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Ouvertüre

Der Grenzer schaute unsere Ausweise gründlich an und verglich unsere Gesichter genau mit den Fotos. Wahrscheinlich wieder so eine Terroristenfahndung! Endlich aber reichte er sie mit einem freundlichen „Bon Voyage“ zurück.

Ich grinste Sabine an: Wahrscheinlich hätte er die Passbilder noch genauer betrachtet, wenn er gewusst hätte, wie sie entstanden waren: Ausgeschnitten aus viel größeren Bildern, die Sabine und ich gegenseitig von uns gemacht hatten — halbnackt kniend, uns selbst befriedigend.

Zuerst hatte Sabine sich für den neuen Ausweis Automatenbilder geholt. Die waren so hässlich, dass sie damit kaum über die Grenze gekommen wäre — auf jeden Fall hätte sich jeder Grenzer beim Vergleich des Bildes mit der Realität gedacht: „Bei der Alten kein Wunder, dass der Mann lieber mit seiner hübschen Geliebten in Urlaub fährt!“ Die Bilder, die sie dann von einem Fotografen machen ließ, waren nicht so sehr viel besser.

Also nahm ich mir die Zeit, selbst welche zu machen.

Ich hatte nach langer Überredung gelegentlich Aktbilder von Sabine machen dürfen und sie im eigenen Labor vergrößert. Damals natürlich nur in schwarzweiß. So kam mir bei den Vorbereitungen für die Passbild-Aufnahmen ganz plötzlich die Idee, dass es amüsant sein müsste, wenn die Beamten bei jeder der damals noch vergleichsweise häufigen Grenzkontrollen meine Frau gewissermaßen beim Onanieren sehen würde — die Vorstellung hatte etwas klammheimlich obszönes.

Vielleicht wäre richtiger Sex irgendwie noch besser gewesen. Doch damals kannten wir noch niemanden, den wir hätten bitten können, die Fotos zu machen. Und mit dem Selbstauslöser wäre es uns kaum gelungen, schnell genug und mit dem nötigen Ernst in Position zu kommen. Außerdem: Vielleicht war das mit dem Onanieren sowieso besser. Schließlich ist „öffentlicher“ Sex nicht halb so anstößig wie öffentliche Selbstbefriedigung.

Aber bis zur Realisierung war es ein weiter Weg.

Es soll ja Paare geben, die es besonders anregend finden, sich gegenseitig beim Onanieren zuzuschauen. Jedenfalls habe ich das in der (pornografischen) Literatur gelesen. Und schon längst hätte ich Sabine gerne einmal dabei zugesehen, wie sie es tat. Aber die tat so etwas eben nicht — angeblich nicht einmal, wenn sie alleine war. Wir waren seit mehr als zwei Jahren verheiratet und hatten eigentlich keine Geheimnisse voreinander. Ich hatte sie mit viel Zeit, Geduld und Überredung dazu bringen können, einiges jenseits des braven Rein-Raus zu zweit mitzumachen.

Unsere Aktbilder waren im Laufe der Zeit freizügiger geworden. Manche waren sogar schon — jedenfalls nach damaligen Maßstäben — ein ganz klein wenig pornografisch: Teilweise bekleidet, aber mit bloßem Busen und exponierter Scham; dazu eine provozierende Haltung; eine Banane im Mund oder in der Hand (nein, nicht wo sie vielleicht denken — das kam erst später).

Am meisten liebte ich das Bild, auf dem Sabine mit gespreizten Beinen auf dem Bett liegt.

Vom Fußende her aufgenommen. Die begehrte Höhle im Mittelpunkt, die Hand leicht darauf gelegt und mit dem Mittelfinger hinein fassend, die Klitoris zu berühren. Aber ich hatte sie eben nur gebeten, die Hand so hinzulegen, nicht, wirklich zu onanieren. Das hatte ich noch nicht gewagt.

Jeder Fortschritt, jedes freizügigere Bild, jeder ’sexuellere‘ Bezug hatte mich viel Überredung gekostet. Dass meinen vorsichtig vorgebrachter Wunsch, sie solle sich selbst befriedigen, während ich die Passbilder machte, auf eher empörte Ablehnung stieß, kam also nicht unerwartet.

Aber immerhin entlockte er ihr auch — trotzdem — ein ganz kleines Lächeln.

