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Die Fickinger 05

Anmerkung: mh, mir scheint, an dieser Stelle wäre vllt. eine klare Warnung angebracht…

Also, klare Warnung: Dieses Kapitel enthält angedeutete Autoaggressionen und weniger angedeutete/explizit dargestellte Gewaltszenen, inklusive nicht so ganz freiwilligem Sex zwischen Männern (!) – Mit anderen Worten: Dieses Kapitel ist immer noch ziemlich heftig, obwohl ich es mehrfach entschärft hab; Lesen erfolgt auf absolut eigene Gefahr!

Moralisch korrekt war ich eh noch nie, also können wir uns den Paragraphen diesbezüglich eh schenken.

Die Stadt Sigtuna gibt es zwar wirklich, aber vermutlich hat sie nicht in der Form existiert, in der sie hier dargestellt wird… ehm ja, künstlerische Freiheit halt 😛

Und wer bis jetzt noch nicht die Flucht ergriffen hat, dem sei an dieser Stelle viel Spaß beim Lesen gewünscht!

– – –

My flower withered between the pages two and three

the once-and-forever bloom gone with my sins

walk the dark path sleep with angels call the past for help

My loving heart lost in the dark

for hope I’d give my everything

(Nightwish: Nemo)

DIE FICKINGER PART V.

Ihr Weg hatte die drei tapferen Wikinger in lichtere Gefilde geführt. Dichte Forste und unwegsame Böschungen wichen schrofferen Gegenden: Hier und da passierten sie kluftige Steilfelsen und vom Meerwind glattpolierte Steinklippen.

Sie nächtigten unter freiem Himmel am provisorischen Feuer, sammelten Beeren und Kräuter für kaum nahrhafte Suppen und schöpften ihr Trinkwasser aus vorbeiplätschernden Bachläufen. Eisigkalt war das Wasser, das sie führten, aber es erfrischte angenehm nach unruhigen Nächten mit wenig Schlaf.

Die raue Landschaft und die widrigen Lebensbedingungen ihrer Reise ins Ungewisse trug nicht unbedingt zur Erhellung von Vickes Stimmung bei.

Mit finsterer Miene stapfte der junge Wikinger seit nunmehr zwei Tagen seinen beiden Gefährten hinterher, die beschwingt voranschritten und scheinbar gar nicht schnell genug so viel Abstand wie möglich zwischen sich und Kuperadbyn bringen konnten. Vickes Schweigen übergingen sie geflissentlich. Snorre, da er ohnehin an nichts anderes mehr dachte als das hoffentlich bald bevorstehende Wiedersehen mit den Starken Männern und seine dafür empfundene Vorfreude.

Und Tjure, da er ahnte, dass Vicke auf Streit aus war, um seinen Verlust abzugelten.

Viel zu oft warf der Rotschopf einen klammheimlichen Blick über die Schulter zurück, wenn er sich unbeobachtet wähnte. Ebenso waren seine rabenschwarzen Gedanken hinter seiner sturmumwölbten Stirn nicht allzu schwer zu erraten: Er verzehrte sich nach diesem kleinen Wildfang, Runa, der ihm den Kopf verdreht hatte.

Aber so hartherzig und ungerecht es Vicke vielleicht erscheinen mochte, es war die vernünftigste Entscheidung gewesen.

Er würde seinen Verlust schon noch überwinden.

Niemand von ihnen war der Abschied leicht gefallen, aber die Wikinger von Flake gehörten nicht hierher, und das wusste Vicke auch irgendwo tief in sich, selbst wenn er es derzeit nicht wahrhaben wollte. Sie gehörten zu den Starken Männern, auf ihr Wikingerschiff und hinaus auf die raue hohe See, und zum Überwintern zurück in die heimischen Gefilde nach Flake. Selbst, wenn Vicke seine Gefährten im Stillen dafür verfluchte.

Das ungleiche Dreiergespann näherte sich allmählich dem vorläufigen Ziel: Die etwas abseits vom Wegesrand gelegene verlassene Fischerhütte, die Birger ihnen kurz vor ihrem Aufbruch beschrieben hatte. Hier würden sie die kommende Nacht verbringen, ehe sie im Morgengrauen die letzte Etappe gen Sigtuna in Angriff nehmen würden.

Das verwitterte Holz der windschiefen Bretterbehausung zeichnete sich dunkel gegen den grauverhangenen Himmel ab.

Seit der vergangenen Nacht nieselte es ununterbrochen.

Nicht nur Vicke klebte die Kleidung am Körper, auch Tjure und Snorre hatten mehr als genug von der klammen Kälte, die ihnen durch die Haut direkt ins Innerste drang, um sie von dort heraus auszukühlen.

Die Hütte mochte nicht die komfortabelste Unterkunft sein, aber sie bot ihnen einen nicht zu verachtenden Schutz vor der Witterung.

Durchweicht bis auf die Knochen schob Snorre sich durch die bedenklich knartschende Hüttentür ins Trockene, ließ sein durchnässtes Gepäck auf den abgenutzten Boden der Holzhütte sinken und sah sich zufrieden um.

Die Aussicht auf ein trockenes Plätzchen zum Schlafen unter einer wärmenden Wolldecke ließ ihn behaglich aufseufzen.

