Dearly Dreaming
Veröffentlicht am 25.02.2023 in der Kategorie AllgemeinGeschätzte Lesezeit: 12 Minuten, 16 Sekunden
Ich wanderte. Wanderte durch Pfade unendlicher Sorge, Trauer und Hilflosigkeit. Meine Gedanken drehten sich. Drehten sich um ein vollständiges und allumfassendes, perfektes Nichts. Ein Nichts, dessen Schwärze und Dunkelheit alles zu verschlingen drohte, das da war, ist und sein würde. Und nichts, absolut nichts, war in der Lage, es aufzuhalten, es zu beeinträchtigen.
Meine Wege führten mich durch einen Tunnel von gähnender Gefühlsleere, von Schwärze und Schmerz, von Angst und Schrecken.
Die Dunkelheit, die mich umgab, die bei und in mir war, ein ständiger Begleiter, diese Dunkelheit, sie wandelte sich in ein bösartiges Monster, hatte ich sie bisher doch als eine Art … Freund eingeschätzt. Ein Freund, der mir beistand, ohne zu hinterfragen oder zu verurteilen. Ohne etwas zu erwähnen, mir immer zur Seite stand, ohne Vorwurf, ohne Hintergedanken. Als jemand, dem ich vertrauen, mich hingeben konnte, meine Geheimnisse anvertrauen. Und ausgerechnet sie sollte mich verraten? Sie, die alle meine Geheimnisse kannte, meine Gedanken und Träume?
Dann wachte ich auf.
Während ich meine Finger betrachtete, die gedankenverloren mit dem Stift spielten, ihn umherwirbelten, ihn drehten, beobachtete ich die Menschen im Gebäude. Sie waren wie Bienen, fleißig, zielstrebig. Kaum jemand wählte den falschen Weg, jeder wusste, wo er hinmusste. So wurde es von mir erwartet. Doch, anders als der Rest der Arbeiter in diesem Komplex erledigte ich meine Arbeit in einem Raum, geographisch nicht weit von ihnen entfernt, doch war gefühlsmäßig ein schwarzes Loch zwischen ihrer und meiner Position.
Unachtsam, mit den Gedanken bei den Menschen jenseits meiner Fenster, verlor ich den Stift aus meinen Fingern. Ein leiser Fluch entwich meinen Lippen, als ich mich bückte und ihn wieder auf den Tisch beförderte. Ich musste meine Hände beschäftigt halten. Immer. Ob ich einen Stift drehte, eine Tasse drehte oder einfach meine eigenen Handflächen knetete, ich brauchte eine Beschäftigung. Der Gedanke des Stillstandes erweckte ein Geühl des Abstoßes in mir, es ängstigte mich.
Stillstand war der Tod aller Dinge. Und den Tod sah ich oft genug.
Mein Leben ist leer. Ich weiß nicht, wie man fühlt, liebt oder hasst, trauert oder lacht. Gefühlsmäßige Ausbrüche verwirren mich. Es ist nicht das bloße Vorhandensein der Gefühle, das mich stutzig werden lässt. Es ist die Art, wie sie geäußert werden. Ein offenes Zurschaustellen von Trauer wirkt auf mich wie ein Streben nach Aufmerksamkeit, das Lachen in der Öffentlichkeit wie Angeberei.
Ich verurteile niemanden für seine Gefühle. Bloß für die Art, in der sie geäußert werden.
Ich selbst habe keine Gefühle. Zumindest bemerkte ich sie nie zuvor. Trauer ist mir fremd, vor allem wenn sie auf Personen bezogen ist, die ich nicht kenne. Auch kann ich die Betroffenheit nicht nachvollziehen, die jeder jeden sehen lassen will, gingen Ereignisse voraus, die Menschen schadeten. Das Konzept der Trauer ist mir fremd. Ein nie gesehener Gast.
Ich verstehe sie nicht.