Und ich hatte jetzt ein Motiv, das über den lustvollen Augenblick hinausging: Den wiederkehrenden Kick an jeder Grenze. Obwohl mir der Gedanke selbst ziemlich peinlich war, schlug ich als Kompromiss vor, sie solle zunächst solche „Passbilder“ von mir machen. Aber auch dieser Vorschlag traf auf Ablehnung.

Wie gesagt: Der Gedanke, vor ihren Augen zu onanieren, war mir durchaus peinlich.

Aber zugleich empfand ich die Vorstellung enorm lustvoll, es trotzdem zu tun, die Peinlichkeit der Situation einfach zu ignorieren. Eines Abends also, während Sabine mit einer Freundin telefonierte und ich ihr in meinem Sessel gegenüber saß, streichelte ich beim Lesen meinen Schritt. Als das Glied sich versteifte, öffnete ich — zögernd und voller Angstlust — meine Hose und schob sie allmählich nach unten. Sabine schaute mich irritiert an.

Ein ganz klein wenig hatte ich gehofft, sie würde meinem Beispiel folgen.

Aber als ich mich ganz entblößte, und — um eine möglichst provozierende Haltung einzunehmen — die Knie rechts und links über die Sessellehnen legte, erstarrte sie offenbar in moralischem Entsetzen. Sie drückte ohne ein Wort die Telefongabel herunter und legte den Hörer neben das Telefon.

Ich spürte entsetzliche Angst, sie könnte mich beschimpfen, hinauslaufen, mich (dieses Schwein!) womöglich verlassen. Trotzdem begann ich, mit beiden Händen langsam an meinem Stängel auf- und ab zu streichen.

Sabine starrte mich weiter an, folgte mit einem Ausdruck von Ekel, aber offenbar auch fasziniert, aufmerksam meinen Bewegungen.

Als der Höhepunkt nahe war, glitt ich vom Sessel auf den Boden, um mich freier bewegen zu können. Den Erguss fing ich mit einem Taschentuch auf. Viel lieber hätte ich Sabine damit die Möse massiert, aber so, wie sie schaute, war daran nicht zu denken.

Nach einer kleinen Weile, in der ich zugleich ängstlich und erwartungsvoll dalag, fragte sie streng: „Und was soll das?“

„Ich wollte Dir beweisen, dass man es durchaus tun kann — auch wenn man Angst davor hat!“ antwortete ich.

„Denn Du wirst doch nicht glauben, dass ich keine Angst hatte, mich so zu exponieren. Es geht um die Passfotos, die ich Dir vorgeschlagen habe! Denk doch bloß, wie wir uns bei jeder Grenzkontrolle amüsieren werden, wenn der Grenzer Dich beim Onanieren sieht, ohne es zu wissen. Und wenn es eine Frau ist — ich hab‘ ja schon gesagt, dass Du mein Passbild auch so machen kannst. „

Sie antwortete nicht und sprach auch den ganzen Abend nicht mehr mit mir.

Aber da ich es nun einmal getan hatte, und da sie beim ersten Mal nicht gleich davon gelaufen war, hatte ich jetzt nicht mehr so große Hemmungen. Also onanierte ich ihr immer wieder mal etwas vor. Meist so oder ähnlich, wie ich es eben beschrieben habe. Oder in der Küche, neben ihr stehend, während sie das Abendessen vorbereitete. Oder ich lag auf dem Bett und befriedigte mich, wenn sie aus dem Bad kam.

Eigentlich machte es mir gar keinen Spaß mehr — aber ich wollte nicht nachgeben, ich wollte mein Grundrecht auf Selbstbefriedigung durchsetzen. In den ersten zwei Wochen sprach Sabine kaum ein Wort mit mir. Dann normalisierte sich unser Verhältnis allmählich — nur dass ich ihr immer mal wieder etwas vor-onanierte, und dass wir natürlich nicht miteinander schliefen. Nach drei oder vier Wochen begann ich, darüber nachzugrübeln, wie ich meine Aktion ohne Gesichtsverlust abbrechen könnte.

Doch eines Abends, ehe ich zu einem Ergebnis gekommen war, geschah es: Wie fast immer saßen wir uns in unseren Sesseln gegenüber. Ausnahmsweise telefonierte ich diesmal. Mit meinem Freund Jürgen. Das muss sie extra abgewartet haben.