Auch Tjure stimmte der Gedanke an die kommende Nacht milde. Mit Kennermiene inspizierte er ihre Unterkunft und beschied seine beiden Gefährten dann: „Hier lässt es sich aushalten! Snorre, du gehst einigermaßen trockenes Feuerholz suchen, während ich mich um unser Abendessen kümmere. Wickie, du kannst mir zur Hand gehen. „

‚Das hättest du wohl gerne!‘ Vicke warf einen herausfordernden Blick in Richtung Tjures Schritt, der dem Handarbeiter nicht entging.

Vicke war auf Zank und Streit aus, und dafür ergriff er jede nur erdenkliche Gelegenheit zur Provokation.

Absichtlich alles Gesagte und Ungesagte falsch zu interpretieren, war dabei jüngst zu einer seiner Lieblingsmaschen geworden. Zu seinem Bedauern war Tjure ihm jedoch unlängst auf die Schliche gekommen und strafte jeglichen Versuch, der auf Brüskierung abzielte, mit gleichgültiger Nichtachtung.

So auch jetzt. Schulterzuckend verließ der Handarbeiter die windschiefe Hütte, ohne Vicke noch eines weiteren Blickes zu würdigen.

Vicke starrte ihm mit unkontrolliert bebenden Schultern nach, die Lippen fest aufeinander gepresst. Der hell in ihm lodernde Zorn drohte ihn beinahe zu ersticken.

Hasserfüllt ballte Vicke seine Hände zu Fäusten, holte weit aus und hieb mit aller Heftigkeit, die er aufzubringen imstande war, gegen die raue Holzwand zu seiner Linken.

Es krachte gewaltig, als Haut und Knochen auf Holz prallten. Augenblicklich zuckte ein heller Schmerz durch Vickes linke Hand.

Einen Moment benommen ob des abrupten Schmerzes taumelte Vicke einen Schritt zurück.

Schwer atmend richtete der junge Wikinger seinen Blick auf die aufgeplatzte Haut an seinen Knöchel. In dünnen Rinnsalen tropfte tiefrotes Blut seine Finger hinab.

Mit grimmiger Zufriedenheit spürte Vicke den pulsierenden Schmerz durch seine Hand strahlen. Er fesselte seine volle Aufmerksamkeit und für wenige Herzschläge übertünchte er gar das bittere Gefühl, das ihn stets zuverlässig heimsuchte, sobald Vicke sich mit hartem Stich durchs Herz einen flüchtigen Gedanken an Runa erlaubte.

Noch immer zitternd vor Wut hob Vicke die blutende Hand langsam zum Mund. Etwas, das unaufhörlich in seinem Blick glomm, schlug plötzlich um in blanken Hass. Ganz, ganz langsam führte Vicke seine verwundete Hand an seine Lippen und leckte über die Wunde, bis er sein Blut metallisch-süß auf der Zungenspitze schmeckte.

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~

Was ihn aus unruhigen Träumen gerissen hatte, war Vicke im ersten Moment nicht bewusst.

Irritiert drehte er sich auf den Rücken. Tastete über die zerschlissene, dünne Decke, unter der er sich zusammengerollt hatte. Zwei Lammfelldecken dienten ihm als weiche Unterlage, um nicht auf dem morschen Boden liegen zu müssen, durch den die Kälte hineinkroch in die schäbige Hütte.

Benommenheit lag wie ein dunkler Schatten über ihm. Wo war er hier?

Dann jedoch lichteten sich die Nebel um seine Gedanken.

Die Fischerhütte. Ihr kärgliches Nachtmahl und Tjures und Snorres belangloses Geplapper am Feuer, das von Vorfreude auf die bevorstehende Zusammenkunft mit den Starken Männern sprach.

Vicke hatte kaum einen Bissen der unappetitlich aussehenden Matsche angerührt, die Tjure ihm in einer groben Holzschüssel gereicht hatte. Stattdessen war er frühzeitig unter die Decken geflüchtet, um sich schlafend zu stellen und der fröhlichen Stimmung zu entgehen, die seine beiden Gefährten unentwegt verbreiteten. Das ertrug er einfach nicht.

Ebenso wenig, wie er ihr nächtliches Verhalten ertrug, wenn sie ihn in tiefen Träumen wähnten.

Vicke musste irgendwann dann doch eingeschlafen sein, und Tjure und Snorre hatten die Gunst der Stunde scheinbar genutzt.

Nur zu deutlicher nahm Vicke wahr, was von irgendwo draußen in unmittelbarer Nähe an seine Ohren drang und sich in sein Unterbewusstsein gemischt haben musste, seinen wilden Träumen nach zu schließen, in denen lange helle Haare und üppige Mädchenbrüste die Hauptrolle gespielt hatten.

Es waren allerdings auch recht unverkennbare Geräusche, wie er nun mit fest zusammengebissenen Zähnen feststellte. Im selben Atemzug verfluchte er seine beiden Begleiter mit den finstersten Verwünschungen, die ihm spontan in den Sinn schossen.