Wie gleich der Liebe. Eine vollkommene Hingabe einer anderen Person zugunste erscheint mir schwach. Gibt man seine ganzen Geheimnisse, Empfindungen einer anderen Person preis, ist man schwach. Ich verstehe es nicht. Dabei hätte ich allen Grund zur Verständnis.
Von Trauer und Liebe.
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Ich bin ein Schauspieler. Niemand, dessen Einkommen von dieser Tätigkeit abhängt. Jemand, dessen Leben davon abhängt.
Ohne Gefühle zu leben wirft in anderer Menschen Köpfe Fragen, Abstoß, Unverständnis auf. Gefühle sind von vielerlei Dingen abhängig, doch weitreichende Beobachtungen ließen Muster, Formen in meinem Kopf entstehen. Formen, die Gefühle ergaben. Ich hatte ein Schauspiel aufgebaut. Ein Theater der Gefühle. Um nicht aufzufallen, nicht als anders zu erscheinen – um zu überleben. Einfache Gefühle, wie Trauer oder Wut hatten ebenso einfache Formen. Was es leicht machte, sie in mein Schauspiel einzubauen. Die großen, heftigen Gefühle, wie Liebe und Hass, hatten komplexe Strukturen, mehr als eine Form und definitiv eine Vielzahl an verschiedenen Ursachen und Auslösern.
Was es schwer machte, sie in mein Schauspiel einzubauen.
Ich lasse niemanden mein wahres Ich sehen. Sie würden es nicht verstehen, davon abgestoßen werden. Manchmal stelle ich mir vor, dass mein Schauspiel der Welt offen läge, und mein Publikum die Welt wäre. Sie würden applaudieren, mir gratulieren, meine Leistungen, meinen Aufwand zu schätzen wissen. Ich wäre berühmt, begehrt. Man würde mir die Hände schütteln, Fotos mit mir schießen … aber das waren Träume.
Träume, die nie erfüllt würden. ____
Ein heller, lauter Ton riss mich aus meinen Gedanken. Gedanken, die mich immer umwaberten, gleich Nebelschwaden. Ich richtete mich auf und griff nach dem Hörer, antwortete. Der Anrufer forderte meine Anwesenheit. Und ich musste sie gewähren.
Minuten später war ich an einem anderen Ort. Instruktionen wurden mir überreicht. Ich examinierte meinen Aufenthaltsort. Ein Parkplatz. Voller Automobile, Menschen und … Blut. Es war der Schauplatz eines Mordes oder eines Verbrechens, das hier stattfand.
In einem relativ großem Umfeld war der Bereich abgesperrt. Jenseits der Barrikade lauerten Menschen. Schaulustige. Sie waren wie Aasgeier, die über einem verletzten Tier kreisten, wartend, lauernd, begierig, ihre Schnäbel in sein Fleisch zu schlagen. Ich wandte meinen Blick ab.
Der Blutfleck vor dem ich kniete war etwa einen Meter hoch und knappe fünfundsiebzig Zentimeter breit. Jemand mit einer schweren Wunde war hier nicht lange, jemand mit einer kleineren Wunde lange gelegen.
Interessiert beugte ich mich nach vorne. Sauberes, hübsch rotes, trocknendes Blut. Nichts anderes.
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Was sind Gefühle? Sind sie lediglich das Ergebnis von Neuronen, die durch Gehirnwindungen schießen, das Ergebnis logisch erklärbarer Funktionen des menschlichen Körpers? Oder besitzen Menschen doch eine Seele, etwas, das sich nicht erklären lässt? Ich mag den Gedanken, dass in Menschen etwas ist, auch wenn es wie die Gedanken eines Kleinkindes klingt, dass da etwas ist, das jeden von ihnen einzigartig macht.
Es wäre ein tröstender Gedanke für alle, selbst für mich. Empfände ich Trauer oder Sehnsucht.
