idee …“ Türen schlagen, das Auto bringt sie für immer fort.
Das Heulen des Windes, der jetzt aufgefrischt hat, nimmt alle Geräusche mit sich und treibt mir die ersten Schneeflocken ins Gesicht. Nein, ich werde nicht auf die Idee kommen, ihr nachzulaufen. Soll sie doch glücklich werden mit ihrem Neuen.
Ich werde nicht kämpfen.
Eine Träne sucht sich den Weg über meine Wange, hinterlässt eine feuchte Spur. Das Fläschchen ist leer. Ich sitze auf der Treppe und starre ins Nichts. Meine Gedanken sind leer. Sie ist fort.
Das Schneegestöber wird dichter. Stille. Der Himmel breitet einen weißen Mantel über die Erde. Schneeflocken tänzeln um mein Gesicht, als wollten sie mich aufmuntern.
Ein paar Sonnenstrahlen brechen durch die Wolken, streifen die unzähligen winzigen Flöckchen in der Luft.
Hoffnung? Nein. Ich schaue nicht mehr hin. Ein eisiger Wind weht mir ins Gesicht, sticht wie tausend Nadeln und der graue Himmel macht mir die Wahrheit deutlich. Mir ist kalt. Meine Hoffnung erlischt.
Die Tabletten hinterlassen einen bitteren Geschmack auf meiner Zunge, aber der Weinbrand wird dieses Gefühl bald betäuben. Sehr bald.
Epilog: Diese Gedanken sind fiktiv, nur der Kindskopf und die Seifenblasen sind real.
© Nucleus 2004
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