Während er an seinem Liebeskummer zugrunde ging, hatten die beiden Männer nichts besseres zu tun, als ihre Zweisamkeit nach allen Stichen der weibischen Stickkunst auszuleben — hemmungslos und laut, da sie ihren jungen Schützling unlängst in den Händen der Träumemacher wähnten.

Ein gleißend heller Stich zuckte durch Vickes Herz, als er unwillkürlich an Runa denken musste.

Er schluckte hart. Aber es half nichts. Es gab nichts, das ihm helfen konnte. In manchen Momenten drohte ihn der Gedanke an sie fast zu ersticken.

Aber er würde nicht heulen. Das war eines Wikingers unwürdig! Und noch war er längst nicht tief genug gesunken, um selbst den letzten Funken Stolz über Bord gehen zu lassen, der noch irgendwo tief in ihm glomm.

Gut versteckt, aber trotzdem vorhanden. Er fragte sich nur, wie lange noch…

Runa, dachte Vicke wehmütig. Für wenige Herzschläge schloss er die Augen, doch ehe seine Erinnerungen auf ihn einstürmen konnten, besann er sich. Es brachte ihn nicht weiter, sich an Vergangenem aufzuhalten.

Unwillig ächzend sank Vicke zurück auf seine unbequeme Schlafstatt, die keinen Vergleich mit den weichen Schaffellen und Decken aus Birgers Langhaus standhalten würde.

Aber auch daran zu denken, verbot Vicke sich strikt. Das riss nur unnötig an den tiefen Wunden, die der Aufbruch aus dem Dorf in seiner Brust hinterlassen hatte.

Es waren tiefere Schnitte, als jeglicher Schwerthieb ihm jemals beigebracht hatte. Und es waren bei weitem nicht wenige Hiebe gewesen, die er damals hatte einstecken müssen im Kampf gegen die norwegischen Kaufleute, die ihnen unerwartet in der halb verfallenen Burgruine aufgelauert hatten, um sie in einen Hinterhalt zu locken…

Die Niederlage der Starken Männer gegen die Norweger war bereits mehr als zwei Jahre her.

Vickes Verletzungen waren abgeklungen, nur die Narben auf seiner Brust zeugten noch von der harten Lektion, niemals die Deckung zu vernachlässigen. Und sei der Gegner auf den ersten Blick auch noch so sehr im Nachteil.

Der tiefe Schnitt über seinem Herzen hatte geblutet, wundgenässt, gebrannt und ihn nächtelang Höllenqualen leiden lassen. Fiebernd hatte er sich auf seiner Schlafstatt herumgewälzt, geschrieen, gebrüllt und geflucht, bis seine Kehle rau war und ihm die Stimme versagte.

Nicht selten hatte er in den endlosen Nächten um Erlösung seiner Pein gefleht…

Doch das alles war nichts im Vergleich zu den Wunden, die Runa ihm mit einem einzigen Blick beigebracht hatte. Nichts würde jemals diese Wunden heilen können. Verglichen mit Vickes Trennungsschmerz waren die Schwerthiebe seiner Feinde bedeutungslos gewesen.

Mit hasserfülltem Blick starrte Vicke auf das von Wind und Wetter schiefe Reetdach der Fischerhütte, das den prasselnden Regen abfing, der seit einiger Zeit auf das Land niederging.

In diesem Moment hasste er Tjure und Snorre abgrundtief.

Was ihn letztendlich dazu bewogen hatte, aufzustehen, war Vicke später nicht mehr bewusst.

Spontan fasste er einen Entschluss, warf die groben Wolldecken beiseite, um sich aufzurichten und durchquerte dann das pechschwarze Dunkel der Hütte mit festen Schritten.

Draußen schlug ihm kühle Nachtluft entgegen. Der Herbst nahte mit unaufhaltsamen Schritten, und als Vicke den Kopf nach Norden wandte, schlug ihm eine heftige Böe ins Gesicht.

Immer noch peitschte Regen in dichten Strömen über das Land.

Vicke verzog angewidert die Miene und klaubte das Laub aus seinen Haaren, das ihm der klamme Nachtwind neckisch hineingeblasen hatte. Dann stapfte der junge Wikinger mit wenigen Schritten zur Südseite der heruntergekommenen Fischerhütte, von wo die eindeutigen Geräusche zu ihm drangen.

Mit jedem Span, den der Abstand zwischen ihm und seinen beiden Beschützern dahinschmolz wie Flakes Schnee und Eis im Frühling, fiel ihm das Atmen schwerer.

Gleichzeitig fühlte er eine ihm fremde Art der Erregung, die sich seiner bemächtigte. Tjures lustvolles Stöhnen und Snorres behagliches Seufzen wirkten sich heftiger auf ihn aus, als er befürchtet hatte.

Vicke spürte sein Herz schmerzhaft gegen seinen Brustkorb hämmern. Es war falsch, wollte ihm sein Gewissen einreden. So furchtbar falsch und respektlos und ungerecht!

Aber mit einer knappen Geste wischte Vicke seine Bedenken von dannen.

Nein, ihm war absolut gleichgültig, was irgendeine ihm unwillkommene Moral von seinem Verhalten denken mochte! Er sann auf Rache, und Rache fragte nicht nach Sittlichkeit.