Ich persönlich glaube nicht an die Existenz der Seele. Kindern, Alten und Schwachen mag es Trost geben zu glauben, dass etwas in ihnen ist, das sie unsterblich macht, etwas, das den Tod ihres Körpers überdauerte. Mir nicht. Der menschliche Körper funktionierte, lebte, weil Blut durch seine Arterien und Venen floß, in der Lunge angereichert, in der Leber gefiltert und im Herzen angetrieben wurde.
Ein wahres Meisterwerk. Doch noch so oft ein Rätsel.
Zurück im Büro musste ich mich konzentrieren. Fotos des Tatortes lagen vor mir, detailliert, makellos. Die Drohnen hatten gute Arbeit geleistet. Die Lache auf dem Boden weckte Erinnerungen, Träume. Sie schien beinahe … künstlerisch zu sein. War ein Mensch für ein Kunstwerk, ein Rätsel, ein Bild getötet worden? Ein unschuldiges Leben, ausgelöscht, um der Kunst Willen?
Welch fabelhafte und wundervolle Idee.
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Ich verstehe nicht, was Menschen antreibt. Was sie leben lässt. Abgesehen von Blut und Sauerstoff, selbstredend. Von welchem sich an meiner derzeitigen Position eine Menge befand. Erneut kniete ich auf dem Boden, vor einer Blutlache. Schweigen umhüllte mich. Ich blendete nichts aus. Es war still. Seltsam, betrachtete man die Anzahl der anwesenden Menschen. Verständlich, betrachtete man die Situation.
Ein neuer Blutfleck. Frisch, nicht einmal nahe der Gerinnung.
Das Aussehen musste verstörend auf diejenigen wirken, die es verstanden und sich verstörbar waren. Auf einer Fläche von mehr als vier Quadratmetern war Blut verteilt. Nicht durchgängig, oder deckend. Verteilt, wie Farbe auf einer Leinwand, sorgfältig, liebevoll. Details waren eingearbeitet, kleine Accessoires zu bewundern. Das interessante war das Muster, in dem der Mörder das Blut anbrachte. Für das nackte, ungeschulte Auge mochte es wahllos, kindlich erscheinen. Ich erkannte Muster darin, Sinn.
Die fleißigen Arbeiter hatten Proben genommen.
Gleichte die DNA der des anderen Blutflecks, war zumindest bald ein Mensch tot. Jedoch bezweifelte ich, dass ein Körper auftauchen würde.
Die Nacht schwebte dahin. Ruhend, gelassen. Stürmisch, zeitweise. Gedanklich, in mancher Hinsicht. Wabernde Bruckstücke der Dunkelheit zeigten Risse, fein, unbedeutend. Sie würden bald von neuem Dunkel erfüllt. Die Nacht schwebte dahin. Und sie war beständig.
Unhörbare Schreie gellten durch meine Gedanken, schlaflos versuchte ich zu schlafen.
Doch hinderten mich Geräusche, Unbedeutendes. Die Welt war ein Jammertal. Und ich war inmitten ihres Zentrums. Ich konnte nicht schlafen. Die Muster schwebten mir im Kopf, regten meine Gedanken an. Ich hatte sie nicht entschlüsselt. Noch nicht. Es waren geschickt ineinander verwobene Stile, die alle einzigartig waren und sich zu einem einzigartigen Einem einten.
Teilweise ergab dieses Muster Sinn, Logik, Vernunft war dahinter zu erkennen. Der Künstler war geschickt.
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Eine offene Packung Milch fallen zu lassen ist ein wohlbekanntes Missgeschick.
Ein Liter Milch. Der sich über den Boden ausbreitet. Ihn verschmutzt. Der menschliche Körper beinhaltete sechs Liter Blut.
Sechs Liter waren eine große Menge. Vorallem, wenn sie auf dem glatten Fliesenboden einer Küche waren. Kein Körper. Nur Blut. Menschen liefen auf Planken, improvisierten Gehwegen. Hielten sich Tücher vor die Münder, waren unfähig, den Gestank zu ertragen. Ohnmacht ergriff einen Mitarbeiter. Aber nicht mich. Der Geruch von Blut war einzigartig, erfrischend.