Denn kaum hatte ich Jürgen an der Strippe, da begann Sabine, die lange Knopfleiste ihres Kleides aufzuknöpfen. Es war sehr warm — und so dachte ich erst, sie wollte sich nur etwas Kühlung verschaffen.

Aber sie trug ohnehin nichts darunter. Und als sie ihre Beine seitlich über die Sessellehnen legte, wie ich es zu tun pflegte, da wusste ich, dass der Knoten geplatzt war.

Sie fuhr ein paar Mal mit beiden Händen ihre Schenkel entlang, dann — wieder oben angekommen, ließ sie Mittel- und Zeigefinger beider Hände tief in die Vulva gleiten. Um mich für die Frustrationen der vergangenen Wochen zu rächen, sagte ich zu Jürgen: „Jürgen, soll ich dir mal erzählen, was hier gerade vor sich geht? Sabine zeigt mir gerade …“ Ich sah sie zusammenfahren.

„Was denn?“ fragte er.

Aber ich wich aus. „Ach, ich glaube, das erzähle ich dir doch besser ein anderes Mal. Ich ruf dich morgen wieder an!“ Und legte auf. Am nächsten oder übernächsten Tag erzählte ich ihm irgendeine harmlose Geschichte — aber einige Jahre später sagte ich ihm tatsächlich die Wahrheit über diesen Abend, und wir haben herzlich gelacht. Die Show, die Sabine für mich gab, war sehr gelungen, und ich schaute ihr begeistert zu.

Nicht ohne es ihr nachzutun.

Zugleich fragte ich mich natürlich, wie es zu diesem plötzlichen Sinneswandel gekommen war. Aus Freude und Dankbarkeit, stellte sich heraus. Sabine hatte sich tatsächlich — mit Ausnahme schüchterner pubertärer Versuche — nie selbst befriedigt. Sie war ohne Gegenwehr dem kulturellen Onanie-Verbot zum Opfer gefallen. Ich hatte zwar immer geglaubt, das ziele nur auf Jungen, aber das schien ein Irrtum gewesen zu sein.

Gleich, als ich bei der ersten Vorführung vor ihr am Boden lag, war Sabine aufgefallen, dass mein Orgasmus ungewöhnlich heftig ausfiel.

Tatsächlich hatten wohl die Angstlust und die besondere Situation zu einem besonders intensiven Erlebnis geführt. Zusätzlich hatte ich auch noch bewusst übertrieben, um sie anzureizen. Sie schaute sich die weiteren Vorstellungen an und fand, dass müsse sie selbst einmal probieren. Es war angenehm.

Bei den weiteren Vorstellungen studierte sie meine Bewegungen genau und ahmte sie dann vor dem Spiegel nach. Und hatte dabei bald einen so unerhörten, lang dauernden und durchdringenden Orgasmus, dass sie überglücklich war, diesen Weg gefunden zu haben.

Sabine ‚übte‘ noch ein wenig, um mir auch ein wirklich reizvolles Schauspiel bieten zu können, und wartete dann nur noch ab, bis ich mit Jürgen telefonierte. Denn die kleine Rache, mich in Verlegenheit zu bringen, wollte sie sich nicht entgehen lassen — aber daraus wurde ja leider nichts.

Nun konnte ich endlich meinen Passbild-Plan realisieren. Ich wollte am liebsten Bilder haben, die uns im Augenblick des Orgasmus zeigten.

Aber die, die wir zuerst von mir machten, sahen alle ziemlich blöd aus: Man macht in diesem Augenblick nicht das intelligenteste Gesicht. Deshalb begnügten wir uns mit Bildern beim Akt und „post coitum“ — auf denen wir allerdings eher vergnügt als traurig aussehen.

Und so hatten wir an der Grenze immer wieder unseren Spaß. Selbst wenn wir — was immer häufiger vorkam — einfach durchgewinkt wurden: Vorher gab es die kleine Spannung „Wird er…?“.

Und außerdem muss man sich ja auch sonst manchmal ausweisen: In Hotels, bei Ämtern, am Flughafen. Jedem, der uns nach dem Namen fragt, drücken wir seither nach Möglichkeit unsere Ausweise in die Hand.

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