Sein unüberlegtes Vorhaben duldete keinen weiteren Aufschub, wenn er nicht auf der Stelle zum Meuchelmörder werden wollte.

Vicke tat den letzten Schritt, löste sich aus dem Windschutz der Holzwand und stand plötzlich keine zwei Schritte mehr von den beiden schwer beschäftigten Männern entfernt im silbrigen Mondlicht, das hier und da vereinzelnd durch die dichte Wolkendecke brach und die schweren Regentropfen schimmern ließ.

Snorre presste sich keuchend gegen das verwitterte Holz der Rückwand der Fischerhütte, den nackten Arsch Tjures schwieligen Händen entgegen gereckt.

Tjure stand breitbeinig hinter ihm, die Hände um Snorres Becken geschlossen. Er beugte den sehnigen Oberkörper weit über Snorres entblößten Rücken, um noch tiefer in ihn dringen zu können. Seine angespannten Muskeln ließen ihn kräftig wirken. Seinem Körper war anzusehen, dass Tjure keine körperliche Arbeit scheute, und sei sie auch noch so hart.

Snorre hielt die Augen konstant geschlossen, während Tjures Blick beinahe zärtlich über Snorres dunkelblonden Schopf die Schultern hinunterstreifte und sich schließlich irgendwo zwischen den kräftigen Arschbacken verfing.

Snorres Körper war weitaus weniger drahtig als der Tjures, aber ebenso kräftig. Auch Snorre konnte sich durchaus sehen lassen, stellte Vicke unterbewusst fest.

Die beiden Männer liebten sich so hingebungsvoll, dass sie nichts um sich herum wahrnahmen.

Schon gar nicht ihren grimmigen Beobachter, der soeben beschloss, dass er sich allmählich zeigen könnte.

Mit finsterer Miene sah Vicke den beiden Männern noch einen Augenblick lang zu, während er der seltsamen Lust in sich nachspürte, die qualvoll an ihm zehrte.

Dann jedoch gab er sich einen Ruck und trat fast geräuschlos aus dem Schatten.

„Welch friedvolle Nacht. „

Im selben Augenblick fuhren die beiden Starken Männer erschrocken auseinander.

„Vicke!“, quiekte Snorre voller Schrecken. Für einen Moment schien es, als wollte der blonde Wikinger sein Heil in der Flucht suchen, aber da hatte Vicke ihm schon den Weg versperrt.

„Hier geblieben“, knurrte er aus tiefster Kehle.

Sein finsterer Blick jagte den beiden Männern eisige Schauer über den Rücken. Vickes Finger machten sich derweil geschickt an seinem Hosenbund zu schaffen — eine unmissverständliche Vorwarnung vor dem, was Tjure und Snorre nun bevorstehen würde.

„Ihr habt es begonnen, ihr werdet es beenden. Nur werden wir den langen und harten Weg dieses Mal gemeinsam gehen. “

Und mit diesen Worten ließ Vicke seine Hosen langsam gen Boden sinken.

Unter den dunklen Ton in seiner Stimme mischte sich kehliges Lachen, als er sich des blanken Entsetzen in Tjures Augen gewahr wurde.

Es klang grausam.

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~

Nebelfelder waberten dicht über den mit Tau benetzten Untergrund, der jeden ihrer Schritte sanft abfederte.

Morgen graute, wie ein dünner Lichtstreif am östlichen Himmel erahnen ließ.

Gähnend stolperte Snorre den Wikingern voran, fiel hier und da fast über eine bodennahe Strauchwurzel und verfing sich in so manch dünnem Geäst, das traurig von einem der spärlich belaubten Bäume herabhing.

Für Snorres Geschmack war es noch viel zu früh am Morgen, um weiterzureisen. Aber ihn fragte ja niemand!

Und Tjure, unangefochtener Anführer des Dreiergespanns, kannte kein Erbarmen. Gnadenlos hatte er Snorre und Vicke aus dem Schlaf gerissen, kaum das der erste Silberstreif am Horizont zu sehen gewesen war.

Tjure hatte dem verschlafen vor sich hinjammernden Snorre das Gepäck aufgedrückt, das die Nacht über an der Feuerstelle in der Hütte getrocknet war, und dann Vicke aufgetragen, sich um die kläglichen Reste ihres Proviants zu kümmern.

Nach einem schweigsamen Frühstück, das ebenso karg ausgefallen war wie das Nachtmahl zuvor, hatte Tjure zum Aufbruch getrommelt.

Nun schritt der Handwerker verdrießlich neben Vicke einher, der den Blick stur geradeaus gerichtet hielt und nicht im Traum daran dachte, sein eisernes Schweigen zu brechen.

Seit der Begegnung hinter der Hütte in der vergangenen Nacht hatte der junge Wikinger kein Wort mehr gesagt. Er ignorierte seine beiden Gefährten und verweigerte permanent jegliche Konversation. Die letzte Nacht stand immer noch unausgesprochen zwischen ihnen.

Aber manchmal bedurfte es auch gar keiner Worte.

Ein Blick in Vickes verfinstertes Gesicht reichte aus, um Tjure dessen gesamte Gefühlswelt zu offenbaren. Wieso er getan hatte, was Tjure und Snorre ihm in ihren dunkelsten Stunden nicht zugetraut hätten.