Wie als ob ein Springsal aus frischem Quellwasser aus dem Stein trat. Neu, unschuldig. Befreiend.
Ein hübsch dekorierter Tatort. Makellos sauber. Keine Blutspritzer, kein Staub. Keine Fingerabdrücke, was wohl nicht zu erwähnen war. Das Blut, geronnen. Makellos. Keine von der großen Masse abgesonderten Spritzer, keine kleinen Lachen. Ein hübscher, fehlerloser Fleck. Der einzige Makel – seine Anwesenheit. Kein Körper.
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Verhalten. Das, das das Bild anderer Menschen über uns prägt.
Ich verstehe es nicht. Wie muss ich mich verhalten, um nicht aufzufallen? Wie kann ich mein Inneres verbergen, eine steinerne Maske aufbauen? Meine Existenz schützen, um überleben zu können – meine einzige Priorität.
Immer noch hockte ich vor dem See aus Blut. Ich blendete die Geräusche um mich aus, versuchte zu verstehen. Nichts deutete auf einen Mord hin. Allerdings deutete auch nichts auf ein Verbrechen oder Selbstmord hin. Wie an jedem bisherigen Tatort, den der Mörder hinterließ.
Dass dies sein Tun war, stand außer Frage.
Mit emotionsloser Stimme gab ich Anweisungen. Hier, an dieser Stätte, diesem Ort, dieser Situation würde niemand sich über fehlende Gefühlsregungen wundern. Wie mit dem Blut zu verfahren war. Ich erhielt keine Bestätigungen, keine Ablehnung. Der Schock über das Gesehene saß zu tief. Wie jämmerlich sie doch waren. Gefühle waren Ballast.
Glück. Ein Gefühl, oft flüchtig, wie der Flügelschlag eines Schmetterlings, doch mächtig in unvorstellbarem Maße.
Echtes Glück ist ansteckend. Und unmöglich nachzuahmen.
Ein Lächeln ist gleichbedeutend mit der Anspannung einiger weniger Muskeln. Seine Stimme fröhlich klingen zu lassen ist ein Resultat des Trainings. Strahlende Augen sind nicht zu fälschen. Unmöglich.
Leute blicken mich seltsam an, tuscheln. Dies ist die eine Facette der Menschen, die ich nicht analysiert und bis zur Perfektion nachgeahmt hatte. Meine Augen bleiben kalt. Gefühllos. Zwei tiefe Seen, die eine unendliche, allesverschlingende Schwärze offenbaren.
Seelenlos. Nichts scheint in der Lage sein, darüber hinwegzutäuschen.
Ich trage gerne dunkle Brillen. Um die Leere meiner Augen zu verdeckte. Nicht, weil ich mich ihrer schämte. Nicht, weil ich es anders wünschte. Weil ich musste.
An jedem der letzten drei Tage war neues Blut, nachweislich von verschiedenen Personen stammend, aufgetaucht. Jeden Tag, genau ein Liter Blut. Von jedoch nicht drei Personen, wie man annehmen möchte.
Die totale Anzahl von DNS-Strängen betrug neun. Was hieß, dass insgesamt neun Menschen Blut abgezapft wurde. Zu diesem Zeitpunkt waren sie alle sehr wahrscheinlich noch am Leben.
Die Fundorte des Blutes variierten. In der Schublade eines Schreibtisches, hübsch verpackt unter Geburtstagsgeschenken und in der Wiege eines Neugeborenen, welches sich fest an die Tüte klammerte. Es gab keinen sichtbaren Faden, der diese Fundorte verbände, keinen direkten Weg.
Und genau das war es, was mir Kopfschmerzen bereitete.
Sonne, Strand, Meer. Idylle. Ich beobachtete die Menschen am Strand, meine Kinder, meine Frau.