In gewissem Maß war Tjure wütend auf seinen Schützling. Wahnsinnig wütend. Es war ja nicht so, als könnte er Vickes düstere Stimmung nicht verstehen. Oder als wollte er ihn absichtlich quälen.

Aber das rechtfertigte nichts, gar nichts!

In dem Moment, als Vicke sich so rüde an Tjure vergangen hatte, war das Vertrauen zwischen ihnen zersplittert wie gebrannter Ton, der nach einem unaufhaltsamen Sturz aus großer Höhe auf steinernem Boden aufschlug und in abertausend Einzelteile zerbarst.

Vicke würde ihm den Rest ihres Weges zu seiner persönlichen Hölle machen, das wusste Tjure. Das konnte er in Vickes Augen widerspiegeln sehen, wenn der feindselige Blick den seinen gefangen nahm und Tjure eisige Schauer über den Rücken jagte.

Er hatte Vicke noch nie so hasserfüllt erlebt. Nicht einmal damals, als Vicke gezwungen war, das Schwert wider seinen Willen gegen einen Menschen zu richten, um ihm sein Leben zu nehmen…

Wenn Tjure es sich ehrlich eingestand, dann jagte ihm der junge Wikinger an seiner Seite Angst ein.

Tief glühende, an ihm zehrende Angst.

Nicht selten hatte er sich gefragt, wie sich wohl Vickes Gegner fühlten, wenn er zum Schlag gegen sie ausholte. Doch nun bereute Tjure, jemals darüber nachgedacht zu haben. Er hätte lieber nie am eigenen Leib erfahren, wie es sich anfühlte, Vickes unauslöschlichen Zorn auf sich zu ziehen.

„Schaut mal, da vorne!“, riss ihn da Snorres freudiger Ausruf abrupt aus seinen schwarzen Gedanken.

Der herbstliche Wald lichtete sich allmählich, und von der leichten Anhöhe, die Snorre erklommen hatte, erstreckte sich ein schmales Tal bis weit hin zum Horizont. Verwundert hob Tjure dem Kopf und folgte mit dem Blick Snorres weit ausgestrecktem Arm.

Aufgeregt deutete der quirlige Blondschopf auf die winzigen Dächer, die sich östlich gegen den grauen Himmel abzeichneten.

„Sigtuna“, murmelte Tjure ehrfurchtsvoll.

Eine der einst wohl wichtigsten Handelsstädte Schwedens erstreckte sich vor ihnen.

Dort wollte Halvar nach der ungeplanten Trennung seiner Wikinger nun einen Neuanfang wagen. Und wenn das Schicksal ihnen hold war, dann würden sie schon bald wieder mit den Starken Männern vereint sein.

Ein dünner Hoffnungsschimmer machte sich in den drei Gefährten breit.

Dieser Gedanke beschwingte nicht nur Snorre, der übermütig die Arme gen Himmel riss und laut jubelte. Auch Tjures Miene wirkte plötzlich froh, ganz als würde da unten in der hübschen Stadt am Meer all die Antworten auf die nagenden Fragen liegen, die ihn seit letzter Nacht plagten.

Vicke musterte Snorre geringschätzig und streifte dann Tjure mit einem flüchtigen Blick, den Tjure ausdruckslos erwiderte.

Vicke war es, der als erster wegsah. Nein, er konnte die Freude der beiden nicht teilen. Er weigerte sich, dem bevorstehenden Wiedersehen mit solch unverhohlenem Entzücken entgegenzublicken, wie Snorre es so freimütig tat, oder wie Tjure gar insgeheim zu frohlocken, schon bald an der Seite ihrer Freunde auf dem Weg nach Dänemark zu sein.

Tief in sich vermisste Vicke die Starken Männer, allen voran seinen Vater.

Aber der Groll gegen ihn wog stärker auf: Noch immer war Vicke davon überzeugt, sein Vater hätte ihn einfach aufgegeben. Wieso sonst hatte er nicht unlängst Himmel und Höllen in Bewegung gesetzt, um seinen verlorenen Sohn zurückzubekommen?

Vicke biss sich auf die Lippen, die Stirn sturmumwölbt. Tjures besorgter Blick entging ihm dabei vollkommen, so sehr war er in dem Sturm an widersprüchlichen Gefühlen gefangen, der ungebändigt in ihm tobte.

In dem Moment fasste Tjure einen Entschluss. Festen Schrittes näherte er sich Snorre und tauschte ein paar gemurmelte Worte mit ihm. Snorre lauschte mit irritiertem Blick, stellte ein paar leise Fragen und nickte schließlich zustimmend.

Eigentlich hätte diese nahezu unterwürfige Fügsamkeit seitens Snorre ausreichen müssen, um Vicke misstrauisch zu stimmen. Doch statt stutzig auf Snorres plötzliches Verschwinden zu reagieren, ließ Vicke nur sein Bündel an Reisegepäck sinken und lehnte sich erschöpft gegen einen Baum.

Der wenige Schlaf und die vergangenen, rauen Nächte unter freiem Himmel forderten allmählich ihr Tribut… Entkräftet schloss Vicke für einen Moment die Augen, ehe Tjure auf der Weiterreise bestehen konnte.

Auf genau solch eine Gelegenheit hatte Tjure indessen nur gewartet.

Niemals die Deckung vernachlässigen, war eine der ersten harten Lektionen, die Vicke im Kampf gegen den Feind hatte erlernen müssen. Entweder sah er in Tjure keine ernsthafte Bedrohung, grübelte der Handwerker einen flüchtigen Augenblick lang, oder aber er war sich seines Triumphs zu gewiss und beging deswegen den Fehler, ihn zu unterschätzen.

Wie dem auch war, eines stand jedenfalls fest: Vicke war wehrlos, und diese Gelegenheit würde sich Tjure so schnell nicht wieder bieten. Also atmete der Wikinger einmal ganz tief durch, sammelte seine wild umherhuschenden Gedanken und stellte sich seinem Schützling dann direkt gegenüber.

„Ich habe Snorre gebeten, uns für eine Weile allein zu lassen“, sagte er, leise zwar, aber mit fester Stimme.

Desinteressiert hob Vicke den Blick, die Augenbrauen spöttisch zusammengezogen.

Fest entschlossen, sich davon nicht verunsichern zu lassen, fuhr Tjure fort: „Ich möchte mit dir reden, Vicke. Wegen der vergangenen Nacht. „

„Wir sind also allein?“, hauchte Vicke mit dunkler Stimme und stieß sich vom Baumstamm ab.

Er selbst war der einfältige Tor, der einen Fehler begangen hatte, wurde Tjure im selben Moment bewusst, als Vicke mit verwegenem Lächeln in seinem hübschen Gesicht ganz langsam seine Augen öffnete.

„Auf deine Knie, Tjure“, raunte er ihm neckisch zu. Ein gefährlicher Glanz zuckte durch seine Augen und etwas im Klang seiner Stimme ließ Tjure unwillkürlich schaudern. Er wollte zu Protesten anheben, aber da hatte Vicke ihn bereits viel zu tief in seine Falle gelockt.

Tjure tat eine unbedachte Bewegung, Vicke wich ihm geschickt aus und dann ging alles schnell.

Wie sie es auf den Boden geschafft hatten, wusste Tjure später nicht mehr.

Aber das heiße Glühen, das Vickes Lippen auf den seinen verursachten, brannte sich unauslöschlich in seinen Erinnerungen ein.

Im ersten Reflex wollte Tjure den jungen Mann rüde von sich stoßen, doch da umschlangen Vickes Hände Tjures wettergegerbtes Gesicht und legten sich fast zärtlich auf die von Wind und Wetter aufgeraute Haut, während seine Zungenspitze frivol jeglichen Widerstand überwand und ohne zu zögern in Tjures Mund eindrang.

In dem winzigen Herzschlag, als Vicke ungewollt ein heiseres Stöhnen ausstieß, brachen Tjures Dämme.

Statt auf Abwehr zu gehen, wogte brennende Leidenschaft in ihm auf, lodernd und heftig.

Der Handarbeiter erwiderte Vickes ungestümen Kuss mit plötzlicher Inbrunst.

Ruppig stieß er Vickes Zungenspitze mit der seinen zurück, um sich selbst einen Weg in Vickes Mund zu erkämpfen. Sie küssten sich so gierig, dass Tjure gar nicht spürte, wie der unebene Untergrund an seiner Kleidung zerrte und ihm eins ums andere Loch in den Stoff riss.

In einem Moment der Unachtsamkeit seitens Tjure gelang es Vicke, dem Mann unter sich die Hosen von den Beinen zu stehlen, und ehe Tjure sich des recht kühlen Windhauchs an seiner aufrecht stehenden Männlichkeit gewahr werden konnte, spürte er einen reißenden Schmerz durch seinen Arsch zucken.

Es war derselbe Schmerz, den Tjure letzte Nacht kennen gelernt hatte. Es war ein schon beinahe vertrautes Brennen, das dieses Mal jedoch fast umgehend hell glühender Lust wich.

Vicke stieß ein kehliges Stöhnen aus, als Tjures Arschmuskel sich abrupt entspannte, um ihm das Eindringen zu erleichtern. Er spürte den starken Mann unter sich erzittern, als er Spann für Spann das enge, warme Fleisch eroberte. Erst, als er seine volle Länge tief in Tjures Arsch pulsierte, verharrte Vicke regungslos.

Immer noch hielten die Hände des jungen Wikingers das Gesicht seines erfahrenen Weggefährten umschlossen. Ihr eben noch so wilder Kuss war mit jedem Stückchen, das Vicke sich tiefer in Tjure geschoben hatte, zahmer geworden.

Nun löste Vicke sich von Tjures Lippen, um ihm in die von Augen sehen zu können, wenn er den ersten Stoß in ihn parierte und damit Tjures endgültige Niederlage gegen ihn besiegelte.

Er wollte ihm in die Augen sehen, wenn Tjure seinem Wunsch nachkam und sich ihm unterwarf. Er wollte hören, wie Tjure halb wahnsinnig vor geschürter Lust um Erlösung flehte. Er wollte seine Dominanz auskosten, mit jedem Wimpernzucken, jedem Atemzug und jedem Herzschlag, der verstrich.