„Schatz, pass auf dass die Kleinen nicht in’s Wasser geh’n!“ Ich sah sie nur nicken, lachend. Wie wunderschön sie doch war. Braungelocktes Haar, makellose Haut, ein personifizierter Engel. Bis heute zähle ich unsere Begegnung zu den glücklichsten Ereignissen meines Lebens. Gemeinsam mit der Geburt unserer Kinder, Daniel und Samantha.
Die Sonne strahlte.
Lachend und ausgelassen stürmten Kinder über den Strand. Meine Kinder. Mit lächelnder Miene stemmte ich mich aus meinem Stuhl. Schwungvoll warf ich mich auf meine Knie und breitete theatralisch die Arme aus. Daniel und Sammy stürmten in meine Arme, glücklich lachend. „Papa, Papa, wir haben Krebse gesehen und Fische und eine Sandburg und …“
Fröhlich hörte ich den, ohne Unterbrechungen geäußerten Ausschweifungen meiner Kinder zu, bis sich ein dringendes Bedürfnis anbahnte.
„Sorry Kinder, Daddy muss auf die Toilette. “ Ich gab beiden einen Kuss auf die Stirn, erhob mich und ging eiligen Schrittes Richtung Toiletten.
Auf dem WC hörte ich Schritte hinter mir. Während ich mich umdrehen wollte, um zu sehen, wer den Raum betreten hatte, legte sich eine Schlinge um meinen Hals. Ich riss die Arme hoch, versuchte, meine Atemwege zu befreien. Dann, ein kurzer Schmerz, ein Einstich, dem eines Insektes gleich und die Welt wurde schwarz.
Dunkelheit. Überall. Ich versuchte mich zu bewegen. Nichts. Ich fühlte mich in einen Zustand der absoluten Unmöglichkeit der Bewegung versetzt. Meine Lider, meine Glieder, nichts bewegte sich. Kein Anzeichen einer Muskelregung. Nichts.
Meine Sinne waren wie ausgeschaltet. Ich sah, hörte, roch und fühlte nichts. Mein Mund war trocken. Ich schmeckte nichts. Überhaupt nichts. Wo war ich? Was war geschehen? Meine Erinnerungen waren trüb.
Wo bin ich? Wie kam ich dort hin? Ich verspürte keine Angst.
Ich verspürte gar nichts. War ich gefesselt? Ich konnte es nicht sagen. Mein Denken war ausgeschaltet. Oder dachte ich selbiges nur? Meine Gedanken waren trüb.
Plötzlich, Schmerz. Gleißendes Licht brach durch meine geschlossenen Augen. Ich riss sie auf. Augen, kalt, berechnend.
Und sie starrten mich an.
Ich. Ich allein. Kein Leben, kein Sein. Ich. Ich allein.
Zumindest kam es mir so vor.
Ich war umrundet von Sein. Von Leben.
Wieder einmal war ein Mord geschehen. Doch diesmal war das Szenario anders. Ein Körper. Kein Blut. Kein Blut.
Der Körper eines Mannes saß vor mir in einem Gartenstuhl, der Kopf säuberlich, beinahe chirurgisch, vom Körper entfernt. Dieser brutalen Hinrichtungsmethode, der Mengen Blut, die ein normaler Mensch damit assoziieren würde, zum Trotz, war der Leichnam vollkommen blutleer. Der Schnitt war glatt, ohne hervorstehendes Gewebe, ohne ausgefranste Kanten.
Der Mann war gut gekleidet, vermutlich reich.
Das bizarre an diesem Mord war, dass, obwohl das Bild von vorigen Morden vollkommen differierte, ich trotzdem das Gefühl hatte, ein Werk des Künstlers, meines Gefährten vor mir zu sehen.
Plötzlich ein Schrei! Menschen stürmten. Weg von mir. Angemessenen eiligen Schrittes folgte ich. Eine junge Kollegin lag auf dem Boden, offensichtlich bewusstlos. Umringt von Menschen. Von Leben …
Der Grund für ihre Ohnmacht sollte mir bald offenbart werden.
Meines Kommens bewusst, wichen Menschen zur Seite, gaben den Blick frei. Frei, auf ein verstörendes Bild.