Und Tjure würde vermutlich nicht wollen, dass Snorre sie in dieser durchaus verfänglichen Situation erwischte… Also würde ihm gar nichts anderes übrig bleiben, als sich dem Willen Vickes zu beugen. Vicke hatte ihn in den Händen, wortwörtlich.

Um Vickes Lippen spielte ein fast diabolisches Lächeln, als Tjure genau diese Absichten plötzlich durchschaute und ihm aufgrund dessen schlagartig sämtliche Farbe aus dem Gesicht wich.

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~

Abenddämmerung legte sich wie ein buntes Tuch über die Dächer der hübschen Küstenstadt, in deren Straßen das Leben schier pulsierte.

Sigtuna war eine vielleicht nicht mehr allzu junge, aber dennoch blühende Handelsstadt und einer von drei wichtigen Knotenpunkten im Handel Schwedens mit Übersee. In den Kontoren nahe des Hafens wurden Waren gelagert, umgeschlagen und weiterverschifft. Stolze Handelsschiffe lagen vor Anker, wiegten sich sanft im landeinwärts wehenden Wind und weckten die Abenteuerlust in einem jeden, der die Holks, Karacken und Koggen nur lange genug bewunderte.

Aber auch in den Straßen rund um den Marktplatz und die hübsche Kirche, dem Mittelpunkt Sigtunas, herrschte reges Treiben.

Sigtunas Straßen und Gassen waren breit und weitläufig. Ochsenbespannte Marktkarren zogen ebenso an den drei Wikingern vorbei wie offene Kutschen, deren hölzerne Räder auf dem unebenen Untergrund klapperten.

Staunend sah Vicke sich um. Sie waren im Marktviertel gelandet, wo Händler mit lauten Stimmen ihre Waren anpriesen, zänkische Weiber um billiges Tuch, faulige Äpfel und verdorrten Kohl stritten und hier und da ein junges Mädchen in leichten Kleidern kichernd an ihm vorbeihuschte.

Der herbstliche Zauber, der in der abkühlenden Luft lag, nahm ihn auf Anhieb gefangen.

Als eins der Mädchen mit kokettem Augenaufschlag direkt auf ihn zuhielt und ihm frech einen Kuss auf die linke Wange hauchte, fühlte er sich umgehend dazu bewogen, ihr ohne Weiteres einfach zu folgen. Nur Tjures energischem Eingreifen war zu verdanken, dass Vicke wieder halbwegs zur Vernunft kam. Mit strengem Blick in Vickes Richtung schüttelte Tjure den Kopf.

„Zu schade“, lächelte das Mädchen mit den verführerisch dunkelroten Locken, die ihr wie flüssiges Feuer ungebändigt in langen Strähnen bis auf den runden Po fielen, der sich unter den dunklen Röcken abzeichnete. Sie zwinkerte ihm noch einmal zu, und ehe Vicke etwas erwidern konnte, hatte das Markttreiben sie bereits verschluckt.

Bedauernd wandte Vicke sich ab. Ja, wirklich zu schade. Das hätte eine angenehme Nacht werden können, versüßt mit dem heimlichen Zusammenfinden zweier nach Leben hungernden Körper…

Doch bevor Vicke zurück in seine Melancholie sinken konnte, lenkte Snorre mit einem schlecht unterdrückten Aufschrei schlagartig die gesamte Aufmerksamkeit seiner beiden Gefährten auf sich.

„Das… das ist nicht möglich!“, stieß Snorre mit vor Aufregung quieksender Stimme aus, die Vicke unwillkürlich an die Nacht hinter der Fischerhütte erinnerte. Aber ehe sein Zorn in ihm aufflammen konnte, hatte Tjure ihm bereits einen unsanften Stoß in den Rücken versetzt.

„Hinterher!“, trieb der Handwerker seinen Schützling grob an und machte schon Anstalten, ihn einfach hinter sich herzuschleifen wie ein störrisches Tragtier.

Vicke riss sich unwillig aus Tjures festem Griff los, woraufhin Tjure abrupt stehen blieb und sich zu ihm umdrehte.

„Ich verspüre keinen großen Drang, Snorre in den endlosen Gassen dieser Stadt suchen zu müssen, weil er uns abhanden gekommen ist. Also folge mir endlich!“

Erst da fiel Vicke auf, dass Snorre sie einfach hatte stehen lassen, um ins lebhafte Gewusel und Gewühl der Küstenstadt einzutauchen.

Ergeben eilte Vicke Tjure nach, der unlängst Snorres Verfolgung aufgenommen hatte.

Was auch immer der entdeckt haben mochte.

Doch ihm war nicht vergönnt, lange darüber nachzudenken. Denn kaum, dass er Tjure hinterher aus der Seitengasse hinaus auf eine der Straßen gestolpert war, die hinunter zum Hafen führten, prallte Vicke unerwartet in ein Hindernis. Groß, breit… und verdammt vertraut.

Aus den Augenwinkeln beobachtete Vicke, wie Tjure beinahe mühelos den aufregt umherhüpfenden Snorre einfing. Aber das schien plötzlich nebensächlich.

Schrecken und Freude ließen Vicke innerlich für einen Moment zu Eis gefrieren, als er langsam den Blick hob, um den Mann anzusehen, mit dem er da so unsanft zusammengestoßen war.

Einen Moment seiner Sprache beraubt ob der unerwarteten Begegnung, schnappte Vicke fassungslos nach Luft, krächzte dann mit brüchiger Stimme: „Bist du es wirklich? Vater…?“

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~

‚Heruntergekommen‘ traf es auf den Punkt: Ihre Unterkunft für die Nacht ließ selbst für Vickes nicht sonderlich anspruchsvollen Geschmack ein klein wenig zu wünschen übrig.

Hier und da bröckelte es von den rau gehauenen Wänden herab, die salzige Meeresluft klebte feucht im maroden Gemäuer und durch die zügigen Gänge kroch ein säuerlicher Gestank nach verdorbenem Fisch.

Es ekelte Vicke am ganzen Leib, als er hinter Tjure und Gorm die grobe Holzstiege hinaufging, darauf bedacht, ja nicht auf dem klammen Holz auszurutschen.

Hinter ihm ächzte Snorre über das schwere Bündel an Gepäck, das er zu schleppen verdammt war. Aber was hatte er sich auch umgehend mit Tjure anlegen müssen, kaum dass Halvar entschieden hatte, wo die Wikinger die Nacht verbringen würden! Das hatte er von seiner ewigen Zanklust, die nicht nur Halvar schon so manches Mal an den Rand der Verzweiflung getrieben hatte.

Selbst schuld, dachte Vicke mitleidlos und verlagerte das Gewicht seines eigenen Gepäcks auf die andere Schulterseite.

Er hatte sich Tjure, Gorm und Snorre freiwillig angeschlossen, um die Habseligkeiten der Wikinger in der engen Kammer zu verstauen, die für die Nacht über ihr Quartier sein würde. Nicht ganz ohne Hintergedanken, natürlich. Insgeheimlich lauerte Vicke nur auf eine sich bietende Gelegenheit, um seinen Gefährten für eine Weile zu entwischen und Sigtuna auf eigene Faust zu erkunden.

Tjure blieb abrupt vor einer der windschiefen Türen stehen, die im spärlichen Licht einer blakenden Fackel nur allzu leicht zu übersehen waren.

„Das scheint unser gemütliches Schlafgemach zu sein“, stellte er mit grimmiger Miene fest und stieß die knartschende Holztür mit einem gezielten Tritt auf.

Snorre schob sich erstaunlich flink für seine Last an ihm vorbei und ließ sein Bündel mit tiefem Seufzen vor einem der Strohsäcke auf den Boden sinken, die ihnen als Schlafstätte dienten.

Um Tjures Augenbrauen zuckte es bereits gefährlich; das Zeichen, dass es Snorre wieder einmal gelungen war, ihn zu reizen.

Doch ehe sich der Handwerker auf sein auserkorenes Lieblingsopfer stürzen konnte, hatte Gorm die Aufmerksamkeit bereits auf sich gelenkt.

„Ich zähle nur fünf Strohsäcke“, murmelte der sonst so verzückte Wikinger nachdenklich, den Blick auf die grob gewebten Säcke zu seinen Füßen gerichtet. „Aber wo schläft dann der Rest von uns?“

Die drei Männer maßen sich mit einem abwägenden Blick.

‚Auf dem Boden natürlich‘, dachte Vicke spitzbübisch und unterdrückte ein schadenfrohes Grinsen.

Das würde in Mord in Totschlag ausarten, und niemanden würde sich dann noch sonderlich dafür interessieren, wo eigentlich Halvars Sohn abgeblieben war… Für Vicke war die Möglichkeit günstig, sich unbemerkt davonzustehlen.

Und er sah auch keinen Grund, damit noch länger zu warten.

Vicke kehrte den Männern unbemerkt den Rücken und verließ das schäbige Gasthaus am Hafen ein paar Herzschläge später durch eine gut versteckte Hintertür, die er vorhin durch Zufall entdeckt hatte.

Unauffällig verschwand der junge Wikinger in einer der schattigen Seitengassen, in der hier und da vereinzelnd verhüllte Gestalten kauerten und ihn mit neugierigen Blicken aus lauernden Augen verfolgten. Diebe, Plünderer, Stehlende. Hinterrücks Mordende. Kehlendurchschneider. Der Abschaum des Abschaums.

Vicke schauderte unwillkürlich, als er den leisen Hauch von drohender Gefahr spürte, der in der Luft lag. Doch das würde ihn nicht von seinem Vorhaben abhalten. Ganz bestimmt nicht.

Halvar hatte verkündet, dass er diesen Abend mit seinen Starken Männern und reichlich dunklem Bier und eventuell dem einen oder anderen Krug süßem Honigwein zu feiern gedachte.

Aber das konnte warten: Vicke hatte noch eine Rechnung zu begleichen, und die duldete keinen weiteren Aufschub mehr…

…und es ward fortgesetzt!

lieben dank für’s lesen & immer her mit kommentaren/morddrohungen/kritik! an flamern/trollen hab ich allerdings nach wie vor kein interesse, aber die kommen eh unvorgegart auf den grill, so zum amusement der restlichen community.

aye, à la prochaine fois, mes amis!.

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