Ein reich gedeckter Tisch. Silberplatten, Silberbesteck, gutes Geschirr. Mittig platziert, ein Brotkorb. Darin, der Kopf des Opfers. Blutleer.
Verlassen, von allem Leben.
Der Kopf behielt Geheimnisse. Gab sie Preis. Bereitete Spielchen vor.
Unser Kopf jedenfalls. Nach der Autopsie des Körpers wurden im Kopf Metallsplitter gefunden.
Symmetrische Splitter. Das Forensik-Team vermutete, dass sie mithilfe eines langen Instrumentes durch die Nase eingeführt wurden. Bei der Entfernung aus dem Kopf wurde festgestellt, dass etwas auf der Oberfläche eingraviert war. Es waren unvollständige Zeichen, auch mithilfe eines Programms zur Komplettierung von Fragmenten nicht wieder herzustellen.
Es war, als wäre dies genau, wie der Künstler es plante. Dieser Name hatte sich eingebürgert. Er ließ seine Morde wie Kunststücke wirken – poetisch, tiefgründig.
Und jetzt, die Splitter.
Ich war mir sicher, dass mehr dahinter war – warum sich sonst die Arbeit machen, sie in den Kopf zu stecken?
Oder waren sie bedeutungslos und fanden ihren Zweck in Verwirrung?
War dies ein Teil des Spiels?
Ich fühlte nicht. Nie. Hatte nicht gefühlt, seit ich klare Gedanken fassen konnte, seit mein Bewusstsein entwickelt war.
Und seit einiger Zeit schlafe ich auch nicht. Nicht mehr.
Der Mörder war, was man gemeinläufig als Genie bezeichnen würde. In den letzten zwei Wochen, die vergangen waren, seit die Splitter im Schädel entdeckt wurden, waren noch fünf weitere Morde passiert. Mal mit, mal ohne Körper. Die Platzierung der Leichen, der Schauplatz, die Umstände und die Menge an Blut variierten mit jedem Mal. Nichts blieb gleich, doch gleichzeitig veränderte sich auch nichts.
Nie konnte ein Hinweis auf die Art der Tötung oder verwendete Instrumente gefunden werden, nie ein Indiz, sei es auch noch so klein, das auf den Mörder hinweisen würde. Die Menschen waren verzweifelt, ängstlich und geschockt. Da sich kein Muster herauskristallisierte, wusste niemand, nach welchen Kriterien der Mörder seine Opfer auswählte. Gab es überhaupt ein Muster, war eine der häufig gestellten Fragen. Ich weiß keine Antwort. Gab es ein Muster? War der Mörder, wie wir ihn porträtierten, ein Künstler, jemand, der das große Bild betrachtete, und sorgfältig wählte? War er allein erfreut daran, Leben zu nehmen?
Ich schlafe nicht.
Nicht mehr.
A N M E R K U N G E N
Dies ist das Ende von Dearly Dreaming. Es mag dem Einen oder Anderen unpassend erscheinen, aber es ist genau so, wie es sein soll.
Sollte sich jemand an meinem Deutsch stören: Alles ist beabsichtigt. Künstlerische Freiheit ist das Stichwort. Beistriche bedeuten Pausen, werden aber auch im traditionellen Sinn verwendet.
Mein Ziel war es, etwas anderes zu erschaffen.
Dearly Dreaming wurde in Abschnitten veröffentlicht, verfasst wurde es impulsiv, die einzigen Veränderungen die ich vornahm waren die, die Rechtschreibfehler oder grobe grammatikalische Fehler ausbesserten.
In diesem Sinne ist Dearly Dreaming für mich natürlich etwas Besonderes.
Kritik und Kommentare sind allerliebstens gesehen.
Fetische dieser Sexgeschichte: Betrug, Fingern, gefesselt, Maske, Milch, Parkplatz, Parkplatzsex, Strand, Tiere, Toilette, Vater, WCAlle Fetische von A-Z »
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